Koma
Gesprächspartner. Ihr fiel Dr. Stark ein. Der hatte sich von ihrem unbedeutenden Status in der Krankenhaushierarchie nicht beeinflussen lassen und offensichtlich auch nicht von dem Umstand, daß sie eine Frau war. Außerdem war er in der Lage, medizinische Fakten und Verwaltungsangelegenheiten, die das Krankenhaus betrafen, schnell zu begreifen und zu verarbeiten. Vor allem aber war Stark eine ausgereifte Persönlichkeit mit einem objektiven Urteil.
Susan verließ das Badezimmer und ging zum Telefon. Sie wählte die Nummer des Memorial und ließ sich mit Starks Büro verbinden.
»Tut mir leid«, hieß es am anderen Ende, »aber Dr. Stark spricht auf der anderen Leitung. Kann er zurückrufen?«
»Nein, schönen Dank. Ich warte lieber. Sagen Sie ihm bitte, Susan Wheeler wäre am Apparat, und es handele sich um eine dringende Angelegenheit.«
»Ich werd’s versuchen«, meinte die Sekretärin, »aber ich kann nichts versprechen. Er führt ein Ferngespräch, und das kann noch einige Zeit dauern.«
»Ich bleib’ trotzdem dran.« Susan wußte genau, wie oft Ärzte den Rückruf vergaßen.
Schließlich meldete sich Stark.
»Dr. Stark, Sie haben gesagt, ich könnte Sie immer anrufen, wenn ich bei meiner Untersuchung auf interessante Dinge stieße.«
»Selbstverständlich, Susan.«
»Also gut, ich hab’ was sehr Eigenartiges herausgefunden. Die ganze Sache ist mit Sicherheit …« Sie wußte nicht weiter.
»Ist mit Sicherheit was, Susan?«
»Ja, wissen Sie, ich bin mir nicht klar, wie ich das ausdrücken soll. Also, über die … sagen wir, kriminelle Komponente bin ich mir jetzt so gut wie sicher. Ich weiß nicht genau, warum oder wie, aber trotzdem gibt es da keinen Zweifel. Ich habe sogar den Eindruck, daß irgendeine große Organisation dahintersteckt, so wie … ja, wie die Mafia oder so was Ähnliches.«
»Das hört sich aber ziemlich weit hergeholt an, Susan. Wie sind Sie darauf gekommen?«
»Heute nachmittag sind verschiedene merkwürdige Dinge geschehen, und heute abend hat man mich bedroht.«
»Bedroht? Womit?« Starks Stimme, die bis jetzt interessiert geklungen hatte, drückte nun Besorgnis aus.
»Womit? Ja, mit dem Tod, schätze ich.« Susan sah auf das Foto von ihrem Bruder.
»Susan, wenn das stimmt, handelt es sich wirklich um eine sehr ernste Sache. Aber sind Sie ganz sicher, daß es nicht irgendein blöder Scherz Ihrer Kommilitonen war? Medizinstudenten sind oft wenig zart besaitet und haben dafür um so mehr Phantasie.«
»Ich muß zugeben, daran hab’ ich noch gar nicht gedacht.« Mit der Zungenspitze betastete Susan vorsichtig ihre geplatzte Unterlippe. »Nein, ich bin sicher, das war Ernst.«
»In dieser Lage kann man sich nicht auf Vermutungen und Spekulationen verlassen. Ich werde den Verwaltungsrat selbst von der Sache unterrichten. Aber, Susan, hören Sie mir zu. Jetzt ist endgültig der Punkt erreicht, an dem Sie sich schleunigst aus der Angelegenheit zurückziehen müssen. Es ist an der Zeit, daß sich Profis der Sache annehmen. Haben Sie die Polizei verständigt?«
»Nein. Die Drohung schloß meinen jüngeren Bruder ein, und ich wurde ausdrücklich aufgefordert, die Polizei aus dem Spiel zu lassen. Darum hab’ ich Sie angerufen. Und außerdem, wenn ich zur Polizei ginge, würden die bestimmt denken, es handele sich um einen Notzuchtversuch, und das mit der Drohung nicht ernst nehmen.«
»Das bezweifle ich aber sehr.«
»Die meisten Männer würden so reagieren.«
»Immerhin, wenn sich die Drohung auch gegen Ihre Familie richtet, müssen Sie wohl wirklich vorsichtig sein. Trotzdem, mein Gefühl sagt mir, Sie sollten die Polizei informieren.«
»Ich werde noch mal darüber nachdenken. Übrigens, hat man Sie davon unterrichtet, daß ich in hohem Bogen aus dem Memorial geflogen bin und jetzt im Städtischen Krankenhaus hospitieren soll?«
»Nein, hat mir niemand gesagt. Wann war das?«
»Heute nachmittag. Natürlich würde ich viel lieber im Memorial bleiben. Ich glaube, wenn man mir die Chance gibt, kann ich beweisen, daß ich eine gute Studentin bin. Da Sie Chef der Chirurgie sind und außerdem wissen, worum es mir geht, dachte ich, Sie könnten die Entscheidung vielleicht rückgängig machen.«
»Als Chef der Chirurgie hätte ich darüber auf jeden Fall informiert werden müssen. Ich werde mich sofort mit Dr. Bellows in Verbindung setzen.«
»Ich glaube nicht, daß er etwas davon weiß. Die Entscheidung hat ein gewisser Mr. Oren getroffen.«
»Oren? Na, das ist aber
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