Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
in Ila eine Zahnärztin vergewaltigt und verstümmelt. Aus Angst, dass sich dafür jemand an ihm rächen würde, hat er seinen Ausbruch geplant. Sich aus Ila abzusetzen ist bekanntlich kein Hexenwerk, Valentin wollte aber, dass es so aussah, als wäre er tot, damit ihm auch hinterher keiner ans Leder ging. Er hat deshalb seinen Mitgefangenen Judas Johansen getötet, so lange auf ihn eingeschlagen, bis sein Gesicht unkenntlich war, und die Leiche dann versteckt, damit Judas, als er beim morgendlichen Durchzählen nicht auftauchte, als Ausbrecher eingestuft wurde. Dann hat Valentin den Tätowierer des Gefängnisses gezwungen, eine Kopie des Dämons, den er selbst auf der Brust trägt, auf die unversehrte Brust des Toten zu tätowieren. Er hat damit gedroht, den Tätowierer wie auch seine Familie zu töten, sollte dieser jemals etwas davon sagen. In der Nacht, in der Valentin dann selbst geflohen ist, hat er der Leiche von Judas Johansen seine eigenen Kleider angezogen, hat ihn in seine Zelle gezerrt und die Tür offen stehen lassen, damit es so aussah, als hätte dort jeder hineingehen können. Am nächsten Morgen haben sie dann den Leichnam von, wie sie glaubten, Valentin Gjertsen gefunden, was niemanden wirklich überrascht hat. In ihren Augen war es nur eine Frage der Zeit gewesen, wann jemand den verhassten Mitgefangenen umbringen würde. Der Fall war so klar, dass sie nicht einmal die Fingerabdrücke der Leiche nahmen, geschweige denn einen DNA -Abgleich machten.«
Einen Moment lang war es vollkommen still am Tisch. Ein anderer Gast betrat das Lokal und wollte sich an den Nachbartisch setzen, aber ein Blick von Hagen reichte, damit er weiter hinten Platz nahm.
»Du willst uns damit also sagen, dass Valentin ausgebrochen und bei bester Gesundheit ist?«, sagte Beate Lønn. »Und dass er der ursprüngliche Täter sein könnte und auch als Polizistenmörder in Frage käme? Und das Motiv der letzten Morde soll seine Wut auf die Polizei sein? Aber weshalb nutzt er seine früheren Tatorte? Und was genau will er rächen? Dass die Polizei ihre Arbeit macht? Dann wären nicht mehr viele von uns am Leben.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob er es generell auf Polizisten abgesehen hat«, sagte Katrine. »Einer der Vollzugsbeamten hat mir gesagt, dass sie in Ila Besuch von einem Polizisten gehabt hätten, der mit einigen Häftlingen über die Mädchenmorde im Maridalen und am Tryvann gesprochen hat, mit den richtig üblen Verbrechern, den vorsätzlichen Mördern, und angeblich hat er selber mehr erzählt als gefragt. Und er hat Valentin als …«, Katrine nahm Anlauf, »… Kinderficker bezeichnet.«
Sie sah, dass alle, sogar Beate Lønn, zusammenzuckten. Es war schon merkwürdig, dass ein einziges Wort eine stärkere Wirkung erzielen konnte als die schlimmsten Tatortbilder.
»Das ist fast schon so etwas wie ein direktes Todesurteil, nicht wahr?«
»Und wer waren diese beiden Polizisten?«
»Der Beamte, mit dem ich gesprochen habe, erinnerte sich nicht, und die beiden sind auch nirgends registriert worden. Aber wir können ja mal einen Tipp abgeben.«
»Erlend Vennesla und Bertil Nilsen«, sagte Bjørn Holm.
»So langsam zeichnet sich da ein Bild ab, meint ihr nicht auch?«, sagte Gunnar Hagen. »Dieser Judas war der gleichen extremen Gewalt ausgesetzt, die wir auch bei den Polizistenmorden gesehen haben. Doktor?«
»Ja doch«, sagte Aune. »Mörder sind Gewohnheitstiere, die sich an einmal ausprobierte Techniken oder Methoden halten, um ihren Hass auszuleben und loszuwerden.«
»Bei dem Mord an Judas gab es dafür aber einen ganz konkreten Grund«, sagte Beate. »Valentin musste seine eigene Flucht verbergen.«
»Wenn es denn wirklich so gewesen ist«, sagte Bjørn Holm. »Dieser Häftling, mit dem Katrine gesprochen hat, ist ja nicht gerade ein verlässlicher Zeuge.«
»Nein«, sagte Katrine. »Aber ich glaube ihm.«
»Warum?«
Katrine verzog ihren Mund zu einem schiefen Grinsen. »Was hat Harry immer gesagt? Intuition ist nur die Summe der vielen kleinen, aber ganz konkreten Dinge, die das Hirn noch nicht in Worte fassen kann.«
»Könnten wir nicht die Leiche exhumieren und die Identität feststellen?«, fragte Aune.
»Raten Sie mal«, sagte Katrine.
»Verbrannt?«
»Valentin hat eine Woche vor seinem Tod ein Testament gemacht und darin festgehalten, dass er nach seinem Tod so schnell wie nur eben möglich verbrannt werden will.«
»Und seitdem hat niemand von ihm gehört?«, fragte Holm. »Bis er
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