Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
seine Gegenwart. Und er sah so gut aus. Aus Angst, er könne ihre Gedanken lesen, versuchte sie sich auf etwas anderes zu konzentrieren. So langsam stieg ihr der Alkohol zu Kopfe, sie musste aufpassen, was sie sagte, ihm nur das Nötigste erzählen und das Thema wechseln.
Sie trank den letzten Schluck Wodka und stellte das Glas aufs Tablett.
»Leider können wir noch nicht nachweisen, dass er am Tatort war. Ist alles ein wenig enttäuschend.«
»Tut mir leid, dass ich euch nicht helfen konnte«, sagte er mit einem Schulterzucken. »Ich habe den Mann einfach nicht erkannt.«
»O, keine Sorge. Du kannst ja nur sagen, was du gesehen hast. Aber... na ja, wir glauben, dass wir ihm eine Verbindung zu zwei anderen Morden nachweisen können.« Sie hörte sich reden, ohne dass sie es wollte.
»Was ist mit dem letzten Mord? In der Zeitung habe ich gelesen, dass unten am Kanal ein Mädchen ermordet wurde. Hat das mit eurem Fall zu tun?«
»Ja. Ja, hat es.« Sie atmete tief durch, sie war überrascht, dass er den Zusammenhang hergestellt hatte. Soweit sie wusste, hatten die Medien das bisher nicht getan. Stopp jetzt. Genug erzählt. Wechsel das Thema. Aber ihr fiel nichts ein, was sie sagen konnte. Ihr war ein wenig schummrig.
Er nahm die kleine Wodkaflasche aus dem Eiskübel. »Noch einen für den Weg?«
Sie zögerte, dann hielt sie ihm das Glas hin. »Warum nicht.«
»Du bist auf den Geschmack gekommen, wie? Gut so«, lachte er und füllte beide Gläser nach. Sie stießen an. »Diesmal aber auf ex.«
Sie tat, wie ihr geheißen, obwohl sie sich plötzlich sehr betrunken fühlte. Sie beugte sich vor, um das leere Glas aufs Tablett zu stellen, dabei fasste sie daneben und warf es um. »Entschuldige.«
Er stellte das Glas wieder auf. »Kein Problem.«
Aus irgendwelchen Gründen schlug der Alkohol stärker an als gewöhnlich. Hatte sie denn so viel getrunken? Im Grunde nicht. Wodka auf Champagner. Das war es. Dumme Idee. Kein Wodka mehr. Vielleicht sollte sie ihn bitten, jetzt das Taxi zu rufen. Aber sie kam sich so albern vor. Er würde sie für ein dummes kleines Mädchen halten, das keinen Alkohol vertrug. Bestimmt würde es ihr in einer Minute wieder besser gehen, oder sie könnte ihn um ein Wasser oder einen Kaffee bitten.
Sie spürte, wie er ihr sanft die Schulter streichelte.
»Und wenn ihr nichts findet, was macht ihr dann?«, fragte er. »Behaltet ihr ihn einfach weiter im Auge?«
Sie nickte und musste sich anstrengen, die Augen offen und die Gesichtsmuskeln unter Kontrolle zu halten. Er musterte sie eindringlich. Wahrscheinlich hatte er gemerkt, dass sie betrunken war. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht schlecht von ihr dachte. Seltsam war nur, dass er ungefähr genauso viel getrunken hatte wie sie. Aber er war ein Mann. Viel größer. Lag alles an der Körpermasse.
»Welche Beweise habt ihr gegen ihn?«, fragte er.
Sie antwortete automatisch. »Das ist das Problem. Na ja … im Grunde haben wir nicht viel in der Hand.« Sie hörte selbst, dass sie lallte.
Er schüttelte langsam den Kopf, nahm die Brille ab, klappte sie gewissenhaft zusammen und legte sie neben sich aufs Sofa. »Nein, das glaube ich auch.«
Sie betrachtete ihre Füße und kicherte. Sie konnte nicht aufhören, auch wenn es eigentlich nichts zu lachen gab. »Einen Dreck haben wir.«
Er starrte sie einen Augenblick lang an, dann sagte er: »Du hast nicht die geringste Ahnung, stimmt’s?«
Es waren nicht nur seine Worte, die ihr ins Mark fuhren und sie veranlassten, mühsam die Augen zu heben und ihn anzusehen. Es war seine Stimme. Sein Ton war kalt und fremd, und sie zog die Stirn in Falten und versuchte sein Gesicht zu erkennen. Sie sah einen völlig anderen Menschen vor sich. Einen Fremden. Sein Gesicht hatte sich verändert, hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verformt. Was sie da sah, machte ihr Angst.
»Wie meinst du das, keine Ahnung?«
»Na ja. Die Lösung lag die ganze Zeit vor eurer Nase, und ihr habt nichts geschnallt.«
Trotz des dichter werdenden Nebels in ihrem Hirn begriff sie, was hier geschah.
»Du bist es … stimmt’s?« Sie hatte Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen. »Du bist Tom.« Sie wollte aufstehen, aber ihre Arme und Beine versagten ihr den Dienst.
Sie spürte, wie er sie bei den Handgelenken packte und zurück aufs Sofa zog. »Spar dir die Kraft. Du bleibst hier.«
Sie wusste, dass sie keine Chance hatte gegen ihn. Sie kam sich vor wie unter Narkose, sie hatte keine Kontrolle mehr über ihren
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