Komm mit ins Abenteuerland
seiner schlimmen Kindheit oder seinen tiefen Gefühlen für das Land geahnt, das er vor so langer Zeit verloren hatte. Sie hätte ihn als humorlos und arrogant beschrieben, ohne zu ahnen, was für eine vielschichtige Persönlichkeit sich unter der harten Schale verbarg. Sie hätte nicht gewusst, wie schnell und unerwartet sein Lächeln ihn in einen ganz anderen Menschen verwandeln konnte.
In einen liebenswerteren und beunruhigend attraktiven Menschen.
"Können wir bestellen?"
Tyes Stimme schreckte Lizzy aus ihren Gedanken. "Hm noch nicht", erwiderte sie leise und versteckte das Gesicht hinter der Speisekarte. Die Buchstaben tanzten vor ihren Augen.
Sie musste sich in den Griff bekommen! Lizzy versuchte angestrengt, die stilisierte Schrift auf der Speisekarte zu lesen. Ihr brannten die Wangen. Für jeden, der sie beobachtete, musste es so aussehen, als hätten Tye und sie ein Rendezvous. Doch sie wusste es ja besser, oder?
Einen Moment lang erlaubte sie sich, darüber nachzudenken, wie es wohl aussehen würde, wenn es wirklich ein Rendezvous wäre, wenn sie hier wäre, weil Tye sie attraktiv fand und in seiner Nähe haben wollte. Dann verscheuchte sie das Bild, denn es war alles andere als überzeugend. Eine normale junge Frau wie sie würde niemals zu seinem Lebensstil passen.
Tye war nicht an ihren blauen Augen interessiert. Er wollte nur wissen, ob sie sich für diesen geheimnisvollen Job eignete. Die Umgebung war zwar romantisch, wie Lizzy sich ins Gedächtnis rief, aber dies hier war ein Bewerbungsgespräch, und sie tat gut daran, es nicht zu vergessen.
Es zu vergessen war allerdings nur zu leicht. Draußen spiegelten sich die Lichter des Hafens im dunklen Wasser, Tye saß ihr gegenüber und drehte sein Glas gedankenverloren zwischen den Fingern. Alles erschien ihr so unwirklich.
Vielleicht lag es an dem Champagner, den sie vorher getrunken hatte, jedenfalls blieb sie von allem unberührt. Die anderen Gäste nahm sie nur noch nebenbei war.
Der Ober servierte die verschiedenen Gänge, und das Essen sah köstlich aus.
Später konnte Lizzy sich jedoch nicht daran erinnern, was sie gegessen oder worüber sie geredet hatten.
Es war, als würden zwei Lizzys am Tisch sitzen: eine, die aß, trank und sprach, und eine andere, die den Puls an seinem Hals wahrnahm, die Konturen seiner Wangenknochen und die Art, wie Tye mit dem Stiel seines Weinglases spielte. Ein Prickeln tief in ihrem Inneren wurde immer intensiver, bis sogar die erste Lizzy, die strahlende, gesprächige Lizzy, die betonte, wie hervorragend das Essen sei, zu stocken begann. Mitten im Satz verstummte sie, weil ihr Blick auf seinem Mund oder seinen Händen ruhte. Das Prickeln wurde stärker, und sie verlor den Faden, überwältigt von der Erinnerung an Tyes Berührung.
Lizzy war erleichtert, als Tye um die Rechnung bat. Draußen atmete sie tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen. Sie hatte zu viel Wein getrunken, das war alles. Tye, der seine Kreditkarte wieder in die Jacke steckte, sah sie an.
"Sind Sie okay?"
„Ja, ja, mir geht es gut." Die frische Luft machte keinen großen Unterschied.
"Ich dachte gerade, was für ein wundervoller Abend es ist."
Er blickte zu dem bewölkten Himmel hinauf.
"Es regnet nicht", erklärte sie trotzig.
"Stimmt." Er klang amüsiert. "Sollen wir ein paar Schritte gehen?"
Lizzy schluckte. "In Ordnung."
Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf ihre Schuhe. Stirnrunzelnd betrachtete Tye die Federn und die hohen Absätze. "Können Sie darin laufen?
Vielleicht sollten wir lieber mit dem Auto fahren."
"Nein", antwortete sie schnell. Zu schnell. "Das geht schon. Ich würde gern laufen."
Ins Auto zu steigen würde bedeuten, dass der Abend fast vorbei wäre. Sie beobachtete, wie Tye zu der Limousine ging und den Chauffeur bat zu warten.
0h Lizzy, sagte sie sich seufzend, sei nicht dumm! Dies ist ein Bewerbungsgespräch. Ein Bewerbungsgespräch. Ein Bewerbungsgespräch, betete Lizzy sich vor, als sie neben ihm herging. Verzweifelt sehnte sie sich danach, ihn anzufassen, ihn zu sich zu drehen, so dass sie die Hände über seine Arme zu seinen Schultern gleiten lassen und seinen Kopf zu sich herunterziehen konnte. Um der Versuchung nicht nachzugeben, verschränkte sie die Arme und sah starr geradeaus.
Tye war in Gedanken versunken und hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben. Lizzy begann sich zu fragen, ob er sie vergessen hatte, doch plötzlich blieb er stehen und blickte sie an.
„Wie geht's den
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