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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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zwanzig Jahre lang Leiter der Kripo-Ausbildung gewesen ist.
    Dem Stellvertreter ist der nächste Schrei im Hals steckengeblieben. Daß die Seitentür nicht abgeklebt war, war natürlich sein Fehler, da hat er momentan lieber nicht zu seinem Chef hinübergeschaut. Und die Erwähnung vom Franzi hat ihm den Rest gegeben.
    Aber in so einer Situation muß ein Chef natürlich zu seinem Untergebenen halten und sich den Rüffel für später aufheben.
    "Ex-Kollegen, die sich in unsere Arbeit einmischen, sind uns überhaupt die liebsten", hat der nur verächtlich gesagt.
    Aber wie ihm der Brenner dann das Goldkettchen am Hals vom Bimbo gezeigt hat, ist er still gewesen.
    "Wieso haben Sie das gewußt?" hat der Stellvertreter dafür wieder die Sprache gefunden.
    "Er hat immer eines getragen. Deshalb habe ich es gesucht.
    Aber so schwer war es gar nicht zu finden, weil hinten unter dem Kragen ist sogar noch ein Stück herausgestanden."
    Da gibt es gewisse Cheftypen, die nicht nicken können. Nicht weil sie so einen Stierhals haben, sondern weil sie sich zu gut zum Nicken sind, quasi: Da mußt du erst noch einen halben Meter wachsen, bevor wir auf einer Nick-Ebene sind. Sprich: Es ist schon Nicken genug, wenn ich dir zwei Sekunden lang still in die Augen stiere, statt dich zusammenzuschnauzen auf einen Meter fünfzig.
    Und nach den zwei Sekunden hat der Kripomann im Chefsakko seine glasigen Cholerikeraugen vom Brenner abgezogen und seinen uniformierten Kollegen befohlen, daß sie den Lanz ins Untersuchungsgefängnis und danach den Bimbo zur Autopsie bringen sollen.
    "Und du bleibst so lange hier und paßt auf, daß nicht noch ein paar Wahnsinnige die Spuren verwischen", hat er zu seinem Sakko-Zwilling gesagt.
    Draußen hat gerade der Junior alle aus dem Hof hinausgestaubt, praktisch: Am liebsten würde ich das ganze Gesindel mit dem neuen Raab-Kärcher-Hochdruckschlauch hinauskärchern. Jetzt ist der Brenner froh gewesen, daß er sich noch in dem allgemeinen Durcheinander in das Haus verdrücken kann.
    "Brenner", hat der Junior gesagt, wie der Brenner an ihm vorbei ist. Sonst nichts, nur: "Brenner."
    Wie er seine Wohnungstür aufgesperrt hat, hat sich der Brenner immer noch überlegt, ob das ein Gruß war oder eine Drohung oder ein Hilferuf.
    Aber lange hat er nicht darüber nachgedacht. Weil er hat gesehen, daß ihm jemand unter der Tür einen handgeschriebenen Zettel durchgeschoben hat. "Bitte ruf mich an: 47."
    Jetzt glaubst du bestimmt, 47 ist eine Krankheit. Und da liegst du gar nicht so falsch, weil für mich persönlich ist das Telefon wirklich eine Krankheit. Aber paß auf, was ich dir sage.
    Früher haben sie auch im Haus untereinander über das normale Telefonnetz telefoniert, da haben sie die normalen Gesprächsgebühren zahlen müssen. Aber dann, wie sie die neue Funkzentrale mit der neuen Telefonanlage bekommen haben, hat ihnen der Junior auch im Haus alles auf Nebenstelle schalten lassen, und seither haben sie stundenlang untereinander telefonieren können, und hat sie keinen Schilling gekostet. Und 47 ist die Haustelefonnummer vom Lanz gewesen.
    Obwohl der Brenner gesehen hat, wie die Uniformierten mit dem Lanz abgefahren sind, hat er die Nummer sofort gewählt.
    "Lanz?"
    "Dein Vater hat mir einen Zettel unter die Tür geschoben", hat der Brenner zur Angelika gesagt.
    "Das war nicht mein Vater. Das war ich."
    "Was gibt's?"
    "Kannst du vielleicht noch auf einen Sprung bei mir vorbeischauen?"
    Wie er aus seiner Wohnung hinausgegangen ist, hat er schon gehört, daß oben eine Tür aufgeht, und bevor er dazu gekommen ist, hat die Angelika schon das Ganglicht für ihn aufgedreht. Die Lanz-Wohnung ist ja nur einen Stock über seiner eigenen gelegen.
    Sogar zum grauen Jogginganzug hat die Angelika ihren Gürtel mit der goldenen ESCAPADE-Buchstabenschnalle getragen, ohne den der Brenner sie überhaupt noch nie gesehen hat. Und man hat sie untertags ziemlich oft gesehen, weil sie erst am Abend irgendwo serviert hat.
    "Bist du heute früher nach Hause gekommen?" hat der Brenner sie gefragt, so wie man eben irgend etwas sagt, damit es nicht so peinlich wird, wenn man mitten in der Nacht zu einer Frau auf Besuch kommt.
    Sie hat aber nicht muh und nicht mäh gesagt, hat dem Brenner nur die Tür aufgehalten und ihn in die Küche geführt, die genau gleich schmal war wie die vom Brenner.
    "Magst du was trinken? Ich hab aber nur Kaffee."
    "Nein, danke." Dem Brenner ist sowieso schon fast schlecht gewesen von dem Neonlicht, das die

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