Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
füllen. Wie süß! Die kleine Patterson ist blass, hat hellblaue Augen und weißblondes Haar. Gemma ist ein viel dunklerer Typ. So ein nettes kleines Mädchen. Sie hat eine weiche, verhuschte Stimme und mustert jeden Fremden verträumt, um dann zögerlich zu lächeln, so als hätte sie einen verloren geglaubten Freund wiedergefunden. Sie sieht aus wie ihre Mutter. Davon abgesehen, dass man Minna kaum jemals lächeln sieht.
Ein paar Kinder haben sich abgesetzt und sind drüben auf der Wiese vor dem Kiefernwäldchen, wo die Toiletten und die Umkleiden stehen. Hauptsächlich ältere Jungen, die Kricket spielen; sie müssen für das Turnier im Januar üben. Und dann sind da noch die Kinder, die ihre Angst vor dem Wasser verheimlichen wollen, und ein paar ganz kleine, die den älteren hinterhergetrottet sind und nun beim Kricket zuschauen. Schließlich noch jene zwei oder drei, die bei den anderen unbeliebt sind und sich jetzt zwischen den Bäumen herumdrücken. Casey Wilson zum Beispiel. Liest einen Stein auf und schmeißt ihn auf einen der Spieler, sobald er sich unbeobachtet fühlt. Hat noch nie dazugehört, der Junge. Mit dem stimmt irgendwas nicht.
Zuerst ist es nur ein gedämpftes Geräusch, ein dumpfes Rasseln. Aber dann wird es lauter, steigert sich zu einem sirrenden Knurren, bis man ihn endlich sieht. Ein zweisitziger Doppeldecker, cremeweiß mit sonnengelber Trimmung, steigt hinter den Bergen auf, zieht über den Himmel, geht über dem See in den Sinkflug. Die Kinder zeigen und rufen, die Erwachsenen schirmen die Augen mit einer Hand ab und blinzeln hinauf.
Dann stürzt es. Fällt wie ein Stein vom Himmel.
Man kann das veränderte Motorengeräusch hören. Das Flugzeug taucht hinunter. Die Kinder schreien, ein paar fangen zu weinen an, und die älteren Jungs lassen die Kricketschläger fallen und rennen los, sie rennen hinunter zum See. Aber da fängt der Doppeldecker sich, durchpflügt mit erhobener Nase und versenktem Heck die Wasseroberfläche und zieht ein riesiges, spritzendes, schaumiges V hinter sich her.
Einer der Kleinsten schreit es heraus das Flugzeug ist fallen, Mummy, das Flugzeug ist fallen und alle lachen, denn es war doch kein Unfall, alles ist in Ordung. Die zwei Männer im Flugzeug kommen winkend heran, und alle winken zurück. Für geschlagene dreißig Minuten oder noch länger schippern sie über den See, heben ab, verschwinden hinter der Bergkuppe, tauchen wieder auf, landen, starten wieder, landen, starten. Bis die ersten Familien aufbrechen. Es ist schon fast fünf Uhr, Wind kommt auf, Würstchen und Hähnchenteile sind fertig die Kinder werden müde, wie wäre es, wenn wir noch was essen und dann nach Hause fahren?
Als das Flugzeug kam, haben Stephanie Anderson und ihre Mutter Minna kaum den Kopf gehoben. Sie liegen auf der schwarz-weiß gemusterten Picknickdecke, schweigend und mit möglichst großem Abstand voneinander. Stephanie hat sich den ganzen Tag so was von gelangweilt. Sie wollte nicht herkommen, sie geht inzwischen auf die Highschool, keine ihrer Freundinnen ist hier. Mary-Anne hatte sie ausgelacht, als sie von dem Ausflug erfuhr. Aber Dad hatte darauf bestanden, dass sie mitging, Mum würde Hilfe mit Gemma und den Jungs brauchen das wird ein super Tag, ein Familienausflug, nicht wahr, Steph? Am liebsten hätte sie gefragt: Was ist mit dir, warum kommst du nicht mit, wieso bist du nie dabei, wo dir die Familie so verdammt wichtig ist?
Ein tolles Wort. Niemand sonst sagt verdammt; damit fühlt sie sich anders, erwachsen. Eigentlich wollte sie heute mit Mary-Anne abhängen, einen Film gucken, eine Gesichtsmaske auftragen, sich die Fingernägel lackieren. In die Stadt gehen, Klamotten anprobieren, Jungs beobachten. Spaß haben. Jungs stehen auf Mary-Anne. Mary-Annes Augen blitzen, ihr Lachen ist laut und frech. Stephanie will bei ihr sein, bei den Freundinnen, statt hier beim Schulausflug zwischen lauter Kindern festzusitzen. Sie ist fast erwachsen, warum muss sie ständig tun, was Minna und Dave ihr vorschreiben, warum kann sie nicht ihr eigenes Leben leben? Sie kann es nicht erwarten, von hier wegzukommen. Wanaka ist das Letzte.
Warum ist Dave nicht mitgekommen? Warum kommt er nie mit? Tut mir leid, Schatz, diesmal schaffe ich es nicht. Sie hatte ihn und Minna belauscht. Seine Stimme klang gepresst, ihre laut und schrill. Ich verstehe einfach nicht, warum du ausgerechnet am Tag des blöden Schulpicknicks Hausbesichtigungen machen musst, aber tu, was du nicht lassen
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