Komisch - die Liebe
keine Ahnung. Ich bin zu stolz,
um sie anzurufen. Eigentlich müsste sie gestern zurückgekommen sein.
Mittagspause. Tramezzino und Bier. Mann, ist das trist.
Burning in the Sun
von Blue Merle.
Um halb sechs kommt Luca. Fünf Minuten später erscheint Gianni mit einer Flasche Wein. Um Viertel vor sechs schneit Fabio
herein mit seinem Nymphchen, Vanessa. Um sechs kommt Luisa, ebenfalls mit einer Flasche Wein. Kurz darauf ist Paolo an der
Reihe. Dabei habe ich heute gar nicht Geburtstag. Komisch … aber schön. Als um Viertel nach sechs auch noch Alessandra auftaucht,
denke ich darüber nach, die Buchhandlung dichtzumachen und eine Bar zu eröffnen. Glücklicherweise kommen keine Kunden mehr.
Wer will die schon sehen?
Innerhalb einer Dreiviertelstunde ist Leben in die Bude gekommen, und in mich gleich mit. Alessandra verbrüdert sich mit Luca,
Luisa witzelt mit Paolo, Fabio unterhältsich mit Gianni. Das Nymphchen lächelt, etwas unsicher und ein wenig deplaciert.
Und ich mittendrin, unterhalte mich mit allen und genieße den Trubel und die Späße, die mir echt Laune machen. Gianni geht
los, um noch mehr Wein und mehr Gläser zu holen, Vanessa begleitet ihn. In der Zwischenzeit schäkert Fabio mit Luisa. Alessandra
teilt sich zwischen Paolo und Luca auf. Die beiden machen ihr scherzhaft den Hof und sie, ganz brave Anwältin, spielt ihr
Spiel mit und lenkt es. Paolo und Luca sind normalerweise viel ernstere Menschen. Aber Alessandra bringt sie immer wieder
zum Lachen. Fabio lässt Luisa nicht aus den Augen. Sie reden, reden, reden und lachen. Gianni kommt mit der eingehakten Vanessa
zurück, jetzt fühlt auch sie sich wohl. Sie haben Wurst und Käse mitgebracht. Man könnte meinen, dass alle sich schon lange
kennen.
Ich mittendrin, still und zufrieden. Ganz fasziniert von der Szene. Wie wunderbar. Was für eine Ansammlung von Irren. Eine
Horde Quatschköpfe. Ein liebenswerter Klüngel pflichtbewusster Pseudo-Erwachsener. Außergewöhnlich. Ich bin ein bisschen tatterig
vom Wein, von den Medikamenten, von dem wenigen Essen und von der Fröhlichkeit, und ich amüsiere mich wie ein Kind. Ich liebe
sie alle.
Ein Hoch auf meine Buchhandlung.
Um fünf vor sieben machen wir noch zwei Flaschen Wein auf, damit wären es sechs …
Was für ein Nachmittag.
Um Punkt sieben steht Clelia auf der Türschwelle mit einer Flasche Champagner, einem Rollkoffer und ihrem Instrumentenkoffer.
Was für ein Nachmittag …
I ch bin trunken vor Glück. Erst meine Freunde in der Buchhandlung und dann diese völlig unerwartete Überraschung. Ein Erscheinungsfest!
Wir sind in meiner Wohnung.
Crosstown Traffic
von Jimi Hendrix.
Clelia umsorgt mich wie das Abbild der lächelnden Krankenschwester, freut sich über meine fast alberne Begeisterung. Ich möchte
mit ihr tanzen. Einen Ringelreihen machen. Auf dem Bett herumhopsen. Hand in Hand umherlaufen. Stattdessen schlafen wir miteinander,
mit aller gebotenen Vorsicht. Ich bewege mich wenig. Sie ist es, die führt. Herrin meines Herzens, meines Körpers, meines
Lebens.
In der Buchhandlung war ich geplättet bei ihrem Anblick. Wie erschlagen. Elektroschock! Gebt mir noch einen! Schlagt mir mit
dem Knüppel auf den Knöchel! Feste! Fester!
Clelia war schön wie immer. Schön und schlicht. Luisa hat mir einen superfreundschaftlichen Komplizenblick zugeworfen und
beifällig gegrinst. Luca hat sofort alles begriffen und sich ins Fäustchen gelacht. Gianni bot ihr gleich etwas zu trinken
an. Vanessa beäugte sie irgendwie ehrerbietig, mit einem Anflug von Neid und einer Spitze Eifersucht. Paolo stellte sich ihr
galant vor. Alessandra begrüßte sie freundlich. Fabio sah mich mit einem Blick an, der zu besagen schien: »Alterfalterwasfüreinglückspilz
…«
Ich war in Ekstase, als sie sich zur Begrüßung herabbeugte und ganz besorgt fragte, was passiert sei. Allein ihren Duft einzuatmen,
ihr Parfüm, und ihr in die Augenzu schauen, ließ mich alles Unglück dieser Welt vergessen.
Wo warst du,
amore mio
? Wo, mein Wonnemonat Mai? Mein Weihnachten … Mein Wohl … Meine Clelia.
Als auch der Champagner geleert war, traten wir alle zusammen auf die Straße. Die anderen gingen zu Gianni etwas essen. Alessandra
hakte sich bei Paolo und Luca unter. Vanessa war unzertrennlich mit Gianni. Fabio und Luisa fassten einander um die Hüfte.
Wir zwei flogen im Taxi zu mir.
Adiós Nonino
von Piazzolla für Cello und Streicher, das von Mario
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