Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
daran glaubt.
Sie will nicht hier sein; das Haus der Peters stinkt ekelhaft nach gebratenen Zwiebeln und Fensterreiniger, außerdem kann sie Mrs. Peters nicht leiden. Sie konnte Mr. Peters noch nie leiden, und Mrs. Peters auch nicht, die gerade das Gesicht zieht, das Erwachsene immer ziehen, wenn sie so tun, als hofften sie auf das Beste, während sie sich in Wahrheit schrecklich wichtig fühlen, weil sie etwas Furchtbares aus allernächster Nähe erleben.
Stephanie sitzt auf dem Sofa und ist vom Warten stocksteif. Warten darauf, dass das Telefon klingelt, dass irgendwer hereinkommt und ihnen erklärt, alles sei nur ein Missverständnis und Gemma wohlauf. Aber nichts geschieht. Jonny und Liam sehen fern und lachen sich kaputt, sind laut und albern, aufgegeigt sagt Minna dazu. Sie springen auf dem Sofa herum und hauen sich. Mrs. Peters verbietet es ihnen nicht. Sie gibt ihnen Kuchen und Eis. Immer wieder geht sie zur Terrassentür, zieht die weiße Gardine mit der Spitzenborte zur Seite und späht hinaus. Stores. So nennt man diese Vorhänge. Stores. Minna lacht über Leute mit Stores. Oh, wo ist Gemma? Was ist los, wo ist sie?
Stephanie sitzt auf Mrs. Peters’ Sofa mit dem hässlichen braun-weißen Schachbrettmuster und wartet, die Arme eng um den Leib geschlungen. Ein nie erlebtes Gefühl macht sich in ihr breit, eine quälende, lähmende Angst. Irgendwann hören die Jungs auf zu lachen, zu toben, sich zu schlagen und Wann kommt Mum, wo ist Dad? zu fragen. Sie schlafen auf den Sesseln ein und werden von Mrs. Peters zugedeckt.
Nur Stephanie kann nicht schlafen. Sie starrt in den flimmernden Fernseher. Ihre ausgetrockneten Augen schmerzen. Mrs. Peters sieht sie immer wieder an, wirft ihr über die Stricknadeln hinweg Blicke zu alles in Ordnung, Liebes? Sicher, dass du nichts essen möchtest? Wie wäre es mit etwas zu trinken, möchtest du dich nicht lieber hinlegen?
Aber sie kann nicht schlafen. Es geht nicht. Nicht solange Gemma verschwunden ist. Und erst lange, lange nachdem es draußen dunkel geworden ist, als der Himmel schon schwarz ist, steht Dave vor der Tür und schaut herein. Mrs. Peters springt auf und läuft durchs Zimmer. Unter der Außenlampe stecken sie die Köpfe zusammen und tuscheln, und als sie hereinkommen, wirkt Daves Gesicht ernster, als Stephanie es je gesehen hat. Er lässt den Blick über die Jungs und Stephanie schweifen, und als er sieht, dass sie noch wach ist, versucht er zu lächeln.
»Stephanie, Schätzchen, kannst du Liam tragen? Ich nehme Jonny. Wir bringen die Jungs nach Hause.«
Sie muss die Frage stellen, auch wenn sie die Antwort längst weiß. »Dad, was ist mit Gemma?«
»Keine Neuigkeiten, Süße. Aber ich bin mir sicher, dass es nicht mehr lange dauert.«
Er versucht, so zu klingen, als sei alles in Ordnung. Sie merkt es an seiner Art, gleichmäßig und leise und langsam zu sprechen. Auf der Fahrt nach Hause sagt sie nichts, starrt nur aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus. Sie weiß, Gemma ist irgendwo da draußen. Manchmal wacht sie mitten in der Nacht auf und findet Gemma neben sich, die Arme fest um Stephanies Taille geschlungen, den kleinen, überhitzten Körper an Stephanies Rücken gepresst, die Nase an Stephanies Wirbelsäule. Stephanie kann ihren schnaufenden Atem hören, spürt ihn am Rücken.
Lass es ein Missverständnis sein, lass sie zu Hause sein. Ich werde nie wieder jammern, weil ich auf sie aufpassen muss. Wenn sie nur wieder da ist.
Aber zu Hause ist nur Minna. Ihr Blick ist trüb, ihr Gesicht starr und ausdruckslos. Sie nimmt Stephanie Liam ab, drückt ihn fest an sich und folgt Dave, der Jonny auf dem Arm hat, ins Kinderzimmer. Stephanie setzt sich. Sie sieht sich im Wohnzimmer um, betrachtet die Fotos an den Wänden, die Vasen und Bücher im Regal, den blauen Stuhl mit dem roten Sitzkissen, der in der Ecke steht. Sie kennt alle Gegenstände, aber es ist, als würde sie sie nicht wiedererkennen, als gehöre sie nicht hierher, als sei sie versehentlich in ein fremdes Wohnzimmer geraten.
Dave und Minna kommen zurück. Sie stellen sich nebeneinander an den Kamin und sehen Stephanie an. Sie beobachtet ihre Gesichter und wartet darauf zu erfahren, was als Nächstes passieren wird. Aber ihre Eltern sagen nichts, schicken sie nicht einmal ins Bett. Dann berührt Dave ganz sanft Minnas Schulter, durchquert das Wohnzimmer, öffnet die Terrassentür und verschwindet in der Dunkelheit.
Minna sollte sich jetzt zu ihr setzen und ihr das Haar aus
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