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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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zunichte zu machen.
    Ich habe diese 12 Problemkomplexe getrennt beschrieben, in Wirklichkeit hängen sie aber zusammen: Ein Problem verschärft das andere oder macht eine Lösung schwieriger. Das Bevölkerungswachstum beispielsweise wirkt sich auf alle elf übrigen Probleme aus: Mehr Menschen bedeuten mehr Waldzerstörung, mehr Umweltgifte, mehr Nachfrage nach wilden Fischen, und so weiter. Die Energiefrage hängt mit anderen Problemen zusammen, weil die Nutzung fossiler Energieträger stark zur Produktion von Treibhausgasen beiträgt, die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit mit synthetischen Düngemitteln erfordert Energie zu deren Herstellung, die Knappheit an fossilen Brennstoffen führte zu einer verstärkten Nutzung der Kernenergie, die bei einem Unfall das größte denkbare »Giftmüllproblem« verursacht, und wegen der knappen fossilen Brennstoffe wird es auch teurer, den Süßwassermangel durch die Entsalzung von Meerwasser zu vermindern. Die Dezimierung der Fischbestände und anderer wilder Nahrungsquellen verstärkt den Druck, sie durch Viehhaltung, Pflanzenanbau und Aquakultur zu ersetzen, was zu weiterem Verlust an Mutterboden und zur Eutrophierung durch Landwirtschaft und Aquakultur führt. Waldzerstörung, Wasserknappheit und Bodenerosion begünstigen Kriege in der Dritten Welt, was in den Industrieländern zu einem Strom von Flüchtlingen und illegalen Einwanderern führt.
    Die Gesellschaft unserer Welt befindet sich derzeit nicht auf einem nachhaltigen Weg, und jedes der zwölf Probleme, die wir gerade zusammenfassend erörtert haben, könnte unsere Lebensweise schon in den nächsten Jahrzehnten einschränken. Sie sind Zeitbomben, deren Zünder auf weniger als 50 Jahre eingestellt sind. Die Zerstörung der zugänglichen, in Niederungen gelegenen tropischen Regenwälder ist auf der malaysischen Halbinsel außerhalb der Nationalparks praktisch abgeschlossen, und wenn es so weitergeht, wird sie in noch nicht einmal 10 Jahren auch auf den Salomonen, den Philippinen, Sumatra und Sulawesi abgeschlossen sein; innerhalb der nächsten 25 Jahre gilt das Gleiche für die ganze Welt, vielleicht mit Ausnahme mancher Teile des Amazonas- und Kongobeckens. Wenn es so weitergeht wie bisher, werden wir innerhalb weniger Jahrzehnte die meisten noch verbliebenen Fischbestände in den Meeren zerstört haben, ebenso werden die umweltfreundlichen, billigen oder leicht zugänglichen Öl- und Erdgasreserven erschöpft sein, und wir werden die Obergrenze der Photosynthesekapazität erreichen. Die globale Erwärmung wird den Vorausberechnungen zufolge ein Ausmaß von einem Grad oder mehr erreichen, und ein beträchtlicher Anteil der wilden Tier- und Pflanzenarten wird innerhalb eines halben Jahrhunderts gefährdet oder unwiederbringlich verloren sein. Häufig hört man die Frage: »Welches ist heute im Zusammenhang mit Umwelt und Bevölkerung das wichtigste Einzelproblem?« Darauf kann man ganz frech erwidern: »Das größte Einzelproblem ist unsere falsche Fixierung auf die Frage, welches das größte Einzelproblem ist!« Im Wesentlichen stimmt diese vorlaute Antwort, denn jedes einzelne der zwölf Probleme wird zu großen Schäden führen, wenn wir es nicht lösen, und alle zwölf hängen miteinander zusammen. Würden wir elf der Probleme in den Griff bekommen, das zwölfte aber nicht, hätten wir immer noch Schwierigkeiten, ganz gleich, welches Problem im Einzelnen ungelöst bleibt. Wir müssen alle lösen.
    Da wir auf dem nicht nachhaltigen Weg schnell vorankommen, werden die ökologischen Probleme der Erde in jedem Fall auf die eine oder andere Weise gelöst werden, und zwar zu Lebzeiten der heutigen Kinder und jungen Erwachsenen. Die Frage ist nur, ob es eine angenehme, von uns selbst gewählte Lösung sein wird, oder ob sie unangenehm sein wird und nicht unserer Entscheidung entspringt, ob es also beispielsweise zu Kriegen, Völkermord, Hungersnöten, Krankheitsepidemien und dem Zusammenbruch von Gesellschaften kommt. Alle diese grausigen Phänomene haben die Menschheit während ihrer gesamten Geschichte immer wieder heimgesucht, ihre Häufigkeit wächst aber mit Umweltzerstörung, Bevölkerungsdruck und der daraus entspringenden Armut und politischen Instabilität.
    Beispiele für solche unangenehmen Lösungen von Umwelt- und Bevölkerungsproblemen finden wir sowohl in der heutigen Welt als auch in der Geschichte. Das Spektrum reicht vom Völkermord in Ruanda, Burundi und dem früheren Jugoslawien bis zu Bürger- oder

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