Kollaps
glaubte, er könne schon auf sich aufpassen. Dann drohten sie, seine Frau und seine Kinder umzubringen, die, das wusste er genau, nicht auf sich aufpassen konnten; auch er konnte sie nicht schützen, wenn er bei der Arbeit war. Um ihr Leben zu retten, brachte er sie nach Übersee in ein anderes Land, und er selbst wurde gegenüber möglichen Mordanschlägen sehr wachsam. Das war der Grund für seine Nervosität und das Verschwinden seiner fröhlichen, selbstbewussten Ausstrahlung.
Angesichts solcher Holzkonzerne müssen wir uns genau wie im Zusammenhang mit den zuvor erörterten Bergbauunternehmen fragen, warum sie ein ethisch derart verwerfliches Verhalten an den Tag legen. Die Antwort lautet auch hier: Dieses Verhalten bringt ihnen Gewinn, und zwar aus den gleichen drei Gründen, die auch das Motiv der Bergbauunternehmen darstellen. Es hat wirtschaftliche Vorteile, es entspricht der Unternehmenskultur, und es wird durch die Einstellungen von Gesellschaft und Regierung begünstigt. Bretter aus tropischem Ebenholz sind so wertvoll, und die Nachfrage ist so hoch, dass die schnelle Ausbeutung gepachteter tropischer Waldflächen ungeheure Gewinne bringt. Häufig kann man sich die Zustimmung der örtlichen Bevölkerung sichern, denn diese Menschen sind in verzweifelter Geldnot und haben nie gesehen, welche katastrophalen Auswirkungen die Rodung tropischer Regenwälder für die Grundbesitzer in der Gegend hat. (Wenn Organisationen, die sich gegen die Abholzung tropischer Regenwälder stellen, Grundbesitzer zur Verweigerung der Genehmigung veranlassen wollen, besteht einer der kostengünstigsten Wege darin, dass man diese Menschen in bereits abgeholzte Gebiete bringt und sie mit Grundbesitzern sprechen lässt, die ihre Entscheidung bereuen.) Die Beamten in den Forstministerien sind häufig bestechlich, haben weder die internationale Erfahrung noch die finanziellen Mittel der Holzkonzerne und sind sich unter Umständen nicht im Klaren, welch hohen Wert das fertige Holz besitzt. Unter solchen Umständen wird der Raubbau weiterhin ein gutes Geschäft sein, bis die Unternehmen keine Länder mit ungenutzten Wäldern mehr finden, und bis sowohl Regierungen als auch örtliche Grundbesitzer bereit sind, Genehmigungen zu verweigern und sich der illegalen, mit Gewalt durchgesetzten Holzgewinnung mit noch mehr Gewalt entgegenzustellen.
In anderen Ländern, insbesondere in Westeuropa und den Vereinigten Staaten, ist der Raubbau an den Wäldern zunehmend unprofitabel geworden. Anders als in großen Teilen der Tropen sind die unberührten Wälder in Westeuropa und Amerika bereits vollständig abgeholzt oder in steilem Niedergang begriffen. Die großen Holzkonzerne sind hier auf Flächen tätig, die ihnen selbst gehören oder die sie nicht kurzfristig, sondern mit langfristigen Verträgen gepachtet haben, sodass für sie unter gewissen Umständen ein wirtschaftlicher Anreiz besteht, nachhaltig zu arbeiten. Viele Verbraucher haben ein ausreichend großes Umweltbewusstsein und fragen nach, ob die Holzprodukte, die sie kaufen, auf zerstörerische, nicht nachhaltige Weise gewonnen wurden. In manchen Fällen bestehen ernsthafte, strenge staatliche Vorschriften, und Beamten lassen sich nicht ohne weiteres bestechen.
Dies hatte zur Folge, dass manche Holzkonzerne, die in Westeuropa und den Vereinigten Staaten tätig sind, sich nicht nur wegen ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Produzenten aus der Dritten Welt mit ihren niedrigeren Kosten Gedanken machen, sondern auch wegen der Frage, ob sie selbst überleben können, oder - um einen Begriff aus der Bergbau- und Ölbranche zu verwenden - wegen ihrer »gesellschaftlichen Betriebserlaubnis«. Manche Holzkonzerne haben umweltfreundliche Methoden eingeführt und sind bestrebt, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, aber dabei mussten sie feststellen, dass ihre im eigenen Interesse abgegebenen Behauptungen beim allgemeinen Publikum nicht glaubwürdig erschienen. Dem Verbraucher werden beispielsweise viele Holz- und Papierprodukte mit einer Plakette angeboten, die umweltfreundliche Aussagen wie »zwei angepflanzte Bäume für jeden, der gefällt wurde« tragen. In einer Übersichtsuntersuchung an 80 solchen Aussagen stellte sich jedoch heraus, dass 77 davon keinerlei reale Begründung hatten, drei ließen sich nur teilweise begründen, und alle wurden auf entsprechende Kritik hin zurückgezogen. Deshalb ist es nur verständlich, dass die Öffentlichkeit gelernt hat, solche Behauptungen
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