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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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einfach nicht gewöhnen hat können. Vor gut zwei Jahren ist das gewesen. Und jetzt wieder soweit. Auch die Art, wie ihm der Junior leichten Herzens die Schuld am Tod vom Bimbo zugeschoben hat. Genau wie damals der Nemec.
    Jetzt wirst du sagen, man soll im Leben nicht immer zurückschauen. Nicht die ewig gleichen Geschichten, das bringt nichts. Aber ich kann nur sagen, wenn der Junior den Brenner in diesem Moment nicht so an den Nemec erinnert hätte, wäre die ganze Geschichte vielleicht anders ausgegangen. Vielleicht hätte er dann wirklich nur schnell das mit dem Funk erledigt, um endlich wieder seine Ruhe zu haben. Und vielleicht wüßten wir heute immer noch nicht, wie dem Bimbo das Gold in die Kehle gekommen ist.
    Und noch ein Vielleicht: Vielleicht, wenn der Brenner nach seinem Gespräch mit dem Junior nicht gleich für eine Ultrascheißhäusltour ins AKH eingeteilt worden wäre, wer weiß, womöglich hätte er dann die Sache nie gelöst.
    Aber natürlich, wenn du schon im AKH bist, warum nicht ein bißchen bei der Imbiß-Rosi vorbeischauen.
    "Spenderleber?" hat die Rosi gefragt.
    "Da trau ich mir nicht widersprechen."
    "Das ist gescheit", hat die Rosi gegrinst. Sie ist nicht besonders groß gewesen, aber der zum Imbißstand umgebaute Wohnwagen war so nieder, daß sie immer ein bißchen gebückt stehen hat müssen. Und sie ist sehr dick gewesen. Und sie hat viele Senf- und Ketchupflecken auf ihrer weißen Chirurgenschürze gehabt. Und sie hat feuerrote, gewellte Haare gehabt, die immer so verschwitzt waren, daß sie ihr wie Hörner vom Kopf gestanden sind. "Scharfer Senf, weil süß bist du selber?"
    "Bist du heute schon am Friedhof gewesen?"
    "Wieso?"
    "Oder wo hast du diesen alten Schmäh ausgegraben?"
    "Nicht frech werden, Burli!" hat die Rosi gegrinst und ihm die Spenderleber vor die Nase geknallt.
    "Burli? Du könntest meine Tochter sein."
    "Gegege. Da müßte ich aber viel für Schönheitsoperationen ausgegeben haben."
    Der Brenner ist froh gewesen, daß er sich kurz seinem Leberkäse zuwenden kann. Und erst nach ein paar Bissen hat er gesagt: "Jetzt sind es auch schon wieder zwei Wochen, seit du den Leo Stenzl erschossen hast."
    "Ja, paß gut auf, weil heute juckt es mich schon wieder im Finger."
    "Solange es nur der Finger ist."
    Jetzt wieder ein bißchen Leberkäse, und dann: "Dein Glück ist, daß du auf der Seite zum Musikpavillon kein Fenster hast.
    Sonst wärst du verdächtig."
    "Soweit kommt es noch, daß ich mir auf der Seite ein Fenster mache. Damit ich gar nicht mehr weiß, wo ich die Schokotafeln und die Mannerschnitten hinstellen soll."
    "Du hast also nichts gesehen?"
    "Gesehen hab ich schon was. Ich hab gerade das Geld gezählt. Und das hab ich gesehen."
    "Wieso ist der Lanz eigentlich nicht auf das Zeitungsfoto gekommen? Nur der Bimbo und der Munz?"
    "Der Lanz war ja gar nicht bei mir. Da hat sich der Bimbo beim Hereinfahren getäuscht. Der Lanz ist ja nur so schnell hereingefahren, weil er wirklich gerade vom Flughafen eine Spenderniere hereingebracht hat. Ich hab noch über ihn lachen müssen. Weil der ist in die Chirurgie hinauf wie der Blitz."
    "Wie der Blitz. Und dann hat es gedonnert."
    "Genau. Dann hat es gedonnert. Aber nicht beim Lanz, sondern beim Stenzl", hat die Rosi schon wieder lachen müssen.
    "Was hat der Stenzl eigentlich so getan?"
    "Nichts. Das war ein reiner Schreibtischhengst."
    Der Brenner hat nicht den Beruf vom Stenzl gemeint, weil das war so ziemlich das einzige, was er gewußt hat. Also hat er es anders probiert: "Mehr Hengst als Schreibtisch, oder?"
    "Das kannst du laut sagen."
    "Aber niemand hat ihm einen Strick daraus gedreht?"
    "Wieso einen Strick, wenn eine Kugel auch genügt?" hat die Rosi gegrinst. "Außerdem, wieso soll ich das wissen? Das müßtest du doch besser wissen."
    "Wieso ich?"
    "Dein Verein lebt doch auch von den Blutspenden. Da mußt du doch den Stenzl gekannt haben."
    "Mein Verein?"
    "Der ganze Rettungsbund."
    Das war der Lieblingswitz von der Rosi. Sie hat grundsätzlich zu den Kreuzrettern Rettungsbündler gesagt und zu den Rettungsbündlern Kreuzretter. Genauso, wie sie zu den Luisenschwestern immer Kreuzretterschwestern gesagt hat und umgekehrt.
    Aber in diesem Fall hat es ausnahmsweise wirklich keinen Unterschied gemacht. Weil der Rettungsbund hat von den Blutspenden gelebt, und die Kreuzrettung hat von den Blutspenden gelebt. Und der Leo Stenzl auch. Nur daß der nicht mehr gelebt hat.
     

7
    "Heute ist vielleicht ein Betrieb", hat die

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