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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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bekommen hatte, wenn die älteren Jungs in Manglerud mal wieder das Großmaul Mikael vertrimmen wollten, das sich Ulla unter den Nagel gerissen hatte. Wenn Mikael sich hinter ihm versteckt und er wie eine fleckige, von Kratzern übersäte Hyäne die Zähne gefletscht hatte. Truls hatte schon so viel Prügel einstecken müssen, dass ein bisschen mehr oder weniger keine Rolle mehr spielte. Und seine Gegner hatten irgendwann gelernt, dass es weh tat, Truls zu verprügeln, mehr, als es die Sache wert war. Denn wenn Truls diesen irren Blick bekam, diesen Hyänenglanz in den Augen, bedeutete das, dass er zu sterben bereit war und seinen Gegner, sollte er ihn mit seinen Zähnen zu fassen kriegen, nie wieder loslassen würde. Er würde sich in dich verbeißen, bis du in die Knie gingst oder ihm den Kopf abhacktest. Später hatte Mikael dieses irre Leuchten nur noch selten gesehen. Einmal noch, als er in der Tiefgarage auf den Homo losgegangen war. Und das letzte Mal, als er ihm das mit der Suspendierung mitgeteilt hatte. Doch jetzt schien dieses irre, fiebrige Leuchten nicht mehr verlöschen zu wollen.
    Mikael schüttelte langsam und ungläubig den Kopf. »Wovon redest du, Truls?«
    »Vielleicht ist das Geld indirekt ja von dir gekommen. Vielleicht warst du es ja, der mich die ganze Zeit über bezahlt und mir Asajev auf den Hals gehetzt hat.«
    »Truls, ich glaube, du hast zu viel Pulverstaub inhaliert. Was soll ich denn mit Asajev zu tun gehabt haben?«
    »Vielleicht sollten wir ihn mal fragen.«
    »Rudolf Asajev ist tot, Truls.«
    »Gott, wie passend, nicht wahr? Dass alle, die etwas aussagen könnten, rein zufällig sterben.«
    Alle, dachte Mikael Bellman. Außer dir.
    »Außer mir«, sagte Truls grinsend.
    »Ich muss jetzt los«, sagte Mikael Bellman, riss seine Zielscheibe herunter und faltete sie zusammen.
    »Oha«, sagte Truls. »Es ist ja Mittwoch.«
    Mikael erstarrte. »Was?«
    »Ach, ich habe mich nur daran erinnert, dass du mittwochs um diese Uhrzeit immer dein Büro verlassen hast.«
    Mikael sah ihn durchdringend an. Es war merkwürdig, er kannte Truls jetzt seit zwanzig Jahren, konnte aber noch immer nicht mit Sicherheit sagen, ob er dumm oder clever war. »Genau. Und noch ein Rat von mir. Dir ist sicher damit gedient, deine Spekulationen für dich zu behalten. So wie die Situation jetzt ist, würde dir das nur schaden, Truls. Und vielleicht solltest du mir auch nicht zu viel sagen. Das könnte mich sonst in Schwierigkeiten bringen, falls ich als Zeuge geladen werde. Verstehst du?«
    Aber Truls hatte sich bereits die Ohrenschützer aufgesetzt und sich in Richtung Zielscheibe gedreht. Beide Augen waren weit geöffnet. Ein Lichtblitz. Zwei. Drei. Die Pistole sah aus, als wollte sie sich losreißen, aber Truls’ Griff war zu fest. Hyänenfest.
    Draußen auf dem Parkplatz spürte Mikael das Handy in seiner Hosentasche vibrieren.
    Es war Ulla.
    »Hast du mit dem Kammerjäger gesprochen?«
    »Ja«, sagte Mikael, der bis jetzt nicht einen Gedanken daran verschwendet, geschweige denn mit jemandem gesprochen hatte.
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er meinte, dass der Geruch gut von einer Maus oder Ratte stammen kann, die irgendwo im Fundament steckt. Da es sich aber um Beton handelt, kann nichts passieren. Wenn sie verwest ist, verschwindet der Geruch von allein wieder. Sie haben uns auf jeden Fall davon abgeraten, die Terrasse aufzureißen. Okay?«
    »Du hättest die Terrasse lieber von Fachleuten gießen lassen sollen und nicht von Truls.«
    »Er hat das mitten in der Nacht gemacht, ohne dass ich ihn darum gebeten hätte, das habe ich dir doch schon mal gesagt. Wo bist du jetzt, Schatz?«
    »Ich habe gleich eine Verabredung mit einer Freundin. Schaffst du es heute Abend zum Essen?«
    »Ja doch. Und mach dir über unsere Terrasse keine Gedanken, okay, Schatz?«
    »Okay.«
    Er legte auf. Dachte daran, dass er zweimal Schatz gesagt hatte, mindestens einmal zu oft, so hörte es sich an wie eine Lüge. Er ließ das Auto an, drückte auf das Gaspedal, ließ die Kupplung kommen und spürte den angenehmen Druck des Hinterkopfs gegen die Kopfstütze, als der nagelneue Audi auf dem offenen Parkplatz beschleunigte. Er dachte an Isabelle. Spürte in sich hinein und fühlte bereits das Blut an eine zentrale Stelle strömen. Und das seltsame Paradoxon, dass es keine Lüge gewesen war. Die Liebe, die er für Ulla empfand, war nie so greifbar, wie in den Momenten, bevor er sie mit einer anderen betrog.
    Anton Mittet saß mit

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