Kolumbus kam als Letzter
Sip-
pengemeinschaft beruht auf dem Naturrecht, und der Uranfang des
Rechts ist die Familienordnung als gewachsenes Gewohnheitsrecht.
Die Alten-Mutter repräsentierte die (göttliche) Allmutter in der
Gemeinschaft (Sippe) als Ergebnis des kultischen Matriarchats der
Mütter, Seherinnen und Rechtswahrerinnen.
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Ohne hier weiter die einzelnen Facetten und differenzierte Prak-
tizierung des Mütterglaubens diskutieren zu wollen, kristallisiert
sich aber heraus, warum eine Sonderausprägung des Christentums
nicht nur bei den Kelten Einzug halten konnte und zwar ohne ge-
waltsame Auseinandersetzungen. Meiner Ansicht nach unterschied sich aus den dargelegten Gründen dieser neue urchristliche Glaube äußerlich kaum von der überlieferten (heidnischen) Volksreligion,
denn »Gott« wurde nicht personifiziert und die Allmutter – ur-
sprünglicher Name in Alteuropa: Ana – lebte in Anna, der Mutter
der Gottesgebärerin Maria oder auch in Maria selbst weiter.
Eine Sonderausprägung des Christentums ist als Ananismus be-
kannt: Gott ist keine Trinität, sondern eine Einheit, und wird selber als ungeschaffen und ohne Ursprung angesehen. Im ersten Jahrtausend nach der Zeitrechnung war der Ananismus die vorherr-
schende Glaubensrichtung in Europa. Dieses spezielle Christentum
wurde angeblich auf dem umstrittenen Konzil von Nicaea (es sind keine Dokumente vorhanden) im Jahr 325 (umstrittene Datierung)
als arianische Ketzerei verboten. »Im 5. Jh. (war) eine lebhafte
kleingotische arianische (nur friedliche!) Mission im Gange. Fast
alle germanischen Stämme, die auf ihrer Wanderung durch Südost-
europa gekommen waren, wurden im Laufe des 5. Jhs. für den
Arianismus gewonnen« (Reifenstein, 1952, S. 19). Die Iren haben
nach der Untersuchung von Ingo Reifenstein (1958, S. 22) »an der
Prägung der süddeutschen althochdeutschen Kirchensprache mit-
gewirkt« und »den arianisch-gotischen Wortschatz aufgegriffen«.
Bei einer ganzen Reihe von althochdeutschen Wörtern aus dem Be-
reich des Christentums (Weihnachten, Pfingsten) wird eine gotische
Herkunft vermutet. Das gilt zum Beispiel für althochdeutsch anst (Gnade), das in sehr alten bairisch beeinflussten Quellen benutzt
wird, und genau dem gotischen ansts entspricht (Eggers, 1963, S.
154f.).
Es gab noch andere nichtkatholische Glaubensströmungen, die
christlich waren, wie die Lehre des Nestorius (um 381-451), Pa-
triarch von Konstantinopel. Seine Hauptthese war die strenge
Zwei-Naturen-Lehre: der göttliche Logos und die Menschennatur
Jesu seien eng verbunden, aber unvermischt, und Maria hat nicht
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Gott geboren, sondern den mit Gott vereinten Christus. Die Lehre wurde 431 auf dem Konzil von Ephesos zusammen mit Nestorius
verurteilt. Die Nestonaner wanderten daraufhin in das Sassaniden-
reich (persische Dynastie, regierte 224-651) aus. Interessant ist die Ausbreitung nach Indien (Thomaschristen) und Zentralasien (Blüte
im 13./14. Jh.). Durch den Einfall der Mongolen unter Großkhan
Timur wurde die nestorianische Kirche 1380 zerschlagen. Ein Teil
gelangte erst 1553 mit Rom zum Ausgleich (Chaldäische Kirche);
andere (assyrische Kirche) traten zur russisch-orthodoxen Kirche
über. Interessant ist, dass zwischen dem angeblichen Zeitpunkt des
Verbots und der Blüte dieses Glaubens in Zentralasien ungefähr
eintausend Jahre liegen – eine durch Geschichtsfälschung willkür-
lich gedehnte Zeitspanne als Zeitblase?
Geschichtsfälschung
Vor allem im Hochmittelalter und in der Renaissance wurde eine
systematische Geschichtsfälschung betrieben, die Wilhelm Kamm-
eier (1935) in seinem Buch »Die Fälschung der deutschen Ge-
schichte« als Große Aktion brandmarkte. Diese Aktion wurde bereits 1693 von Jean Hardouin und Anfang des 19. Jhs. von Robert
Baldauf (1902/1903) aufgedeckt. Nach deren Meinung wurde die
Geschichte Europas von der katholischen Kirche (Papsttum) und
den Humanisten im Mittelalter frei erfunden, soweit sie auf an-
geblich antiken Schriftquellen fußen. Entsprechend sind oft zitierte Quellen wie Caesars »Gallischer Krieg« und die »Germania« des
Tacitus anscheinend mittelalterliche – zumindest partielle – Fäl-
schungen, die sich dann auch auf die Vorgeschichte auswirken.
Das angeblich um +100 erschienene Werk »Germania« des Tacitus
ist gefälscht, beziehungsweise wurde im Auftrag des Papstsekretärs
Poggio Bracciolini (1380-1459) erst nach dem Konstanzer Konzil
(1414-18) fertig gestellt.
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