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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Bellows wagte keine Prognose. Vielleicht war sie im Augenblick nur zu beschäftigt, vielleicht auch zu ehrgeizig oder einfach zu intellektuell. Bellows wollte seine kostbare Freizeit jedenfalls nicht an eine kühle Puppe verschwenden.
    Und wie stand es mit ihm? Konnte er es sich zutrauen, mit einer weiblichen Intelligenzbestie fertig zu werden, selbst wenn es sich um ein liebevolles, sanftes Wesen handelte? Er hatte ein paar Affären mit Schwestern hinter sich, aber das konnte man wohl nicht vergleichen. Die Schwestern waren mit den Ärzten verbündet, gleichzeitig aber durch einen sozialen Graben von ihnen getrennt. Mit einer Ärztin hatte sich Bellows nie eingelassen, ebensowenig mit einer Ärztin in spe. Der Gedanke beunruhigte ihn irgendwie.
    Als Susan aus der Cafeteria kam, spürte sie zum erstenmal an diesem Tag, daß sie wieder ein Ziel hatte. Obwohl sie noch nicht wußte, wie sie das Problem des anhaltenden postnarkotischen Komas wirklich anpacken sollte, sah sie sich endlich vor eine Art intellektueller Herausforderung gestellt, der sie mit wissenschaftlichen Methoden und rationaler Denkweise begegnen konnte. Mit anderen Worten: Zum erstenmal an diesem verwirrenden und aufregenden Tag hatte sie das Gefühl, daß die beiden Studienjahre doch einen Sinn gehabt hatten. Sie benötigte zunächst medizinische Literatur aus der Bibliothek und Krankenblätter, insbesondere die Unterlagen von Nancy Greenly und Berman.
    Ganz in der Nähe der Cafeteria lag der Geschenkladen des Memorial, ein gemütlicher, gutbesuchter Ort, der von einer Gruppe charmanter älterer Damen in schmucken rosa Kitteln geleitet wurde, ein wahrhaft idyllischer Platz inmitten des geschäftigen Krankenhausgetriebes. Susan fand dort schnell, was sie brauchte: ein kleines schwarzes Ringheft. Sie steckte es in ihre Kitteltasche und machte sich auf den Weg in die Intensivstation. Ausgangspunkt ihrer Arbeit war der Fall Nancy Greenly.
    In der Intensivstation war alles beim alten. Nach der Aufregung herrschte wieder die gedämpfte Atmosphäre, und auch das Licht war in den früheren Dämmerzustand versetzt worden. In dem Augenblick, als sich die Tür hinter Susan schloß, spürte sie erneut Angst aufsteigen, wurde sie sich ihrer Unerfahrenheit und Hilflosigkeit bewußt. Wieder empfand sie den Drang, das Weite zu suchen, bevor irgend etwas passieren und ihr eine Frage gestellt werden konnte, auf die sie keine Antwort zu geben wußte. Aber sie blieb. Jetzt hatte sie wenigstens ein Ziel, das ihr etwas Selbstvertrauen gab, und außerdem brauchte sie das Krankenblatt von Nancy Greenly.
    Mit einem raschen Blick stellte sie fest, daß niemand an Nancy Greenlys Bett stand. Offensichtlich hatte sich der Kaliumspiegel stabilisiert, und das Herz schlug wieder normal. Die Krise war überstanden, und Nancy Greenly durfte in ihre dumpfe Ewigkeit zurückkehren.
    Wie unter einem Zwang trat Susan an ihr Bett. Sie hatte Mühe, ihre Gefühle im Zaum zu halten, um sich nicht wieder mit dem unglücklichen Geschöpf zu identifizieren. Als sie auf die Patientin hinuntersah, konnte sie kaum begreifen, daß es sich hier nicht nur um einen schlafenden Menschen handelte. Am liebsten hätte sie Nancy leicht an der Schulter geschüttelt, damit sie endlich aufwachte und sie mit ihr reden konnte.
    Statt dessen ergriff Susan vorsichtig ihr Handgelenk. Sie bemerkte die porzellanartige Blässe der leblos herabhängenden Hand. Susan überlegte. Paralyse durch Zellzerstörung im Gehirn? Da mußten doch eigentlich die peripheren Reflexe noch intakt sein, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad.
    Sie nahm, wie zur Begrüßung, Nancys Hand, beugte und streckte das Handgelenk. Dabei spürte sie keinerlei Widerstand. Jetzt beugte Susan das Gelenk mit mehr Kraft, bis Nancys Finger fast den Oberarm berührten. Kein Zweifel: Hier war ein Widerstand zu spüren, nur kurz, aber nichtsdestoweniger deutlich. Susan versuchte es mit dem anderen Handgelenk: dasselbe Ergebnis. Also war Nancy Greenly nicht hundertprozentig leblos. Susan konnte eine Art akademischen Triumphs nicht ganz unterdrücken.
    Sie suchte und fand einen Hammer zur Prüfung der Sehnenreflexe. Er bestand aus Hartgummi mit einem Griff aus rostfreiem Stahl. Abgesehen von ein paar Übungen mit ihren Kommilitoninnen hatte sie das Instrument bisher noch nie an einem Patienten erprobt. Etwas unbeholfen versuchte sie, durch Klopfen auf Nancy Greenlys rechtes Handgelenk einen Reflex zu erzeugen. Nichts. Sie beugte das Knie der Patientin,

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