Komisch - die Liebe
Luisa hört mir amüsiert zu. Das hat
sie noch nie erlebt, dass ein Vierzigjähriger sich bei ihr ausheult. Sie fragt nach, subtil, treffsicher und sehr weiblich.
Ich weiß nicht, warum ich mich ihr so anvertraue. Luisa flößt mir Vertrauen ein, und außerdem hatte ich mein ganzes Leben
lang noch nie eine Freundin. Entweder Liebschaft oder gar nichts. Ich bin ein heilloser Don Juan und die Verführung ist meine
zweite Natur, das kommt sozusagen von allein. Darin bin ich ein bisschen zwanghaft und kindisch … und auch ein bisschen ichbezogen.
Vor ein paar Jahren sagte mein Therapeut zu mir, ich suchte ständig nach Bestätigung, Anerkennung und Liebe, nur dann sei
ich zufrieden und bereit, mein Interesseauf ein anderes Objekt der Begierde zu verlegen. Vielleicht, weil ich mit »Brot und Tadel« aufgewachsen bin, wie Cristiana
gern zu sagen pflegte.
Die Frauen gefallen mir sehr, aber mit Luisa passiert etwas Komisches. Ich habe weder Lust, sie zu umwerben, noch, sie zu
besitzen.
Es ist anders, vielleicht, weil sie mir nicht gut genug gefällt, obwohl ich in meinem Leben auch schon hässliche Frauen umworben
habe, die wiederum keinerlei Interesse an mir zeigten. Ja, ich bin kindisch und zwanghaft.
Über all dem Erzählen vergesse ich meinen Knöchel und stehe unbedacht auf. Ein greller Schmerz durchzuckt mich, schießt bis
in meine Seele und versengt sie. Ich lande direkt und ohne lange Umwege durchs Fegefeuer in der Hölle. Ich brenne vor Schmerzen.
Schreie. Belle. Brülle. Jaule.
Ich fluche und stürze zu Boden.
Luisa wirft sich neben mich, um mir zu helfen.
»Bist du verrückt geworden?«
»Ja! Scheiße, tut das weh!«
Sie hilft mir beim Aufstehen. Ich bin schweißgebadet. Werde fast ohnmächtig. Ich setze mich auf das Sofa und schließe die
Augen. Ich bitte sie, mir noch eine Schmerztablette und einen Eimer Calvados zu bringen.
»Du kannst unmöglich Alkohol trinken mit den ganzen Schmerzmitteln, die du intus hast.«
»Ich kann …«
Nach einer Weile fühle ich mich besser.
»Und wann kommt deine Liebe zurück?«
Sie sagt es ganz unbeschwert, nur so zur Ablenkung. Mich hingegen treibt es von einem Schmerz in den nächsten.
»Übermorgen …«, erwidere ich matt.
»Ah … gut!« Sie lächelt mir zu. »Wird schon werden, so ähnlich, wie ihr euch seid.«
Liebe Luisa, ich finde dich wirklich nett, und bin ganz deiner Meinung. Meine Clelia ist mein Spiegel. Die gleichen Verhaltensweisen,
klar, auf weibliche Art, aber genauso ausweichend. Was will sie? Tja, wer weiß das schon? Vielleicht nicht einmal sie selbst.
Ich jedenfalls nicht.
Luisa verabschiedet sich, ich versuche, aufzustehen, aber lieber nicht …
»Bleib sitzen. Schaffst du es bis ins Bett oder muss ich dir auch dabei helfen?«
Ich lächele sie an wie ein tattriges, wackliges Großväterchen. Malad.
»Ich schaff das schon, ich schaff das schon. Danke, Luisa.« Na hoffentlich.
»Du hast Glück, Nino.«
»Glück?« Wo ich doch die Hölle in der Hölle erlebe.
»Es ist nicht leicht, jemanden zu treffen, in den man sich verlieben kann.«
Wir sehen uns eine Weile schweigend an. Wie heimliche Komplizen. Ein liebevoller, lächelnder Gleichklang. Eine sanfte Melancholie,
die uns umhüllt und uns verbindet.
»Es ist nicht leicht …«, wiederholt sie mit anrührender Traurigkeit.
So eine klasse Frau. Ich habe mich gar nicht nach ihr erkundigt, immer nur von mir geredet. Von mir und Clelia. Sie hat mir
zugehört wie ein treuer und unbestechlicher Schildknappe.
Entschuldige, meine Freundin, entschuldige. In deinen Augen sehe ich einen Schmerz, den ich kenne und wiedererkenne. Der auch
der meine ist.
Jetzt erst wird mir klar, warum ich dir mein Herz geöffnet habe und mich dir wie einer Schwester anvertraut habe. Turm. Schutzengel.
»Du hast gar nichts von dir erzählt …«
»Vielleicht ein anderes Mal.«
D er Knöchel ist noch immer geschwollen, doch es geht schon besser. Ich kann nicht Mofa fahren, habe aber gelernt, auf Krücken
zu laufen, und lasse mich im Taxi herumkutschieren. Kostspielig, aber bequem. Luisa ruft oft an und erkundigt sich besorgt
nach meinem seelischen und körperlichen Befinden. Sie ist beruflich außerhalb Roms. Alle sind weg, nur ich bin immer hier.
Hinkend und allein … Der Arzt hat gesagt, alles verheilt gut, in fünf Tagen kann ich die Stütze abnehmen. Von Clelia keine
Spur. Paff! Verschwunden. Ich weiß nicht, was mehr schmerzt, mein Knöchel oder mein Herz. Hm,
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