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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Selbstsicherheit nicht auf ihr herum.
    »Ich werde noch vor dir bei dir zu Hause sein«, sagte Aurora. »Versprochen.«
    Harry saß auf der bescheidenen Tribüne, den Kopf auf die Hände gestützt und sah auf das Spielfeld.
    Es lag Regen in der Luft, jede Sekunde konnte es losgehen, und in Valle Hovin gab es kein Dach.
    Er hatte das kleine, hässliche Stadion ganz für sich allein. Hier wurden nur noch wenige Konzerte abgehalten, und die Eislaufsaison, in der das Stadion geflutet wurde und jeder kommen konnte, der Lust hatte, war noch weit entfernt. Er hatte oft hier gesessen und Oleg bei seinen ersten Schritten zugesehen, bevor aus ihm ein richtig guter Eisschnellläufer geworden war. Jedenfalls für seine Altersklasse. Er hoffte sehr darauf, Oleg bald wieder hier zu sehen und seine Rundenzeiten zu nehmen, ohne dass er es mitbekam. Fortschritt und Stagnation zu dokumentieren, ihn anzuspornen, wenn er nicht weiterkam, ihn anzulügen, dass die Bedingungen ungünstig gewesen waren oder die Kufen stumpf, und nüchtern zu bleiben, wenn es gut lief. Er wollte nicht, dass die Jubelrufe in seinem Inneren zu laut zu hören waren. Er sah sich eher als eine Art Kompressor, der Oleg half, die Täler und Höhen ein bisschen auszugleichen. Oleg brauchte das, sonst ließ er sich von seinen eigenen Gefühlen zu sehr mitreißen. Harry wusste nicht sehr viel über Schlittschuhe, über das andere dafür umso mehr. Affektkontrolle, nannte Ståle das. Die Fähigkeit, sich selbst zu trösten. Eine der wichtigsten Eigenschaften in der Entwicklung eines Kindes, die aber nicht bei allen im gleichen Maße ausgeprägt war. Ståle meinte zum Beispiel, dass Harry mehr Affektkontrolle gebrauchen könnte. Dass ihm die Fähigkeit des Durchschnittsmenschen fehlte, vor dem, was böse war, zu fliehen oder zu vergessen und sich auf etwas Angenehmeres, Leichteres zu konzentrieren. Er hatte das mit Alkohol kompensiert. Olegs Vater war auch Alkoholiker, hatte sein Leben und sein Familienvermögen irgendwo in Moskau versoffen, wie Rakel ihm erzählt hatte. Vielleicht empfand Harry eine besonders starke Verantwortung für den Jungen, weil ihnen beiden die Affektkontrolle fehlte.
    Harry hörte Schritte auf dem Beton. Jemand kam von der anderen Seite des Spielfeldes durch die Dunkelheit zu ihm herüber. Harry zog fest an seiner Zigarette, damit die Glut signalisierte, wo er saß.
    Der andere schwang sich über den Zaun und kam mit leichten, schwungvollen Schritten die Betonstufen der Tribüne hoch.
    »Harry Hole«, sagte der Mann und blieb zwei Stufen unter ihm stehen.
    »Mikael Bellman«, sagte Harry. Die pigmentfreien rosa Flecken auf Bellmans Gesicht leuchteten.
    »Zwei Dinge vorab, Harry. Was Sie mir sagen wollen, sollte wirklich wichtig sein, da meine Frau und ich uns einen netten Abend machen wollten.«
    »Und das andere?«
    »Sie sollten Ihre Zigarette ausmachen. Rauchen gefährdet die Gesundheit.«
    »Danke für die Fürsorge.«
    »Ich dachte an mich, nicht an Sie. Kommen Sie schon, machen Sie sie aus.«
    Harry strich die Glut der Zigarette auf dem Beton ab und steckte sie zurück in die Packung, während Bellman neben ihm Platz nahm.
    »Ein seltsamer Treffpunkt, Hole.«
    »Mein einziger Ort zum Relaxen, vom Schrøder abgesehen. Aber deutlich ruhiger.«
    »Sehr ruhig. Ich habe mich einen Moment lang gefragt, ob Sie der Polizeischlächter sind, der mich hierhergelockt hat. Wir gehen doch noch immer davon aus, dass das ein Polizist ist, oder?«
    »Ja, absolut«, sagte Harry und spürte, dass er sich bereits nach der gerade ausgedrückten Zigarette sehnte. »Wir haben einen Treffer bei der Pistole.«
    »Schon? Das ging aber schnell. Ich wusste gar nicht, dass Sie mit dem Einsammeln begonnen haben …«
    »War gar nicht nötig. Die erste Pistole war gleich ein Volltreffer.«
    »Was?«
    »Ihre Pistole, Bellman. Wir haben einen Probeschuss gemacht, und das Resultat stimmt perfekt mit der Kugel aus dem Kalsnes-Fall überein.«
    Bellman lachte laut. Das Echo hallte über die Tribüne. »Ist das eine Art practical joke , Harry?«
    »Das wollte ich eigentlich von Ihnen hören, Mikael.«
    »Für Sie bitte immer noch Herr Polizeipräsident oder Bellman, Harry. Das Herr können Sie aber auch gern weglassen. Und ich muss Ihnen überhaupt nichts sagen. Was geht hier vor?«
    »Das ist genau das, was Sie mir erzählen müssen … sorry, erzählen sollten , ist das besser, Herr Polizeipräsident? Sonst müssen wir – und jetzt meine ich wirklich müssen  – Sie

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