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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Rechte, mit der Linken spannte er die Haut des Patienten. Die Medizinstudenten drängten nach vorn und verrenkten sich die Hälse, verspürten geradezu morbide Neugier. Es war wie bei einer öffentlichen Hinrichtung. Die Hirne versuchten, sich auf das vorzubereiten, was sich ihnen Sekunden später einprägen würde.
    Johnston hielt das Skalpell etwa fünf Zentimeter über der bleichen Haut in Bereitschaft und sah über den Metallschirm hinweg den Narkotiseur fragend an: Der ließ die Luft langsam aus der Blutdruckmanschette und beobachtete die Skala – 120:80. Er nickte Johnston zu und löste damit die Guillotine aus. Das Skalpell tauchte tief in das Gewebe, bewegte sich dann weich und lautlos im Winkel von etwa 45 Grad körperabwärts. Die Wundränder fielen auseinander, kleine Fontänen von Arterienblut sprühten in die Luft und versiegten.
    Das Blut versiegte auch im Hirn von George Niles. Er verlor das Bewußtsein und fiel kerzengerade hintenüber. Dröhnend schlug sein Kopf auf den Vinylboden.
    Johnston wirbelte herum. Seine Überraschung verwandelte sich in die typische Gereiztheit des Chirurgen, dem etwas gegen den Plan läuft.
    »Verdammt noch mal, Bellows, schaffen Sie mir die Babys vom Hals. Die können ja nicht mal den Anblick von ein paar roten Blutkörperchen ertragen.« Wütend wandte er sich wieder seiner Arbeit zu und brachte Arterienklemmen in der Wunde an.
    Die Hilfsschwester zerbrach eine Ammoniakampulle unter George Niles’ Nase, und der Gestank brachte ihn ins Leben zurück. Bellows beugte sich hinab und befühlte Hinterkopf und Genick. Sobald George das Bewußtsein wiedererlangt hatte, setzte er sich auf, im unklaren darüber, wo er sich befand. Als es ihm wieder einfiel, stieg ihm Schamröte ins blasse Gesicht.
    Und Johnston dachte nicht daran, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    »Verdammte Scheiße, Bellows, warum haben Sie mir nicht gesagt, daß diese Studenten hier absolute Greenhörner sind? Was wäre passiert, wenn der Knabe hier in die Wunde geplumpst wäre?«
    Bellows erwiderte nichts. Er half George wieder auf die Beine. Als er sich endgültig davon überzeugt hatte, daß dem Studenten nichts passiert war, forderte er mit einer Handbewegung seine Gruppe zum Gehen auf. Sie verließen den OP.
    Ehe die Türen sich schlossen, hörten sie Johnstons übelgelaunte Stimme. Er raunzte einen seiner Assistenten an: »Sind Sie zu meiner Unterstützung hier, oder wollen Sie meine Arbeit sabotieren?«

 
Montag
23. Februar
11 Uhr 15
     
    George Niles’ Stolz hatte mehr abbekommen als irgendeines seiner Körperteile. Am Hinterkopf wuchs ihm zwar ein Taubenei, doch die Haut war nicht geplatzt. Die Größe seiner Pupillen blieb auf beiden Augen gleich, und er zeigte keine Gedächtnisausfälle. Nach der überwiegenden Meinung der Gruppe würde er es überleben. Doch der Zwischenfall dämpfte ihre Stimmung. Bellows hatte Angst, man könnte ihm ankreiden, daß es ihm an Urteilsfähigkeit mangelte, weil er die Studenten gleich am ersten Tag in den OP geschleppt hatte. George Niles hatte Angst, daß ihm in Zukunft bei jeder Operation das gleiche passieren könnte. Die anderen vier waren mehr oder weniger einfach deshalb beunruhigt, weil in einer Gruppe das Tun eines einzelnen immer auch die übrigen in Mitleidenschaft zieht, zumindest im Urteil der Außenstehenden. Der letzte Aspekt störte Susan allerdings weniger. Ihr gab vor allem die plötzliche Verwandlung zu denken, die sie bei Johnston beobachtet hatte und in gewissem Maße auch bei Bellows. Die beiden hatten einander zunächst freundlich und jovial behandelt, waren aber beim geringsten unvorhergesehenen Zwischenfall wütend, fast haßerfüllt übereinander hergefallen. Zu ihrem eigenen Unbehagen fühlte sich Susan in ihrer vorgefaßten Meinung über die Seelenlandschaft der Chirurgen mehr und mehr bestätigt. Am Ende waren ihre Verallgemeinerungen gar nicht so abwegig.
    Nachdem sie sich wieder umgezogen hatten, gingen sie auf einen Kaffee in den Erfrischungsraum der Chirurgischen Abteilung. Das Gebräu war überraschend stark und gut, fand Susan, allerdings störte sie der intensive Zigarettenqualm, der wie der Smog von Los Angeles unter der Decke hing. Die anderen Leute im Raum interessierten sie nicht, doch nach einiger Zeit spürte sie, wie jemand sie intensiv anstarrte. Es war ein Mann mit auffallend bleicher Gesichtsfarbe, der in einer Ecke am Spülbecken herumlungerte: Walters. Susan sah weg und etwas später wieder hin. Die Augen des

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