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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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offenstand. Die Fußspur zeigte in diese Richtung.
    Bellows näherte sich der Tür und öffnete sie behutsam. Dahinter lag tiefe Dunkelheit. Er erkannte abwärts führende Stufen. Wahrscheinlich führten sie in den Keller, dachte er, doch Genaueres konnte er nicht sehen. Aus der Brusttasche seines weißen Kittels holte Bellows den schmalen Lichtstab und schaltete ihn ein. Doch der dünne Strahl reichte nicht viel weiter als zwei Meter in die Finsternis.
    Die Stimme der Vernunft befahl Bellows, das Haus so schnell wie möglich zu verlassen. Statt dessen machte er sich an den Abstieg in den Keller, ebensosehr getrieben von dem Drang, sich seine Furchtlosigkeit zu beweisen, wie von der Hoffnung, dort eine Entdeckung zu machen.
    Als er sich Schritt für Schritt vorarbeitete, fraß sich der dünne Lichtschein immer weiter in die Dunkelheit, bis er auf eine geschlossene Tür traf. Er untersuchte sie und drückte auf die Klinke. Die Tür ließ sich mühelos öffnen.
    Bellows hatte ein paar Kellerfenster und wenigstens eine Spur von Tageslicht erwartet, aber auch hier umfing ihn nur Dunkelheit. Immerhin schien es sich um einen relativ großen Raum zu handeln, wenn auch nicht viel zu erkennen war. Entgegen dem Uhrzeigersinn machte sich Bellows auf Entdeckungsreise. Er stieß auf wacklige, aber noch gebrauchsfähige Möbel, darunter ein Bett, das mit Zeitungen gepolstert war und auf dem zwei mottenzerfressene Wolldecken lagen. Ein paar Wanzen flohen den Strahl der kleinen Taschenlampe. Er entdeckte einen Kamin mit einem großen Holzstapel davor. Die Kaminplatte war voller Asche, als hätte erst vor kurzem dort ein Feuer gebrannt. Er hob eine der Zeitungen auf. Die Ausgabe war vom 3. Februar 1976.
    Als er die Zeitung auf den Boden fallen ließ, bemerkte er eine andere Tür, die etwa zwölf Zentimeter weit offen stand. Er ging darauf zu, und im selben Augenblick wurde der Lichtstrahl rapide schwächer; der Dauergebrauch hatte die winzigen Batterien überfordert. Er knipste die Lampe aus, damit sie sich erholen konnte. Dichte Finsternis hüllte ihn ein; er konnte buchstäblich die Hand nicht vor Augen sehen. Im Keller herrschte Grabesstille.
    Bellows fühlte sich beklommen und schaltete die kleine Lampe früher wieder ein, als er es eigentlich vorgehabt hatte. Doch der Strahl war schon viel heller, und Bellows konnte weiße Fliesen jenseits der Tür erkennen: ein Badezimmer.
    Er schob die Tür auf. Sie bewegte sich so schwer, als sei sie aus Blei. Das unstete Licht fiel auf eine Toilette ohne Brille. Er steckte den Kopf durch die halboffene Tür. Das Waschbecken befand sich an der rechten Wand. Der Lichtstrahl wanderte über den Wasserhahn, die Wand hinauf, zum Arzneischrank, der vorn einen Spiegel hatte.
    Bellows’ Aufschrei war ein reiner Reflex. Er war nicht einmal allzulaut, kam aber von tief innen, eine Ur-Reaktion. Der Lichtstab fiel Bellows aus der Hand und zerschellte auf den Fliesen. Sofort war er von tiefer Dunkelheit umgeben. Blindlings lief er in Richtung Treppe. Dabei fiel er über jedes zweite Möbelstück und stieß schließlich gegen eine Wand. Erst als er mit der Hand an der Backsteinmauer entlangfuhr, merkte er, daß er zu weit gelaufen war. Er machte kehrt und tastete sich zurück. Endlich stand er unmittelbar vor der Treppe, und jetzt sah er auch einen schwachen Lichtschimmer von oben.
    Er stolperte die Stufen hinauf, stürzte durch das Haus nach vorn und auf die Straße ins Freie. Erst dann blieb er, völlig außer Atem, stehen, die Brust hob und senkte sich stoßweise. Beim Fallen hatte er sich die rechte Hand aufgerissen. Blut quoll aus dem Handrücken. Er sah mit wirren Blicken zum Haus zurück und gestattete seiner Vorstellungskraft erst nach einer Weile, das gespenstische Bild aus dem Kellerbad zu rekonstruieren.
    Er hatte Walters gefunden. Im Spiegel über dem Waschtisch hatte er ihn gesehen. Walters hatte eine Kordel um den Hals und hing von einem Haken an der Tür. Sein Gesicht war auf unbeschreibliche Weise verzerrt, der Kopf wie ein Ballon aufgebläht. Die Augen standen weit offen. Es sah aus, als wollten sie sich jeden Moment vom Kopf lösen. In den Notaufnahmestationen hatte Bellows während seiner Ausbildung manches Schlimme gesehen. Aber der Anblick von Walters’ Leiche übertraf alles.

 
Mittwoch
25. Februar
16 Uhr 30
     
    Mit sehr gemischten Gefühlen betrat Susan das Büro ihres Dekans, aber Dr. James Chapmans Art wirkte sofort beruhigend auf sie. Entgegen Susans Erwartungen war er

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