Komm, suesser Tod
zum Plafond hinauf gesagt, als wäre er wieder mit seiner höheren Macht in Verbindung. "Aber der gute Lanz ist mir im Moment ziemlich egal. Es geht hier nicht um den Lanz. Es geht um das Überleben unserer ganzen Organisation!"
"Das klingt fast so, als würden Sie glauben, daß der Rettungsbund den Bimbo -" der Junior hat ihn so komisch angeschaut, daß der Brenner sich sofort korrigiert hat - "den Sanitäter Groß auf dem Gewissen hat."
"Sie können ruhig Bimbo sagen." Er hat kurz zur Decke hinaufgeschaut, aber im Moment ist offenbar nichts auf der Decke oben gestanden, weil er nichts weiter gesagt hat.
"Aber wieso gerade den Bimbo?"
"Denken Sie doch ein paar Wochen zurück."
Der Brenner hat lieber nichts gesagt.
"Ich darf Ihnen nicht einmal die Hälfte von dem sagen, was ich weiß. Aber Sie wissen ja, wer der Stenzl war, der vor den Augen vom Bimbo erschossen worden ist."
"Der Chef von der Blutbank."
"Und der Bruder vom Rettungsbund-Chef."
Woher soll ich das wissen, hat sich der Brenner gedacht. Der Mord vor zwei Wochen am Stenzl und seiner Freundin hat ihn nicht mehr interessiert als irgendein anderer Fall aus der Zeitung. Er hat nur mitgekriegt, wie sich der Bimbo und der Munz danach aufgespielt haben. Wie der Bimbo auf allen Stationen die Schwesternzimmer aufgemischt hat, als wäre er der reinste Hollywoodstar.
"Ja, sicher", hat der Brenner gesagt.
"Sie wissen aber nichts von den Problemen, die der Rettungsbund mit der Blutbank gehabt hat. Wie der Rettungsbund-Stenzl seinen eigenen Bruder beim Rettungsbund hinausgedrängt hat, hat er nicht damit gerechnet, daß der Leo Stenzl die Blutbank übernimmt."
Der Brenner hat darauf nichts gesagt.
"Aber Sie wissen, daß der Bimbo Tatzeuge war. Und Sie können zwei und zwei zusammenzählen."
"Haben Sie den Leo Stenzl in die Blutbank hineingebracht, nachdem er bei dem Rettungsbund hinausgeflogen ist?"
In der vierten Klasse Volksschule in Puntigam ist der Brenner einmal beim Sesselreiten ausgerutscht und mit dem Hinterkopf so auf dem Schreibpult hinter ihm aufgeschlagen, daß er fünf Minuten bewußtlos war. Und nie wird er den besorgten Blick der Lehrerin vergessen, den er beim Aufwachen gesehen hat.
Jetzt natürlich große Überraschung, daß er siebenunddreißig Jahre danach schon wieder so besorgt angeschaut wird.
"Es ist in dieser Stadt nicht mehr dasselbe", hat der Junior gesagt, "seit der Rettungsbund die Politik ins Spiel gebracht hat.
Ein einziger Rettungsverein könnte in dieser Stadt überleben ohne Politik. Nur Spenden, keine Politik. Aber zwei Vereine trägt die Stadt nicht. Da kommt die Politik ins Spiel."
"Aber der Rettungsbund hat doch seine Sponsoren. Man sieht ja fast kein Rettungsbundauto mehr ohne die Watzek-Beton-Aufschriften."
"Jaja, und die Todkranken glauben, sie werden von einem Betonauto abgeholt statt von einem Rettungsauto."
"Das ist eben die Privatwirtschaft. Die hat ihre eigenen Gesetze."
"Privatwirtschaft, daß ich nicht lache! Dreimal dürfen Sie raten, wie gerade der Watzek zu so vielen öffentlichen Bauaufträgen kommt."
Der Brenner hat mit den Schultern gezuckt: "So ist das mit den Idealen." "Aber trotz aller Politik hat uns der Rettungsbund nicht überholen können. Obwohl der Stenzl die besseren Kontakte zur Partei hat." Und dann hat der Junior leise gesagt: "Jetzt greift er zu anderen Mitteln."
"Sie glauben wirklich, daß der Rettungsbund etwas mit den Morden zu tun hat?"
"Der Unterschied zwischen glauben und wissen ist groß, Brenner. Genauso groß wie der Unterschied zwischen gestern und heute. Gestern habe ich zwei verläßliche, erfahrene Sanitäter gehabt. Und heute ist der eine von ihnen tot und der andere im Gefängnis. Und ich muß noch froh sein, daß sich die Sache so schnell aufgeklärt hat. Weil so wird die Geschichte nach ein paar Tagen wieder aus den Zeitungen verschwinden.
Sonst könnten wir gleich zusperren."
"Dabei haben wir noch Glück, daß die Zeitungen es gar nicht so schrecklich ausschlachten. Bisher zumindest."
"Glück", hat der Junior von der Decke heruntergelesen.
"Glück. Sie können es auch Glück nennen. Jetzt weiß ich zumindest, warum ich all die Jahre auf eine korrekte Zusammenarbeit mit den Zeitungen Wert gelegt habe. Wozu ich die ganze interne Kritik dafür eingesteckt habe, daß ich den Zeitungen inoffiziell erlaube, unseren Funk abzuhören. Sie wissen ja, wie es aussieht, wenn der Pressefotograf schon die Verletzten auf der Straße fotografiert, bevor wir dort sind. Aber
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