Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
Meereslebewesen. Dutzende von Staaten sind mit ihrer Wirtschaft stark auf ihre Rohstoffe angewiesen. Ein gutes Beispiel sind die drei Länder, in denen ich den größten Teil meiner Feldforschungen ausgeführt habe: In Indonesien sind die Holzwirtschaft und an zweiter Stelle der Bergbau die wichtigsten Stützen der Wirtschaft, auf den Salomonen sind es Holzwirtschaft und Fischerei, in Papua-Neuguinea Öl- und Gasgewinnung, Bergbau und (zunehmend) die Holzwirtschaft. Unsere Gesellschaft ist also darauf angewiesen, solche Ressourcen zu nutzen. Wir können nur wählen, wo, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln wir es tun.
    In der Regel erfordern Projekte zur Ressourcennutzung immer zunächst einmal einen hohen Kapitaleinsatz, und deshalb werden sie meist von Großkonzernen in Angriff genommen. Zwischen Umweltschützern und Großunternehmen bestehen die allgemein bekannten Konflikte, und beide betrachten sich gegenseitig in der Regel als Feinde. Umweltschützer werfen den Unternehmen vor, sie schädigten die Umwelt, seien deshalb eine Gefahr für die Menschen und stellten die eigenen finanziellen Interessen über das Wohl der Allgemeinheit. Oftmals sind solche Vorwürfe berechtigt. Umgekehrt werfen die Unternehmen den Umweltschützern vor, sie hätten keine Ahnung von den Realitäten des Wirtschaftslebens, setzten sich über den Wunsch der örtlichen Bevölkerung und der Regierungen nach Arbeitsplätzen und Entwicklung hinweg, siedelten das Wohlergehen von Vögeln höher an als das Wohlergehen der Menschen, und hätten selbst dann kein lobendes Wort für die Unternehmen übrig, wenn diese sich umweltfreundlich verhielten. Und auch solche Vorwürfe haben häufig ihre Berechtigung.
    In diesem Kapitel werde ich darlegen, dass die Interessen von Großunternehmen, Umweltschützern und Gesamtgesellschaft viel häufiger übereinstimmen, als man aufgrund der gegenseitigen Vorwürfe vermuten würde. In vielen anderen Fällen besteht jedoch tatsächlich ein Interessenkonflikt: Was einem Unternehmen zumindest auf kurze Sicht Geld bringt, ist unter Umständen für die Gesamtgesellschaft schädlich. Unter solchen Umständen wird das Verhalten der Unternehmen dann zu einem groß angelegten Beispiel dafür, wie rationales Verhalten einer Gruppe (in diesem Fall des Unternehmens) auf die im vorigen Kapitel beschriebene Weise zu katastrophalen Entscheidungen einer Gesellschaft umgemünzt wird. In diesem Kapitel möchte ich vier Beispiele aus der Rohstoffindustrie erörtern, mit denen ich aus erster Hand Erfahrungen gesammelt habe. An ihnen werde ich einige Gründe untersuchen, warum verschiedene Unternehmen ihre Interessen so einschätzen, dass sie sich für unterschiedliche Handlungsweisen entscheiden, von denen manche der Umwelt schaden und andere der Umwelt nützen. Dabei verfolge ich praktische Ziele: Ich möchte herausfinden, welche Veränderungen am wirksamsten dazu beitragen würden, dass Firmen, die derzeit der Umwelt schaden, sich umweltfreundlicher verhalten. Zu diesem Zweck werde ich mich mit den Branchen Erdöl, Erz- und Kohlebergbau, Holzgewinnung und Fischerei beschäftigen.
    Meine Erfahrungen mit der Ölindustrie Neuguineas sammelte ich auf zwei Ölfeldern, die in dem Spektrum von umweltschädlichem und umweltfreundlichem Verhalten an entgegengesetzten Enden stehen. Für mich waren diese Erlebnisse sehr aufschlussreich, denn zuvor hatte ich immer angenommen, die Ölindustrie sei in weit überwiegendem Maße umweltschädlich. Wie große Teile der Öffentlichkeit geißelte ich gerne die Ölkonzerne, und ich war zutiefst misstrauisch, wenn jemand etwas Positives über die Leistungen dieser Branche oder ihren Beitrag zur Gesellschaft berichtete. Aber aufgrund meiner eigenen Beobachtungen musste ich mir Gedanken darüber machen, welche Faktoren eine größere Zahl von Unternehmen dazu veranlassen könnten, positive Beispiele zu geben.
    Meine ersten Erfahrungen mit einem Ölfeld sammelte ich auf der Insel Salawati vor der Küste von Indonesisch-Neuguinea. Mein Besuch hatte nichts mit Öl zu tun, sondern fand im Rahmen einer Übersichtsuntersuchung statt, die den Vögeln in der Region von Neuguinea gewidmet war. Aber große Teile von Salawati waren nun einmal zur Ölförderung an den staatlichen indonesischen Energiekonzern Pertamina verpachtet. Ich kam 1986 mit Genehmigung und als Gast von Pertamina auf die Insel; der Vizepräsident des Unternehmens und der Pressesprecher stellten mir freundlicherweise ein Auto zur

Weitere Kostenlose Bücher