Komisch - die Liebe
Mühe, die »verlorenen« Jahre aufzuholen,
die er auf die Familie verwandt hat.
Seine Frau Barbara hat mir immer gefallen. Die war in Ordnung, klug, unabhängig, stark. Zehn Jahre hat sie sich um Fabio gekümmert.
Sie war für ihn da, hat ihn in seiner Karriere unterstützt und die zwei Kinder aufgezogen. Sie hat das Familienunternehmen
zusammengehalten. Dann war, wie so oft, die Liebe am Ende. Barbara hat sich wieder mehr ihrem eigenen Job gewidmet, und nach
und nach haben sie sich voneinander entfernt. Fabio hat begonnen, sie zu betrügen. Sich nicht mehr zu kümmern. Hat nur noch
der Kinder wegen zu Hause gewohnt. Das ertrug sie nicht länger, und sie haben sich getrennt.
Fabio hat nicht darunter gelitten, es war das, was er wollte, aber ich finde, es war ein großer Fehler von ihm. Eine wie Barbara
findet er kein zweites Mal.
Ich unterhalte mich mit den Freunden, die ich sonst nie sehe. Die Stimmung ist gut. Die Musik ist gut, der Wein auch. Es liegt
eine ansteckende Fröhlichkeit im Raum. Ein gelungenes Fest.
»Und? Wie geht es dir so?« Ich hake ihn unter und spreche laut in sein Ohr.
Fabio sieht mich verschmitzt an. »Bombig!« Er zeigtauf ein ziemlich junges Mädchen, um die fünfundzwanzig. Eine wahre Schönheit. Sie tanzt zu
Dream Machine
von Mark Farina wie ein von der Bühne herabgestiegenes Go-go-Girl.
»Sie heißt Vanessa, war Volontärin im Büro und … Himmel, ich komme kaum mehr zum Schlafen. Sie ist einfach göttlich im Bett,
und ich lache mich immer halb tot mit ihr. Echt bombig …«
Fabio ist ein bisschen verblödet in letzter Zeit, aber ich mag ihn trotzdem.
»Bring doch Stella etwas zu trinken.« Er zeigt auf eine andere Fünfundzwanzigjährige, die aussieht wie einem Hochglanzmagazin
entstiegen.
»Sag ihr, dass du beim Fernsehen arbeitest …« Er zwinkert mir zu.
»Beim Fernsehen?« Ich sehe ihn erstaunt an.
»Vertrau mir, du wirst es nicht bereuen. Die Titten sind nicht echt, aber alles andere … Minimum bläst sie dir einen im Badezimmer.«
»Sie bläst mir einen?«
»Mann, ich war echt zu lang verheiratet.«
Er schüttelt bedauernd den Kopf, mit dem listigen Blick eines persischen Statthalters und dem verschlagenen Lächeln eines
brünstigen Satyrs.
»Ich war ein Riesentrottel. Du Glückspilz!«
Er sieht sich selig um. Wie ein Bär in einem Schwimmbecken voll Honig und Lachs.
»Geh zu Stella, ach was, ich bring sie dir her.«
Er schlägt mir auf die Schulter und geht zu ihr hinüber, flüstert ihr etwas ins Ohr und zeigt dabei in meine Richtung. Sie
sieht mich abwägend an. Lächelt. Fabio führt sie zu mir.
»Nino, darf ich dir Stella vorstellen?«
Ich halte der Spezie »Fernsehtier« die Hand hin. Michelin-Tittenund Lippen, die meiner Meinung nach auch nicht echt sind. Unter Fabios wachsamem und amüsiertem Blick lächele ich sie an.
»Hallo, ich bin Nino.«
Sie reicht mir eine schlaffe Hand, als sei auch die nur eine Latexprothese. Eine weiche Hand, ohne Sinn und Zweck.
»Hallo. Stella. Fabio hat gesagt, du arbeitest beim Fernsehen …«, sagt sie, ohne loszulassen.
Fabio zwinkert mir zu und entfernt sich. »Ich hole mal was zu trinken.«
»Rai oder Mediaset?«
»Wie bitte?«
»Wo arbeitest du? Was machst du? Kennst du Maria?«
»Welche Maria?«
»Maria!« Als sei sie ihre Schwester … »Maria De Filippi, die Moderatorin.«
Ich hasse Fabio.
»Ich bin ihr einmal begegnet …«
Das genügt schon. Sofort sieht sie mich mit anderen Augen an.
»Echt?! Und wie ist sie so? Ist sie wirklich so nett, wie alle sagen? Mein Agent hat gesagt, vielleicht stellt er mich ihr
mal vor!«
»Oh, gut, dann viel Glück …«
»Danke … Ich kann tanzen und singen. Und ein bisschen schauspielern. Ich hatte schon einmal einen Auftritt in einer Schweizer
Soap. Wollen wir was trinken?« Der Blick ihrer Augen verspricht Fellatio. Ich mag dieses Fernsehnymphchen nicht. Ihr Parfüm
ist eine Spur zu stechend.
»Ich komme gleich. Muss nur kurz auf die Toilette.« Sie sieht mich überrascht an. Überlegt, ob das eine Einladung sein soll,
mir zu folgen, oder nicht.
»Krieg ich auch einen Zug?«
»Aber nein, ich gehe nicht kiffen.«
Sie ist enttäuscht, aber nur eine Sekunde lang.
»Ich komme mit. Ich muss auch mal …« Sie hakt sich ein, und wir gehen los.
»Und wen kennst du sonst so?«
Ich hasse Fabio.
»Ich bin nur ein Externer. Ich versorge die Redaktionen mit Texten. Ich bin wenig in diesen Kreisen unterwegs.«
Nun hat Stella
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