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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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gewesen. Mußte sie ihr Urteil über Mark Bellows revidieren? Sie sah ihm nach, wie er zum Pult der OP-Aufsicht ging. Er jedenfalls fühlte sich in der fremden Umgebung offensichtlich zu Hause. Zum erstenmal war Susan ein klein wenig beeindruckt. Und außerdem fand sie, daß er gar nicht so furchtbar schlecht aussah.
    Die anderen waren schon fertig und warteten. George Niles zeigte Susan, wie sie die Papierpantoffeln mit den Kontaktstreifen anziehen mußte. Dann setzte sie die Kappe auf, zuletzt die Gesichtsmaske. Derart ausgerüstet gingen die fünf am Aufsichtspult vorbei und betraten das sterile Innere des Operationsflügels.
    Susan war nie zuvor in einem Operationssaal gewesen. Ein paarmal hatte sie chirurgische Eingriffe von der Studentengalerie aus beobachtet, aber allein die Glasscheibe zwischen ihr und dem Geschehen verfremdete das Ganze wie auf einem Fernsehschirm. Man gehörte eben nicht dazu. Während sie den langen Korridor entlanggingen, mischten sich in Susans Gefühlen Aufregung mit der Angst vor dem Tod, die sie in diesen Augenblicken den Patienten nachempfinden konnte. Sie durchquerten Saal um Saal, und jedesmal sahen sie, wie sich Menschengruppen über weiß eingehüllte Bündel beugten, die in Wirklichkeit schlafende Patienten waren. Sie kamen an einer fahrbaren Trage vorbei, die von einer Schwester gezogen und von einem Narkosearzt geschoben wurde. Susan sah, daß der Anästhesist mit der einen Hand das Kinn des erbärmlich würgenden Patienten nach hinten drückte, während er sich mit der Schwester unterhielt. »Hab’ gelesen, daß in Waterville achtzig Zentimeter Neuschnee liegen.« Die Schwester nickte. »Ich fahr’ Freitag gleich nach Dienstschluß hin.« Schwester, Arzt und röchelnder Patient verschwanden in Richtung Wiederbelebungssaal. Das Bild der Pein auf dem Gesicht eines Menschen, der frisch aus dem Operationssaal kam, grub sich tief in Susans Bewußtsein. Ihr schauderte unwillkürlich.
    Vor Saal 18 blieb die Gruppe stehen.
    »Reden Sie so wenig wie möglich«, sagte Bellows und sah durch die Scheibe in der Tür. »Schade, der Patient schläft schon. Hatte Ihnen die Einleitung der Narkose zeigen wollen, na ja, nächstes Mal. Während der Abdeckungsprozedur ist viel Bewegung im Saal, also stellen Sie sich möglichst an die Wand. Nach den Vorbereitungen, wenn die eigentliche Operation beginnt, treten Sie an den Tisch heran, damit Sie etwas sehen können. Sollten Sie Fragen haben, heben Sie sich die für später auf. Okay?« Bellows sah jeden seiner Schützlinge an. Er lächelte wieder, als er Susans Blick begegnete. Dann stieß er die OP-Tür auf.
    »Ach, siehe da, unser Professor Bellows. Willkommen!« Die dröhnende Stimme kam von einer hochgewachsenen sterilen Gestalt in Weiß, die vor mehreren Röntgenaufnahmen stand. »Und Professor Bellows hat seine Studentenbrut mitgebracht, um ihnen die flinksten Hände von Ostamerika vorzuführen.« Er hielt in Hollywood-Pose die Arme hoch, die Hände nach vorn gespreizt. »Ich hoffe, Sie haben die vielversprechenden Zöglinge gebührend auf den einmaligen Anblick vorbereitet.«
    »Das Gespenst da«, sagte Bellows zu den Studenten, aber laut genug, daß alle im Saal es hören konnten, »ist das lebende Beispiel dafür, was aus einem wird, der nicht rechtzeitig abtreten kann. Mit anderen Worten: Stuart Johnston, einer unserer drei ehrwürdigen Oberärzte in der Chirurgie. Wir brauchen ihn nur noch vier Monate zu ertragen, und die werden auch vergehen. Heute früh hat er mir versprochen, sich Ihnen gegenüber anständig zu benehmen, aber bei ihm kann man nie wissen.«
    »Sie sind doch nur pikiert, Bellows, weil ich Ihnen den Fall hier geklaut habe.« Johnston lachte immer noch. Doch als er sich an seine beiden Assistenten wandte, war nichts Lustiges mehr in seiner Miene. »Machen Sie doch endlich den Patienten fertig, wie lange soll das noch dauern?«
    Die Vorbereitungen gingen schnell vonstatten. Ein kleiner Metallschirm, mit Röhren durchsetzt, hing über dem Kopf des Patienten und trennte den Arbeitsbereich des Narkotiseurs von dem eigentlichen Operationsbereich. Als der Patient eingehüllt war, lag nur eine kleine Stelle seines rechten oberen Unterleibs bloß. Johnston trat rechts neben den Tisch, einer der Assistenten baute sich links auf. Die Schwester zog das Tuch vom Instrumentenwagen. Das Skalpell hatte eine neue, haarscharfe Klinge eingesetzt bekommen.
    »Messer«, ordnete Johnston an. Das Skalpell klatschte in seine behandschuhte

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