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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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ihn auf der Flucht in Tirol, knapp vor der Grenze nach Italien. Der hat sich aus dem Staub machen wollen, wie die Wiener Polizei damals seine Überwachungsanlagen gefunden hat. Und das glaubt kein Mensch, der hat in einem Wohnblock mit über hundert Wohnungen gewohnt, und jede einzelne Wohnung hat er angezapft gehabt. Und damals haben sie bei der Kripo immer gesagt, der Oswald könnte bei "Wetten daß" antreten und jede einzelne Frau aus seinem Wohnblock allein am Stöhnen erkennen.
    Oswald. Siehst du, was ich mit Unkonzentrationsschub meine.
    Wie es dem Brenner da nach zwölf Jahren den Namen heraufgespült hat.
    "Ich muß schnell einmal bei der Post vorbeifahren", hat der Brenner um drei nach halb fünf zu seinem Fahrer gesagt.
    "Mußt du was einzahlen?"
    Unglaublich, dieser Czerny. Nichts als Geld im Schädel. Aber der Grant vom Brenner ist jetzt völlig verflogen gewesen. Er hat ihn ja nicht mehr gebraucht, also was ich dir da vorher mit dem Notstrom erklärt habe. Und jetzt: Problem gelöst, Grant ade, das ist der reinste Mechanismus gewesen beim Brenner.
    Der Czerny hat im Auto gewartet, und wie der Brenner nach ein paar Minuten wieder aus der Hauptpost herausgekommen ist, hat er seinem Fahrer gesagt, er soll einrücken.
    "Einrücken? Wir haben noch drei Fuhren, bevor wir einrücken können. Wenn wir Glück haben."
    "770 einrücken!" ist aber im selben Moment über den Funk gekommen, und da hat der Czerny ziemlich blöd geschaut. Er hat ja nicht wissen können, daß der Brenner diesen Spezialauftrag vom Junior hat. Und genausowenig hat er wissen können, daß der Brenner von der Post aus gerade den fetten Buttinger in der Funkzentrale angerufen hat.
    Du wirst sagen, er hätte ja auch einfach vom Auto aus hineinfunken können. Aber daß dann alle mitgehört hätten, hast du wieder nicht bedacht. Inklusive Rettungsbund. Und siehst du, diese kleinen Dinge machen eben den Detektiv aus. Er stellt sich in eine stinkende Telefonzelle, wo unsereins sich vielleicht lieber ein bißchen aufspielen und auf wichtig zum fetten Buttinger hineinfunken würde.
    Wie der Brenner dann in seiner Wohnung war, hat er noch einmal eine gute Stunde telefoniert, und um halb neun ist er schon im Café Augarten gesessen.
    Und um dreiviertel neun ist der Herr Oswald hereingekommen.
    In seinem eleganten Anzug hat der Brenner ihn zuerst gar nicht erkannt. Weil in den zwölf Jahren ist der Herr Oswald dreißig Jahre älter geworden.
    Das haben vor allem die weißen Haare gemacht. Bei näherem Hinsehen hat man erst gesehen, daß er noch nicht so alt ist. Und wie er ihm die Hand gegeben hat, hat der Brenner gesehen, daß der Oswald aus der Nähe eigentlich nicht unnatürlich alt aussieht, sondern unnatürlich wehleidig.
    Weil wenn du heute das Voyeurshobby hast, bist du meistens eher auf der sensibleren Seite.
    Da hat es den Brenner gar nicht gewundert, daß der Herr Oswald seine Gedanken gelesen hat. "Ich bin ein alter Mann", ist das erste gewesen, was der Oswald gesagt hat.
    "Wie alt sind Sie?"
    "Einundfünfzig."
    "Das ist heute kein Alter", hat der Brenner gönnerhaft gesagt, als wäre er noch Jahrzehnte vom Fünfziger entfernt.
    "Ich habe kein Problem damit", hat der Herr Oswald sensibel gelächelt. "Ich hatte mit den Jugendjahren Probleme. Sie wissen ja, welche."
    "Ich möchte heute auch nicht noch einmal jung sein", hat der Brenner behauptet.
    Der Herr Oswald hat sich ein Mineralwasser bestellt. In das versiffte Vorstadtcafe hat der elegante Herr ungefähr so gut gepaßt wie ein verschlucktes Beweisstück in die Darmflora. "In mein Leben ist Gott sei Dank schon seit langem Ruhe eingekehrt. Ich bin seit neun Jahren verheiratet. Und noch länger gehört die jugendliche Verirrung, über die Sie mich kennengelernt haben, der Vergangenheit an."
    Die jugendliche Verirrung, über die Sie mich kennengelernt haben. Der Brenner hat über den gestelzten Ton von dem alten Spanner fast lachen müssen. "Sind Sie damals eigentlich eingesperrt worden?"
    "Auf Bewährung. Und nicht wegen meines eigentlichen Vergehens." Der Herr Oswald hat hochdeutsch geredet, daß es nur so gekracht hat. "Sondern wegen Widerstands gegen die - Sie wissen schon, bei der Verhaftung."
    Erst jetzt ist dem Brenner wieder eingefallen, daß er dem Herrn Oswald damals am Reschenpaß mit seiner Dienstpistole zwei Schneidezähne ausgeschlagen hat, bis der endlich aufgegeben hat.
    "Ich habe Ihnen ja schon am Telefon gesagt, was ich von Ihnen brauche. Sie sind der größte Spezialist

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