Kolumbus kam als Letzter
Begründung für die Existenz dieser gewaltigen Eisko-
losse muss die Tatsache herhalten, dass die Festlandsmassen rund
um den Nordatlantik – angeblich durch die gewichtsmäßige Ent-
lastung nach dem Abschmelzen der Eisberge – langsam und stetig
wieder bis zum heutigen Tag anstiegen. Die Beobachtung ist rich-
tig, aber die Begründung ist falsch.
Otto Muck stellt richtig fest: »Die Kleinschollen sind infolge der
Magmapegelsenkung isostatisch mit abgesunken, ertrunken« (Muck, 1978, S. 164). Und Professor Johannes Walther gibt zu Bedenken,
»dass große Bewegungen der Erdrinde und damit tief greifende
Veränderungen in der Verteilung von Wasser und Land, der Mee-
resströmungen und der barometrischen Zugstraßen durch ihr zu-
fälliges Zusammentreffen mit einer Polverschiebung die gesteigerte
Anhäufung von Schnee in den Küstenländern des nördlichen At-
lantiks bedingt haben. Gegenwärtig ist, wie wir durch Nansens
kühne Fahrt (Polarexpedition 1893 bis 1896 mit seinem Schiff
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Abb. 62: Grüne
Brücke. Die
Grönlandbrücke war
die kürzeste
Verbindung
zwischen Europa,
Grönland und
Kanada, die bei
tieferem Meeres-
spiegel bis zum Ende
der Bronzezeit nur
durch schmale
Rinnen unterbrochen
war. Wie
Untersuchungen
durch Fridjof
Nansen zeigen, sank
das Becken nördlich
des Atlantiks mit
Island als Mittel-
punkt isostatisch
durch eine Magma-
pegelsenkung ab.
Island, der Brü-
ckenpfeiler der
grünen Grönland-
brücke, war früher wesentlich größer, wie auch die Zeno-Karte aus dem 14.
Jh. zeigt. Steinzeitliche Funde auf Spitzbergen und an der Nordküste Sibiriens zeigen, dass die arktischen Gebiete früher besiedelt waren, ebenso wie auch große Teile der Barentssee. Die obere Karte zeigt die heutigen Meeres-tiefen. Die untere zeigt die heutige Landverteilung bei einem um 1500 Meter abgesenkten Meeresspiegel bzw. eine »in jüngster Zeit« um diese Höhe abgesenkte Grönlandbrücke im Nordatlantik.
Fram )wissen, der größte Teil des Nordpolargebietes Tiefseeboden, und doch lehren uns zahlreiche Schalen von Yoldia artica (eine Mu-schelart) … und zahlreiche Gehörsteine von Flachseefischen, die
man in einer Tiefe von 1000 bis 2500 Metern zwischen Jan Mayen
und Island fand, dass dieser Teil des Nordpolarmeeres in jüngster
Zeit um 2000 Meter gesenkt worden ist (vgl. Abb. 62, HJZ). Wenn
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sich hier so tief greifende Veränderungen in der Lithosphäre voll-
zogen haben, dann liegt der Gedanke nahe, dass Hand in Hand
damit eine wesentlich andere Verteilung der Massen eintreten
musste, welche auf die Lage des Drehungspoles nicht ohne Einfluss
bleiben konnte« (Walther, 1908, S. 516).
Vor dieser großen Veränderung hatte Island etwa ein viermal so
großes obermeerisches Areal wie heute und war damit auch ein
großer trockener Baustein der grünen Grönlandbrücke. Wie in Nor-
wegen gibt es auch in Island charakteristische Fjorde als schmale
Rinnen, die ertrunkene Täler darstellen. Deshalb erscheint Island
auf manchen antiken Landkarten als wesentlich größere Insel. An-
dere auf alten Karten eingezeichnete Inseln liegen heute unter Was-
ser oder werden erst neu entdeckt, wie jüngst Inseln 70 Kilometer
vor Grönland, die bisher für Eisberge gehalten wurden (BdW, 17.6.
1998).
Das isostatische Absinken des Atlantikbereichs um Island führte
auch zu einer partiellen Verschiebung der Erdkruste (Lithosphäre),
nicht nur im Bereich Grönlands und des Nordatlantiks. Diese ging
naturgemäß schnell und nicht unendlich langsam vonstatten. Da-
durch wurden alte Landbrücken aufgerissen, vernichtend wirkende
Tsunamis erzeugt und neue Wasserstraßen überhaupt erst gebildet.
Die Topographie der Landmassen der angrenzenden Gebiete än-
derte sich durch das Absinken der Erdkruste fast schlagartig und es
bildeten sich neue Ufer tiefer im bisherigen Inland. Alte Siedlungen wurden überflutet und uns kaum bekannte Kulturgeschichte versank in den Fluten.
Steht mit diesem Ereignis der Einschlag eines zwei Kilometer
großen Meteoriten in der Barentssee vor der norwegischen Küste in
Zusammenhang? Wie die Wissenschaftszeitschrift »Gemini« ver-
öffentlichte, fanden Geologen von IKU Petroleum Research dort einen gigantischen Krater mit einem Durchmesser von 40 Kilometern. Die Wissenschaftler glauben, dass während des Einschlags
kurzzeitig Höchsttemperaturen von bis zu 10 000 Grad Celsius
auftraten – ideale Voraussetzungen für den Beginn einer
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