Komisch - die Liebe
Texte, dann:
»Wie hübsch sie ist! Sie könnte Sardin sein. Behandele sie nur ja gut, sonst verklage ich dich.« Sie spinnt total.
»Warum hast du deine Freundin nicht mitgebracht?« Das ist Giannis einzige Begrüßung. Ein voller Erfolg.
Ich hinke, bin hungrig und glücklich.
Ich bin King Kong auf dem Empire State Building.
Ich esse.
Ich esse und denke an sie.
A uf Zehenspitzen betrete ich das Auditorium. Ich habe präzise Anweisungen bekommen und halte mich daran. Sklavisch. Ich humpele
kaum noch. Ich, der ich außer der Hupe oder der Türklingel kein Instrument spiele, betrete wie ein altgedienter
professore d’orchestra
die modernste Konzerthalle Roms durch den Eingang, der normalerweise den Künstlern vorbehalten ist. Keiner hält mich auf.
Ich steige in den ersten Stock hinauf. Wende mich nach rechts. Getreu der Beschreibung laufe ich einen endlosen Flur entlang.
Komme an einer Bar vorbei. Gehe weiter. Endlich stehe ich vor Ivano, einem Bühnenmitarbeiter.
»Guten Tag, mein Name ist Nino Globi. Clelia Stelle hat gesagt, ich soll mich an Sie wenden und …«
»Ah ja. Kommen Sie. In etwa zehn Minuten machen sie Pause.«
Ivano ist nett. Wir drehen eine weite Runde. Wir betreten und verlassen kleine, mittlere und große Aufzüge, solche, in denen
Flügel transportiert werden. Wieder ein Flur. Man hört wildes Getöse, aber keine Musik.
»Die Pause hat gerade angefangen. Glück gehabt.«
Ivano öffnet eine Tür. Wir stehen im Santa-Cecilia-Saal, dem größten des gesamten Auditoriums. Hundertzwanzig Musiker in Bewegung.
Manche üben. Manche stellen ihr Instrument ab. Manche telefonieren. Manche gehen hinaus.
Clelia hat mich entdeckt.
»Danke, Ivano. Auf Wiedersehen.«
»Wiedersehen. Ach …«, fügt er an mich gewandt hinzu, »vergessen Sie nicht, Ihr Handy auszuschalten.«
Ivano geht, und Clelia bedeutet mir, auf die Bühne zu kommen. Ich fühle mich ein bisschen fehl am Platz. Ich war noch nie
bei der Probe eines so großen Orchesters. Erst schalte ich mein Handy aus, dann steige ich hinauf. Sie hakt mich unter. Nachdem
sie ihr Cello in den Kasten zurückgelegt hat, schlendern wir zu der Terrasse vor der Bar. Wir rauchen eine Zigarette.
»Wie geht’s?«, frage ich, während andere Musiker Kaffee trinken, rauchen und über die Symphonie reden.
»Totales Chaos. Der Dirigent unterbricht uns andauernd. Er ist nie zufrieden.«
Eine Kollegin von ihr kommt heran. Lebhafter Blick unter dunklen Locken. Wirkt nett und aufgeweckt.
»Nino, das ist Sara.«
Wir geben uns die Hand.
»Willkommen.«
Sympathisch, diese Sara.
»Sehr erfreut, was spielst du?«
»Cello.«
»Du auch?« Sara lächelt und geht nickend weiter. Dann stellt Clelia mir Lavinia vor, eine sehr sympathische Violinistin. Anita,
Kontrabassistin mit schelmischem und fröhlichem Blick. Diego, Cellist aus Neapel, Phlegma und Humor in Person. Elena, eine
hochgewachsene, hübsche Bratschistin. David, bärtiger Violinist mit Herz. Wir haben nicht einen Moment für uns. Im Nu ist
die Viertelstunde vorbei. Wir gehen in den Saal zurück. Sie nimmt wieder »ihren Guten« zur Hand.
»Setz dich irgendwo hin. Wir sehen uns später, um halb sechs.«
Ich fasse sie an der Hand und halte sie fest. Sie sieht mich an. Ich möchte sie küssen. Sie lächelt. Hat verstanden. Mit Blick
auf die anderen aus dem Orchester scheint sie sagen zu wollen: nicht hier …
»Viel Spaß bei der Arbeit.«
»Danke.«
Ich lasse mich auf einem Sitz etwas abseits nieder, während das Orchester Platz nimmt. Dann sehe ich mich um und wechsele
auf den Platz mit der besten Sicht. Die Musiker stimmen ihre Instrumente nach dem A der Ersten Geige. Von ihnen mal abgesehen,
bin ich allein im Saal. Wie wunderbar: Ein ganzes Orchester spielt nur für mich. Habe ich ein Glück! Der Assistent des Dirigenten
kommt und sagt ein paar Worte zum Orchester, dann erscheint der Chef persönlich, der Dirigent, Maestro Georges P., ein Achtzigjähriger
in Bestform. Neid …
Das Orchester der Nationalakademie Santa Cecilia spielt das Quartett in g-Moll für Klavier und Streicher von Johannes Brahms
in der Orchestrierung von Arnold Schönberg.
Eins, zwei, drei, vier …
Eine Bombe explodiert in meinem Herzen. Eine Welle der universellen Liebe durchflutet mich. Hebt mich hoch. Reißt mich mit.
Ich fühle mich wie ein Kind vor … keine Ahnung vor was, jedenfalls vor etwas ganz Großartigem. Ich bin in Ekstase. Es ist
das erste Mal, dass ich an einer
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