Kolumbus kam als Letzter
Wikingern in Grönland.
Die irischen Klöster nehmen in der Geschichte des frühen Chris-
tentums eine exponierte Rolle ein. Irland und Schottland waren nie
Teil des Römischen Reiches und wurden erst relativ spät von der
Papstkirche missioniert – nachdem sich dort bereits ein anderes, ei-
genständiges Christentum entwickelt hatte.
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Die in Irland vor dem Beginn des römisch-päpstlichen Herr-
schaftsanspruchs entstandene iro-schottische (keltische) Kirche be-
saß keine monarchische Hierarchie. Übergeordnete Amtskirchen
gab es nicht, denn sie hätten der Gesellschaftsstruktur der Kelten
widersprochen. Die kirchlichen Zentren bildeten dezentral operie-
rende Klöster (Mönchskirche) im Unterschied zu der zentralistisch
organisierten Papstkirche. Im Gegensatz zur allgemeinen Auffas-
sung war die Mönchskirche nie ein Ableger der Papstkirche. Des-
halb gab es einen in Vergessenheit geratenen Konkurrenzkampf des
Glaubens. Ohne diesen Glaubenskrieg hätten wir heute ein anderes politisches System und eine andere, keltisch strukturierte Kultur
und Glaubensauffassung.
Viele Forscher setzen die keltischen Ursprünge mit dem Auftau-
chen der La-Tène-Kultur in Teilen Deutschlands, Ostfrankreichs
und einigen angrenzenden Gebieten an. Man ging und geht teil-
weise noch davon aus, dass sich die keltischen Sprachen von die-
sen Regionen aus mit den Völkerwanderungen ausgebreitet hät-
ten. Simon James stellt jedoch fest: »Es ist fast sicher, dass es
schon viel früher keltische Sprachen gab« (James, 1998, S. 21).
Und begründet diese Ansicht: »Zum einen weisen die archäologi-
schen Funde etwa in Großbritannien und Irland auf eine ausge-
prägte Kontinuität zu den einheimischen Traditionen der Bronze-
zeit hin; umfangreiche Keltenwanderungen sind hier nicht belegt.
Zum anderen waren … keltisch sprechende Menschen wohl schon
im 6. Jh. v. Chr. über weite Teile verbreitet. So legen Steininschriften die Vermutung nahe, dass die (am Alpenrand in Italien zwi-
schen dem 9. und 5. Jh. v.Chr. herrschende) ›Golasecca-Kultur‹
keltischsprachig war.« Die Kelten bestanden aus verschiedenen
Stämmen, die sich aber alle untereinander weltweit verständigen
konnten, obwohl sich die Sprache regional unterschiedlich ent-
wickelt hatte. Diese Ansicht wird allerdings nicht allgemein ge-
teilt.
Die Kelten kannten keine Staaten mit fixierten Staatsgrenzen, son-
dern waren als Stamm- und Sippenverbände organisiert. Ist in der
Bildung von monströsen Staatsgebilden – wie wir sie heute ken-
nen – überhaupt ein Fortschritt oder sogar ein Vorteil gegenüber
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dezentral regierten Kulturen zu sehen? Sicherlich nicht, solange es
Regeln gibt und das Land die Bevölkerung ernährt.
Die monumentale Keltenschau »The Celts – the Origins of Eu-
rope« (Die Kelten – der Ursprung Europas) behauptete, »dass das
heutige Europa in Ergänzung zu seiner römischen und christlichen
Vergangenheit in seinem keltischen Erbe wurzelt«. Es stellt sich die Frage, ob die angebliche Ergänzung nicht eher den Ursprung an
sich darstellt und die römisch-christliche Vergangenheit nicht ein
modifiziertes Plagiat, quasi eine neu, relativ spät propagierte gesellschafts- und herrschaftspolitische Mode war.
Die keltischen Clankönige regierten das Land dezentral und waren
nur ihrem eigenen Gesetz unterworfen, ähnlich wie es in Kinofil-
men (»Brave Heart«) dargestellt wird. Nach mehreren Aufständen,
die 1746 im berühmten Aufruhr unter Bonnie Prince Charlie kul-
minierten, wurde die keltische Clanherrschaft in Schottland erst
endgültig zerschlagen. Neben blutigen Repressalien wirkte etwas
anderes noch zerstörerischer: das Verbot der traditionellen Lebens-
weise – darunter nicht zuletzt Privatfehden und Raubzüge. Die
Highlander, nur ihrem eigenen Gesetz unterworfen, unterschieden
sich von den Lowlandern durch ihre keltische (gälische) Sprache
und ihrer freiheitlichen Lebensweise.
Wales verlor die Unabhängigkeit mit der Niederschlagung eines
Aufstandes im Jahre 1410, der von Owen Glendower angeführt
wurde. Ein Großteil der keltischen Kultur ging mit der Abschaffung
des walisischen Rechts im 16. Jh. unter.
Religion und Glaubenskrieg
In Irland, der wichtigsten keltischen Bastion, kam eine Wende im
16. Jh., als Heinrich IV. und Elisabeth I. die königliche Autorität
durchsetzen konnten. Ab diesem Zeitpunkt besaßen die irischen
Häuptlinge ihr Land nicht aus eigenem Recht,
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