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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Colbert, der gerade die verschiedenen Gewebeschichten in der Wunde ordnete.
    »Ich geb’ ihm noch was von dem Liebestrank hier«, erwiderte Dr. Goodman. Mit der Innovarspritze, die noch am Infusionsschlauch hing, gab er einen vollen Kubikzentimeter des Mittels nach. Später gestand er ein, daß dies möglicherweise ein Fehler gewesen sein könnte. Er hätte nur das Analgetikum, Fentanyl, nehmen sollen. Der Blutdruck reagierte jedoch prompt und fiel auf 90:60, als die Narkose wieder tiefer wurde. Der Puls stieg auf 80 Schläge pro Minute an, stabilisierte sich dann bei 72.
    »Jetzt ist er okay«, meinte Dr. Goodman.
    »Na prima. Penny, geben Sie mir die anderen Fäden.«
    Der Arzt machte gute Fortschritte, schloß die Gelenkkapsel, dann die unteren Gewebeschichten. Gesprochen wurde nicht mehr. Mary Abruzzi setzte sich in eine Ecke und stellte ein kleines Transistorradio an. Leise klang Rockmusik durch den OP. Dr. Goodman begann mit den Schlußeintragungen in seinem Narkoselogbuch.
    »Jetzt die Hautnaht«, sagte Dr. Colbert schließlich und richtete sich auf.
    Mit der gewohnten Handbewegung wurde ihm der Nadelhalter in die Handfläche geklatscht. Mary Abruzzi lüftete die Gesichtsmaske und tauschte ihren Kaugummi gegen einen neuen aus.
    Es fing mit einem vorzeitigen Herzschlag an, dem eine kleine Pause folgte. Dr. Goodman sah auf den Monitor. Der Chirurg verlangte nach mehr Faden. Dr. Goodman vergrößerte die Sauerstoffzufuhr, um das Lachgas auszuspülen. Als nächstes kamen gleich zwei arhythmische Herztöne, und die Schlagfrequenz erhöhte sich auf 90 pro Minute. Sogar die Assistenzschwester hörte die Veränderung und sah den Narkotiseur an. Als sie merkte, daß Dr. Goodman das Problem erkannt hatte, fuhr sie in den gewohnten Handreichungen fort.
    Jetzt stoppte Dr. Goodman die Sauerstoffzufuhr. Möglicherweise, dachte er, war der Herzmuskel gegen den hohen Oxygengehalt im Blut anfällig. Später mußte er zugeben, daß dies ein weiterer Fehler gewesen sein konnte. Er begann, Bermans Lungen mit Druckluft zu beatmen. Der Patient atmete immer noch nicht aus eigener Kraft.
    Die seltsamen Herztöne, vorzeitige, arhythmische Schläge, kamen jetzt in immer schnellerer Folge. Dr. Goodmans eigenes Herz machte wilde Sprünge. Er wußte nur zu gut, daß derlei Erscheinungen oft unmittelbare Vorboten des Herzstillstands waren. Dem Narkotiseur zitterten sichtbar die Hände, als er das Blutdruckmeßgerät aufpumpte – 80:55. Also war der Blutdruck ohne ersichtlichen Grund gesunken. Als die vorzeitigen Herzschläge immer häufiger wurden, beobachtete Dr. Goodman den Monitor. Das Piepen war schneller und schneller geworden, schrie geradezu seine Alarmsignale in Dr. Goodmans Hirn. Sein Blick hastete suchend umher: Kohlendioxydkanister, Anästhesieapparatur. Wo lag der Fehler? Seine Gedanken hetzten im Kreis. Seine Eingeweide schienen sich selbständig zu machen, und er mußte den Schließmuskel zusammenkrampfen; Entsetzen durchflutete ihn. Irgend etwas war falsch gelaufen, stimmte ganz und gar nicht. Die vorzeitigen Herztöne kamen jetzt so schnell, daß die normalen Schläge auf dem Monitor gar nicht mehr zu erkennen waren, als der elektronische Leuchtpunkt sinnlose Haken schlug.
    »Was ist los, zum Teufel?« rief Dr. Colbert, der von seiner Naht aufsah.
    Dr. Goodman blieb die Antwort schuldig. Seine zitternden Hände suchten nach einer Spritze. »Lidocain!« schrie er der Assistenzschwester zu. Die Plastikkapsel wollte nicht von der Nadelspitze kommen. »Verdammt!« rief Goodman und schleuderte die Spritze quer durch den OP. Sie knallte an die Wand, fiel dann auf den Fliesenboden. Er riß die Zellophanhülle von einer zweiten Spritze und bekam die Kapsel diesmal ab. Mary Abruzzi wollte ihm die Lidocainflasche halten, aber die Hände des Arztes zitterten zu stark. Er entriß ihr die Flasche und führte die Nadel ein.
    »Verdammte Scheiße, dem bleibt die Pumpe stehen«, äußerte Dr. Colbert konsterniert. Er starrte auf den Monitor, hielt den Nadelhalter immer noch in der Rechten, die Zange in der Linken.
    Dr. Goodman füllte die Spritze mühsam mit Lidocain, dann fiel ihm die Flasche aus der Hand und schlug auf den Boden, zerschellte in tausend Splitter. Er versuchte, das Zittern zu beherrschen und die Nadel in den Infusionsschlauch zu bekommen. Statt dessen stach er sich selbst in den Zeigefinger. Ein Blutstropfen quoll hervor. Aus dem Hintergrund tönte immer noch leise Rockmusik.
    Bevor Dr. Goodman das Lidocain in den

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