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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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die Latexhandschuhe und die Kapuze des weißen Schutzanzuges ab.
    »Noch immer nichts von den DNA -Leuten gehört?«, fragte Harry.
    »Nein.«
    Das Erste, was Harry getan hatte, nachdem sie zum Tatort gekommen waren, war, eine Gewebeprobe zu entnehmen und mit Blaulicht in die Rechtsmedizin zu schicken. Eine volle DNA -Analyse brauchte Zeit, aber die ersten Ziffern des Codes waren recht schnell zu ermitteln. Und mehr brauchten sie nicht. Alle Mordermittler und Kriminaltechniker waren mit ihrer DNA registriert, damit sie rasch ausfindig zu machen waren, falls sie einmal einen Tatort verunreinigten. In den letzten Jahren waren in den DNA -Dateien auch die Beamten aufgenommen worden, die zuerst an einen Tatort kamen oder diesen absicherten, und in der letzten Zeit waren sogar Zivilisten registriert worden, die in Verbindung zu den jeweiligen Tatorten standen. Es war einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, schon mit den ersten drei oder vier Ziffern des elfstelligen Codes konnte ein Großteil der aufgenommenen Personen ausgeschlossen werden. Mit fünf oder sechs vermutlich alle. Das hieß – wenn er recht hatte – alle außer einem.
    Harry sah auf die Uhr. Er wusste nicht, warum, wusste nicht, was er noch erreichen wollte, nur dass ihm die Zeit weglief, dass er keine Zeit mehr hatte.
    Ståle Aune parkte seinen Wagen vor dem Tor der Schule und schaltete das Warnblinklicht ein. Er hörte seine Schritte zwischen den Gebäuden widerhallen, als er zum Eingang rannte. Ein einsames Geräusch, das er aus seiner Kindheit kannte. Das ewige Zuspätkommen. Oder das Geräusch der Sommerferien, wenn alle aus der Stadt gefahren waren und ihn zurückgelassen hatten. Er riss die schwere Tür auf und stürmte über den Flur. Das Echo war jetzt weg, dafür hörte er seinen keuchenden Atem. Da war die Tür ihrer Klasse. Oder nicht? Wie wenig er über sie wusste. Wie wenig er sie im letzten halben Jahr gesehen hatte. Wie viel er wissen wollte. Wie viel Zeit er von jetzt ab mit ihr verbringen wollte. Wenn sie nur … nur …
    Harry sah sich in der Bar um.
    »Das Schloss der Hintertür ist aufgebrochen worden«, sagte der Polizist hinter ihm.
    Harry nickte. Er hatte die Kerben am Schloss gesehen.
    Ein Dietrich. Polizeihandwerk. Deshalb war auch die Alarmanlage nicht angegangen.
    Harry hatte keine Anzeichen eines Kampfes gesehen, es waren keine Gegenstände umgestürzt, es lag nichts auf dem Boden, und Stühle und Tische standen ordentlich, wo sie immer standen. Der Barbesitzer wurde gerade befragt. Harry hatte gesagt, dass er keinen Wert darauf legte, ihn persönlich zu sprechen. Er hatte nicht gesagt, dass er ihn auf keinen Fall sehen wollte. Einen Grund hatte er nicht genannt.
    Harry starrte auf die Barhocker am Tresen und erinnerte sich, wie er an jenem Abend darauf gesessen hatte, vor sich ein unangetastetes Glas Jim Beam. Der Russe war von hinten gekommen und hatte versucht, ihm die Klinge seines sibirischen Messers in die Halsschlagader zu rammen. Harrys Fingerprothese aus Titan war aber im Weg gewesen. Der Barbesitzer hatte entsetzt hinter dem Tresen gestanden und zugesehen, wie Harry sich nach dem auf dem Tresen liegenden Korkenzieher ausgestreckt und damit zugestochen hatte. Das Blut hatte den Boden gefärbt, als wäre eine frisch geöffnete Flasche Rotwein umgekippt.
    »Vorläufig keine Spuren«, sagte Bjørn.
    Harry nickte wieder. Natürlich nicht. Berntsen hatte den Ort für sich allein gehabt und sich Zeit nehmen können. Und bestimmt hatte er aufgeräumt, bevor er sie mit dem Whiskey überschüttet … das Wort kam ganz gegen seinen Willen zu ihm: mariniert hatte.
    Dann hatte er das Feuerzeug entfacht.
    Die ersten Töne von Gram Parsons » She « ertönten, und Bjørn legte das Telefon ans Ohr:
    »Ja? Wir haben einen Treffer in der DNA -Datenbank? Warte …«
    Er zückte einen Bleistift und sein immer gleiches Moleskine-Notizbuch.
    Harry hatte oft gedacht, dass Bjørn das Heft so sehr mochte, dass er seine Notizen wahrscheinlich immer wieder ausradierte, wenn das Notizbuch voll war, um es noch einmal benutzen zu können.
    »Kein Verurteilter, okay, aber jemand, der im Bereich der Mordermittlungen tätig war. Ja, damit hatten wir leider gerechnet. Und sein Name ist?«
    Bjørn hatte das Notizbuch auf den Tresen gelegt und war bereit zu schreiben. Aber die Bleistiftspitze stoppte. »Was hast du gesagt? Wer ist der Vater?«
    Harry hörte an der Stimme seines Kollegen, dass etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte.
    Als

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