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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ich bin einer davon. Ich werde nächste Woche entlassen. Ihr müsst ihn schnappen …«
    »… bevor er Sie schnappt«, vollendete Katrine den Refrain und starrte den Mann vor sich an. Das heißt, sie starrte auf einen Punkt direkt vor seiner Stirn, wo sich die Szene abspielte, wie Rico die drei Tage alte Leiche tätowierte. Und diese Szene war derart beunruhigend, dass sie nichts anderes sah oder hörte. Bis sie spürte, wie ein winziger Tropfen ihren Hals traf, während er leise grunzte. Sie sprang von dem Stuhl auf, stolperte zur Tür und spürte die Übelkeit kommen.
    Anton Mittet wachte auf.
    Sein Herz hämmerte wild, und er schluckte Luft.
    Einen Moment lang blinzelte er verwirrt, ehe sein Blick sich scharf stellte.
    Vor sich sah er eine weiße Wand. Er saß noch immer auf dem Stuhl, hatte den Kopf aber an die Wand gelehnt. Er hatte geschlafen, im Dienst.
    So etwas war ihm noch nie passiert. Er hob die linke Hand und hatte den Eindruck, sie wöge zwanzig Kilo. Und warum raste sein Herz so, als wäre er einen Halbmarathon gelaufen?
    Er sah auf die Uhr. Viertel nach elf. Er hatte mehr als eine Stunde geschlafen. Wie hatte das passieren können? Sein Herz beruhigte sich ganz langsam. Das musste all der Stress der letzten Wochen gewesen sein.
    Die vielen Wachen, der fehlende Tagesrhythmus. Laura und Mona.
    Aber was hatte ihn geweckt? Ein neuerliches Geräusch?
    Er lauschte.
    Nichts. Nur flirrende Stille. Und das vage Gefühl, dass sein Hirn etwas Beunruhigendes registrierte. Wie wenn er daheim in ihrem Haus in Drammen unten am Fluss schlief. Er wusste, dass unmittelbar vor dem geöffneten Fenster die Boote mit ihren dröhnenden Außenbordern vorbeifuhren, aber sein Hirn registrierte den Lärm nicht. Ein leises Knirschen der Schlafzimmertür hingegen reichte, dass er senkrecht im Bett saß. Laura behauptete, das ginge seit dem Fall in Drammen so. Seit sie den jungen René Kalsnes oben am Fluss gefunden hatten.
    Er schloss die Augen und riss sie wieder auf. Mein Gott, er wäre beinahe wieder eingeschlafen! Zur Sicherheit stand er auf, doch da wurde ihm schlagartig so schwindelig, dass er sich wieder setzen musste. Er machte die Augen auf und zu. Verdammt, waren seine Sinne benebelt.
    Er sah auf den leeren Becher Kaffee, der neben seinem Stuhl stand. Er sollte sich einen doppelten Espresso holen, aber der Behälter war ja leer. So ein Mist. Vielleicht konnte er Mona anrufen und sie bitten, ihm eine Tasse mitzubringen, bis zur nächsten Visite dauerte es sicher nicht mehr lange. Er nahm das Telefon heraus. Ihre Nummer hatte er unter GAMLEM KONTAKT REICHSHOSPITAL gespeichert. Eine reine Sicherheitsmaßnahme, falls Laura sein Telefon checken und dabei bemerken sollte, wie häufig er mit dieser Nummer telefoniert hatte. Die SMS löschte er natürlich immer gleich sofort. Anton Mittet wollte seinen Finger auf das grüne Telefonsymbol legen, als sein Hirn endlich so weit wach war und den ungewohnten Laut identifizieren konnte.
    Es war die Stille.
    Es war der Laut, der nicht da war, der ihn irritierte.
    Das Piepen des Sonars. Das Geräusch des Monitors, der die Herzschläge registrierte. Anton kam auf die Beine. Taumelte zur Tür und riss sie auf. Versuchte, den Schwindel wegzublinzeln, und fixierte den grünen Bildschirm der Maschine. Den flachen, toten Strich, der von links nach rechts führte.
    Er lief zum Bett. Starrte auf das blasse Gesicht auf dem Kissen. Vom Flur hörte er das Geräusch laufender Schritte. Das Schwesternzimmer musste alarmiert worden sein, als die Maschine keine Herztöne mehr registriert hatte. Anton legte automatisch seine Hand auf die Stirn des Mannes. Sie war noch warm. Trotzdem hatte Anton genug Leichen gesehen, um keinen Zweifel zu haben. Der Patient war tot.

Teil III

Kapitel 11
    D ie Beerdigung des Patienten war eine kurze, effektive Angelegenheit mit äußerst spärlichem Publikum. Der Pastor versuchte nicht einmal anzudeuten, dass der Mann im Sarg eine von allen geliebte Person gewesen war, dass er ein vorbildliches Leben gelebt und sich damit für das Paradies qualifiziert hatte. Stattdessen kam er direkt auf Jesus zu sprechen, der allen Sündern Vergebung versprochen hatte.
    Es waren nicht einmal genügend Leute da, um den Sarg zu tragen, so dass er vor dem Altar stehen blieb, als die wenigen Beerdigungsgäste aus der Vestre-Aker-Kirche in das Schneegestöber traten. Die Mehrheit der Anwesenden – insgesamt waren es vier – waren Polizisten, die gemeinsam in ein Auto stiegen und in

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