Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
kannst, so ist es doch immer.
Sie streiten ständig.
Und Minna hat ständig schlechte Laune. So wie heute. Liegt auf der Decke, versteckt sich hinter der Sonnenbrille und kriegt den Mund nicht auf – außer um Stephanie Anweisungen zu erteilen. Den ganzen Tag schon musste sie auf Gemma aufpassen. Geh mit ihr ans Wasser, geh mit ihr schwimmen, hol ihr ein Würstchen bitte ohne Ketchup, danke steck es in ein Brötchen, so mag sie es am liebsten, geh mit ihr zum Eiswagen, achte darauf, dass sie eingecremt ist und den Sonnenhut trägt, und während der ganzen Zeit liegt Minna auf der Decke. Zum ersten Mal an diesem Tag kommt Stephanie dazu, sich hinzulegen und einen Blick in ihre Zeitschrift zu werfen.
Am liebsten würde sie sagen: Gemma ist deine verdammte Tochter. Sie sagt es in Gedanken, und ihr ganzer Körper versteift sich vor Freude. Freude und Scham.
Denn sie liebt Gemma. Wirklich. Sie liebt es, wenn Gemmie ihr überallhin nachläuft, Fragen stellt, sie aus dunklen, ernsten Augen prüfend ansieht. Aber Minna lässt sie dauernd allein. Steph, passt du bitte auf Gemma auf, ich muss mal kurz weg.
Ich muss mal kurz weg. Ich muss mal kurz weg. Ich muss mal kurz weg.
Gemma. Unser Nesthäkchen. Sie hatte gehört, wie Minna das gesagt hatte, laut gelacht hatte sie nach ein paar Gläsern Wein, als die Pattersons und Mr. Black zum Grillen zu Besuch waren. Es hatte schroff und seltsam unpassend geklungen, so als habe sie Gemma nie gewollt. Und Stephanie weiß, sie selbst kam nur sieben Monate nach Minnas und Daves Hochzeit zur Welt. Bedeutete das, dass sie auch ungewollt war?
Sie hat dich nie gewollt, sie hat nie Zeit für dich, sie braucht dich nur als Babysitter. Das ist nicht fair. Es ist nicht fair.
Minna fühlt, wie ihr eine Mischung aus Schweiß und Sonnenmilch über die Arme und in die Brustfalte läuft. Sie trägt ihren neuen Bikini. Schwarz. Sie liegt auf dem Rücken ausgestreckt. Der Bikini sieht im Liegen besser aus. Sie hat ein Modell mit hoch geschnittenem Höschen gewählt. Verdeckt die Schwangerschaftsstreifen.
Nicht, dass sie viele davon hätte. Sie ist noch ganz gut in Form für eine, die vier Kinder zur Welt gebracht hat, und sie ist noch gar nicht so alt, knapp über dreißig. Nicht viele Frauen in ihrem Alter haben Kinder zwischen vier und vierzehn. Stephanie hatte sie kurz nach ihrem neunzehnten Geburtstag bekommen. Zu jung war sie gewesen. In dem Alter glaubt man, alles zu wissen, man glaubt, man sei verliebt. Dann kamen die anderen hinterher, sie hatte nie gelernt, sich in der Hinsicht besser zu schützen. Keine der Schwangerschaften war geplant gewesen. Nicht, dass sie die Kinder zurückgeben wollte.
Er sitzt da drüben. Mit der anderen. Er legt eine Hand auf Lisas Schulter, beugt sich zu ihrem Ohr hinunter, sagt irgendwas. Lisa packt Essensreste in den Picknickkorb. Sie steht auf, schüttelt die Decke aus, faltet sie anschließend zusammen. Sie trägt einen gelben Bikini mit weißem Gänseblümchenmuster. Lisas Beine sind lang, bleich und dünn, ihre Hüfte ist schmal, die Brüste klein.
Er kniet sich hin, sammelt Bierdosen ein und steckt sie in eine Plastiktüte. Er richtet sich auf, wirft einen Blick über seine Schulter, schiebt sich die Sonnenbrille ins Haar. Er sieht sie direkt an. Wirft ihr ein flüchtiges Lächeln zu. Sie spürt ein Kribbeln, und wie die Wärme sich auf ihrer Haut ausbreitet.
Gestern Abend. Denkt er an gestern Abend?
Gleich da hinten, direkt neben der Wiese, wo die Jungs gerade Kricket spielen. Unter den Kiefern. In seinem Auto. Dave war bei einem Meeting. Dave muss immer zu irgendwelchen Meetings. Was erwartet er? Lässt sie Abend für Abend allein, spricht nicht mit ihr, hört nicht zu, rutscht zweimal pro Woche über sie rüber – was erwartet er?
Das Auto versteckt, zwischen den Bäumen geparkt, ihr Slip auf der Fußmatte, den geöffneten BH um den Hals, rittlings auf ihm, auf der Rückbank. Oh, oh, mein Gott.
Sie hatte es nicht darauf abgesehen. Dave hatte ihn angeschleppt. Dave macht beim Schulkomitee mit, Dave ist überall dabei. Minna lag auf der Gartenliege, und Gemma spielte in der Sandkiste, als er mit Ed durchs Gartentor spazierte. Neuer Lehrer, frisch zugezogen, kennt hier keine Seele, macht doch nichts, wenn wir einen Gast zum Essen haben, oder, Min? Ed schaute einmal kurz herüber, dann ein zweites Mal, länger, und grinste schließlich.
Minna, als ich dich zum ersten Mal sah, dachte ich: Was für eine unglückliche Frau. Und mein zweiter
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