Komm her, Kleiner
sich vom gemütlichen Pandabären zum Panther mit Bundgröße 34 entwickelt. Ja, alle haben ihn geliebt. Gevögelt habe ich ihn allerdings alleine. Und schon war die Zeit der netten Gruppentreffen für mich vorbei – denn die anderen haben es mitbekommen. Und man sollte sich besser nicht mit einer Gruppe eifersüchtiger Frauen anlegen, die gemeinsam 1.247 Kilogramm auf die Waage bringen und Hunger haben. Da bekämpfe ich meine „Rundung“ lieber im Alleingang. There are some things a girl must do alone.
Stattdessen könnte ich versuchen, meinem derzeit drängenden Problem einen positiven Namen zu geben. „Frau braucht Schwanz“ klingt nicht sehr lebensbejahend. Zumal ich ihn ja nicht einmal für mich allein haben will, sondern für die Nation. Um genauer zu sein: Für 12,43 % der Nation zwischen 18 und 48. Denn die sehen viermal die Woche um 15:30 Uhr unsere erfolgreiche Daily-Soap Regentage, Sonnentage . Wir sind vor einem Jahr auf Sendung gegangen. Niemand hat an uns geglaubt – am wenigsten wir selbst, um ehrlich zu sein. Wer will schon eine Serie über die Bewohner eines Hamburger Mietshauses sehen? Gibt doch schon die Lindenstraße . Von GZSZ mal ganz zu schweigen.
Also haben wir angefangen, die Handlung ein bisschen anzuheizen. Ganz harmlos noch am Anfang. Damit wir aber von „Da gibt’s doch diese Soap im Zweiten?“ zu „Voll krass, haste gestern ReSo gesehen?“ aufsteigen konnten, musste sich unser knackiger türkischer Hausmeister Murat (gespielt von einem zypriotischen Griechen – unser Beitrag zur Völkerverständigung) einmal durch das ganze Haus vögeln – inklusive Mariella, die süße sechzehnjährige Tochter des Oberstudienrats Müller aus dem dritten Stock. Mariella (in Wahrheit Tatjana Brandstetter, 28) trieb die traumatische Defloration (sie erfuhr, dass Murat sie dabei für Eckbert Giesing gefilmt hatte, den schwindsüchtigen Philosophen aus dem Dachgeschoss) in die Drogensucht, was von den Zuschauern aber nicht besonders goutiert wurde, weswegen wir ihre Zukunft auf dem Kinderstrich zugunsten einer Einlieferung in die Psychiatrie mit anschließender Blitztherapie abkürzen mussten. Inzwischen denkt Tatjana übrigens über einen Ausstieg aus der Serie nach, um sich ganz ihrer Musikkarriere zu widmen.
Aber ich schweife ab.
Unser Erfolgsrezept ist einfach: Wo manche Serien soziale Aktualität beweisen, zeigen wir Sex und Intrigen. Wo andere Serien auf familientaugliche Unterhaltung setzen, zeigen wir Intrigen und Sex. Und während in fast allen Serien normal aussehende schlechte Schauspieler belanglose Geschichten erleben, bieten wir außergewöhnlich gutaussehende Schauspieler, die, man ahnt es bereits, Sex und Intrigen vortäuschen. Auch nicht besonders gut gespielt, aber quotentechnisch ein Hit. Wir hatten die ersten nackten Brüste, die vor 17:00 Uhr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen waren. Wir hatten die erste Geschlechtsumwandlung einer braven Hausfrau in einen knackigen Tangotänzer. Die erste Wiederbelebung eines Komapatienten durch Oralverkehr. Und nun brauchen wir den ersten harten Schwanz der deutschen Fernsehgeschichte. Folge 380, Titel: Da hab ich was eigenes . Angelina Müller (Mariellas Mutter, gespielt von Ellen Menger, 48, alkoholkrank – sieht man nicht –, geliftet – sieht man ein bisschen) eröffnet im Hobbykeller ihres Mannes einen Swingerclub. Und dort soll er seinen Schwanz zeigen, der gute Rambo Hartmann. Er hat einen Namen, wir haben ein Script, aber was uns fehlt, ist ein Schauspieler, der diese Gastrolle übernehmen will.
Der Agent von Til Schweiger war noch so freundlich, sich damit rauszureden, dass „der Til“ schon mal in einer Soap gespielt hat und das für ihn nicht mehr in Frage kommt. Andere Agenten waren weniger freundlich. Einige lachten sogar, wenn ich ihnen blumig ausmalte, dass ihre Klienten mit ihrem Gemächt Fernsehgeschichte schreiben könnten.
Nun waren wir unten. Ganz unten. Und selbst dort hat uns Carsten Spengemann noch abgesagt. Es ist ein Trauerspiel.
„Jetzt hilft nur noch eins“, reißt mich Karen aus meinen Gedanken. Sie stellt einen Pappbecher aus meinem bevorzugten Coffee-to-go-Laden vor mich auf den Tisch.
„Koffein wird uns auch nicht retten“, mutmaße ich und nehme einen Schluck. Cremiger Milchschaum, samtiger Espresso. Es gibt Leute, die halten Sex für eine Sünde. Oder zumindest edelherbe Schokopralinen. Ich hingegen habe meine Lieblingsleidenschaft gefunden: A double Latte to go.
„Nee, kein
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