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Kolyma

Kolyma

Titel: Kolyma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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kürzlich als Teil der Rehabilitation religiöser Einrichtungen wiedereröffnet worden war. Sie selbst war sechs Jahre älter als er, verheiratet, also unerreichbar und eine qualvolle Vorstellung für einen jungen Mann, der vermutlich über wenig, wenn überhaupt irgendeine sexuelle Erfahrung verfügte. Maxim war introvertiert und scheu und hatte sich außerhalb der Kirche nie mit jemandem abgegeben. Er hatte nur wenige Freunde und Verwandte, und von denen lebte niemand in der Stadt. So war es nicht verwunderlich, dass er sich in sie vernarrt hatte. Sie hatte seine schmachtenden Blicke geduldet und sich sogar ein wenig geschmeichelt gefühlt. Hoffnungen gemacht allerdings hatte sie ihm ganz und gar nicht. Er jedoch hatte ihr Schweigen als Erlaubnis missverstanden, ihr weiter den Hof machen zu dürfen. Deshalb nahm er jetzt auch ihre Hand und sagte:
    »Verlass ihn. Komm mit mir.«
    Sie war überzeugt gewesen, dass er niemals den Mut aufbringen würde, seine so dumme, kindische Schwärmerei tatsächlich in die Tat umzusetzen. Da hatte sie sich getäuscht.
    Bemerkenswert war, dass er sich, um die Grenze von einer privaten Träumerei zu einem offenen Antrag zu überschreiten, ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hatte. Sie standen in der Kirche ihres Mannes, in den im Schatten liegenden Nischen richteten die Fresken von Jüngern, Dämonen, Propheten und Engeln über ihr verbotenes Tun. Maxim setzte seine gesamte Ausbildung aufs Spiel, Schande und der Ausschluss aus der religiösen Gemeinde ohne Hoffnung auf Vergebung würden ihm sicher sein. Sein ernstes, aus tiefstem Herzen kommendes Werben beruhte auf einer derartig absurden Fehleinschätzung, dass ihre Reaktion unwillkürlich die schlimmste nur denkbare war: ein kurzes, perplexes Auflachen.
    Bevor er noch reagieren konnte, schlug die schwere Eichentür zu. Aufgeschreckt wandte Anisja sich um und sah ihren Mann. Erregt preschte Lasar auf sie zu, und sie konnte nur vermuten, dass er die Szene als Beweis ihrer Untreue missdeutet hatte.
    Anisja riss sich so abrupt von Maxim los, dass ihre vermeintliche Schuld dadurch nur noch betont wurde. Aber als Lasar näher kam, erkannte sie, dass der Mann, mit dem sie seit zehn Jahren verheiratet war, etwas anderes auf dem Herzen hatte. Er warf einen hastigen Blick zurück zur Tür. So atemlos, als sei er gerannt, ergriff er ihre Hände - dieselben Hände, die noch vor Sekunden Maxim gehalten hatte.
    »Ich bin aus der Menge herausgefischt worden. Ein Agent hat mich verhört.« Er sprach hastig, die Worte überschlugen sich und waren so dringlich, dass sie Maxims Antrag einfach beiseitefegten.
    »Ist man dir gefolgt?«, fragte sie.
    Er nickte. »Ich habe mich in Natascha Njurinas Wohnung versteckt.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Er hat draußen gewartet. Ich musste durch die Hintertür verschwinden.«
    »Werden sie Natascha jetzt verhaften und verhören?«
    Lasar hielt sich die Hände vors Gesicht. »Ich habe Panik gekriegt. Ich wusste nicht, wohin. Ich hätte nicht zu ihr gehen sollen.«
    Anisja packte ihn bei den Schultern. »Wenn sie erst Natascha verhaften müssen, um uns zu finden, dann haben wir noch etwas Zeit.«
    Lasar schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm meinen Namen genannt.«
    Sie verstand. Er würde nicht lügen. Er würde seine Prinzipien nicht verraten, weder für sie noch für irgendjemand anders. Die Prinzipien waren wichtiger als ihr Leben. Er hätte nicht zu der Sprengung gehen sollen. Sie hatte ihn vor dem unnötigen Risiko gewarnt. Mit Sicherheit würde man die Menge überwachen, und er war ein auffälliger Zuschauer. Wie üblich hatte er sie ignoriert. Immer tat er so, als bedenke er ihren Rat, aber nie befolgte er ihn. Hatte sie ihn nicht angefleht, die Kirchenoberen nicht vor den Kopf zu stoßen? Waren sie beide in einer so starken Position, dass sie es sich leisten konnten, sich sowohl den Staat als auch die Kirche zu Feinden zu machen? Aber Bündnispolitik interessierte ihren Mann nicht, er wollte einfach seine Meinung sagen, selbst wenn er sich dadurch isolierte. Offen hatte er das neue Verhältnis der Bischöfe zu den Machthabern kritisiert. Störrisch und eigensinnig hatte er von ihr verlangt, seine Haltung zu unterstützen, ohne ihr auch nur einen Kommentar zuzugestehen. Sie bewunderte ihn, bewunderte seine Integrität. Er hingegen bewunderte sie nicht. Sie war viel jünger als er und erst zwanzig Jahre alt gewesen, als sie geheiratet hatten. Er war damals schon fünfunddreißig.
    Manchmal fragte Anisja

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