Komm mit mir nach Kreta
berührt. Dieses Bild hatte sich seinem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt.
„Hier ist Kaffee“, sagte er schroff und zeigte auf den Tisch.
Sie ließ sich auf einen Stuhl sinken und nahm den Becher, den er für sie vorbereitet hatte, in beide Hände. „Danke.“
„Ich muss sofort mit Christina Liakos sprechen“, erklärte Costas noch einmal ungeduldig den Anlass seines Besuchs. „Wie kann ich mich mit ihr in Verbindung setzen?“
„Können Sie nicht. Und sie heißt nicht mehr Liakos. Ihr Name ist Paterson. Wer sind Sie?“
„Costas Palamidis.“ Er machte eine Pause, wartete auf ihre Reaktion, doch ihre Miene blieb ausdruckslos. „Ich habe eine dringende Angelegenheit mit Mrs. Paterson zu besprechen.“
„Palamidis“, murmelte sie. „Ich kenne den Namen …“
Aber offensichtlich hatte die Feierei der vergangenen Nacht ihr Erinnerungsvermögen getrübt. Costas Nerven waren zum Zerreißen gespannt. So kam er nicht weiter. „Hören Sie, ich komme gerade aus Athen und muss unbedingt mit Mrs. Paterson sprechen.“ Dass es für ihn um Leben und Tod ging, verschwieg er. Es war zu privat, als dass er es einer Fremden erzählen wollte.
„Athen? Dann waren Sie also der Typ am Telefon!“
Er sah, wie sich ihre Verwirrung jäh in Wut verwandelte. Sophie setzte ihren Becher so hart auf dem Tisch auf, dass der Kaffee überschwappte.
„Sie haben die Nachrichten auf den Anrufbeantworter gesprochen.“
„Nachrichten, auf die ich niemals einen Rückruf erhalten habe …“
„Jetzt weiß ich, wer Sie sind!“ Ihr Stuhl kippte um, als sie aufsprang. „Sie Mistkerl! Ich will, dass Sie gehen. Sofort!“
Costas blieb ungerührt stehen. Die junge Frau schien nicht zurechnungsfähig zu sein. Aber sie war nun einmal seine einzige Spur zu Christina Liakos. Und um sie zu erreichen, würde er sogar mit dem Teufel Geschäfte machen. „Ich gehe nirgendwohin. Ich bin gekommen, weil ich mit Christina Liakos sprechen will – oder Paterson, wie sie jetzt heißt. Und ich bleibe hier, bis ich genau das tun kann.“
Erstaunt beobachtete er, wie ihr zorniger Blick plötzlich leer wurde, als würde sie unter Schock stehen. Dann verzerrte sich ihr Gesicht vor Qual. Ein überreiztes Lachen erfüllte ihn mit bösen Vorahnungen.
„Tja, da werden Sie lange warten müssen, Mr. Palamidis. Ich habe meine Mutter gestern beerdigt.“
2. KAPITEL
Durch einen Schleier brennender Tränen starrte Sophie in ihren Kaffeebecher. Wenn sie gewusst hätte, wer ihr Besucher war, hätte sie ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Wie konnte er es wagen, am Tag nach der Beerdigung ihrer Mutter hier aufzutauchen? Wütend versuchte Sophie, die Tränen zu unterdrücken. Er sollte sie auf gar keinen Fall weinen sehen. Ihr Kummer war so groß, dass sie ihn sowieso mit niemandem teilen konnte, und schon gar nicht mit einem so gefühllosen und rücksichtslosen Mann wie ihm. Sophie unterdrückte den Impuls aufzuspringen, ihn anzuschreien und mit ihren Fäusten auf ihn einzuschlagen.
Aber was würde es nützen? Ihre Mutter war tot. Und nichts konnte sie wieder zurückbringen.
Sophie holte mühsam Atem und blickte auf. Seine dunklen Augen hatten sich geweitet vor Verwirrung. Nein, nicht Verwirrung. Vor Entsetzen. Costas Palamidis sah aus, als habe er gerade den größten Schock seines Lebens erlitten. Er war blass geworden, sein Gesicht wirkte verzerrt, und Sophie konnte sehen, wie sein Kiefermuskel zuckte.
„Es tut mir leid“, brachte er schließlich gepresst hervor. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich Sie nicht gerade heute belästigt.“
„Sie wären zu keiner Zeit willkommen gewesen“, entgegnete Sophie unverblümt. Der Mann besaß tatsächlich die Unverfrorenheit, ihr jetzt noch sein Beileid auszudrücken, jetzt, wo alles zu spät war? Wieso hatten sie sich nicht früher gemeldet, als ihre Mutter noch lebte?
„Wie bitte?“
„Ich will Ihre Entschuldigung nicht, und ich will Ihr Beileid nicht. Ich will überhaupt nichts von Ihnen.“
Er runzelte die Stirn. „Ich verstehe, dass Sie trauern …“
„Nichts verstehen Sie“, fuhr Sophie ihn an. „Sie widern mich an mit Ihrer überheblichen Miene. Verlassen Sie sofort mein Haus, und ich will Sie nie mehr wiedersehen.“
„Wenn ich könnte, würde ich gehen, aber ich kann nicht. Ich bin wegen einer wichtigen Familienangelegenheit hier.“
„Familienangelegenheit?“ Ihre Stimme überschlug sich bei dem Wort. Wie konnte er nur so herzlos sein? „Ich habe keine
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