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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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der Unternehmen als unglaubwürdig abzutun.
    Neben der Frage nach der sozialen Betriebserlaubnis und der Glaubwürdigkeit betrifft die Sorge der Unternehmen auch das bevorstehende Verschwinden der Wälder, die ihre Geschäftsgrundlage bilden. Weltweit wurde in den letzten 8000 Jahren mehr als die Hälfte der ursprünglichen Wälder abgeholzt oder schwer geschädigt. Unser Verbrauch an Produkten aus den Wäldern nimmt immer noch zu, und dies hatte zur Folge, dass mehr als die Hälfte dieser Verluste sich erst in den letzten 50 Jahren eingestellt hat, vor allem weil Wälder zu landwirtschaftlichen Zwecken gerodet wurden und weil der Papierverbrauch sich weltweit seit 1950 verfünffacht hat. Häufig ist die Holzgewinnung nur der erste Schritt in einer Kettenreaktion. Nachdem Zufahrtsstraßen in einem bewaldeten Gebiet gebaut wurden, gehen Wilderer über diese Straßen auf die Jagd nach Tieren, und ihnen folgen die Landbesetzer, die sich dort illegal ansiedeln. Weltweit liegen nur 12 Prozent der Waldflächen in geschützten Gebieten. In dem schlimmsten denkbaren Szenario werden alle leicht zugänglichen Waldflächen der Erde außerhalb dieser geschützten Gebiete in den nächsten Jahrzehnten auf nicht nachhaltige Weise abgeholzt, im besten Fall und bei guter Bewirtschaftung könnte die Welt ihren Holzbedarf aber nachhaltig aus einem kleinen Anteil (höchstens 20 Prozent) dieser Flächen decken.
    Solche Fragen nach der langfristigen Zukunft ihrer eigenen Branche wurden für manche Vertreter aus Holzindustrie und Forstwirtschaft Anfang der neunziger Jahre zum Anlass, in Gespräche mit Umweltschutzgruppen, sozialen Organisationen und Vereinigungen indigener Völker einzutreten. Diese Diskussionen führten dazu, dass 1993 das Forest Stewardship Council (FSC) gegründet wurde, eine internationale, gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Deutschland, die von mehreren Unternehmen, Regierungen, Stiftungen und Umweltschutzorganisationen finanziert wird. Geführt wird das Council von einem gewählten Vorstand und letztlich von seinen Mitgliedern, zu denen Vertreter der Holzindustrie ebenso gehören wie Interessengruppen aus Umweltschutz und Gesellschaft. Ursprünglich hatte sich das FSC eine dreifache Aufgabe gesetzt: Es wollte eine Liste von Kriterien für umweltfreundliche Waldbewirtschaftung aufstellen, mit einem Zertifizierungsverfahren bestätigen, dass bestimmte Wälder diese Kriterien erfüllten, und schließlich mit einem weiteren Mechanismus die Produkte aus solchen zertifizierten Wäldern über die komplizierte Zwischenhändlerkette bis zum Verbraucher verfolgen, sodass diese im Laden ein Papierprodukt, einen Stuhl oder ein Regal mit dem FSC-Siegel kaufen können und dann wissen, dass diese Produkte tatsächlich aus einem nachhaltig bewirtschafteten Wald stammen.
    Um das erste Ziel zu erreichen, formulierte man zehn detaillierte Kriterien für eine umweltfreundliche, nachhaltige Waldbewirtschaftung. Dazu gehört, dass man Bäume nur in einer Menge entnimmt, die unbegrenzt beibehalten werden kann, weil neue Bäume ausreichend schnell nachwachsen und an die Stelle der gefällten Bäume treten; Wälder mit besonderem Wert für den Naturschutz, beispielsweise solche mit altem Baumbestand, werden von der Nutzung ausgenommen und sollen nicht in Plantagen aus gleichförmigen Bäumen umgewandelt werden; biologische Vielfalt, Nährstoffkreislauf, unversehrter Boden und andere Funktionen des Ökosystems Wald sollen langfristig geschützt werden; Wassereinzugsgebiete sind zu schützen, an Wasserläufen und Seen sind ausreichend breite Uferstreifen vorzusehen: die Bewirtschaftung ist langfristig zu planen; Chemikalien und Abfälle sind auf umweltfreundliche Weise zu entsorgen; die Gesetze des jeweiligen Staates sind zu befolgen; und die Rechte der einheimischen Gemeinden sowie der Waldarbeiter sind anzuerkennen.
    Die nächste Aufgabe bestand in der Entwicklung eines Mechanismus, mit dem sich feststellen lässt, ob ein bestimmter Wald nach diesen Kriterien bewirtschaftet wird. Das FSC vergibt nicht selbst Zertifikate für Wälder, sondern es beauftragt damit eigenständige Organisationen, die sich tatsächlich in diesen Wald begeben und ihn bis zu zwei Wochen lang besichtigen. Rund um die Welt gibt es mittlerweile ein Dutzend derartige Organisationen, die alle anerkannt sind und international arbeiten können; in den Vereinigten Staaten werden die meisten Inspektionen von SmartWood (Zentrale in Vermont) und Scientific

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