Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
Vom Netzwerk:
Minuten gedauert hat, bis ihm schon eine Anspielung auf das Geld herausgerutscht ist. Und ich persönlich muß auch sagen. Ich bin bestimmt der erste, der sagt: Wenn einer zuviel Geld einsteckt, muß er auch damit rechnen, daß er eines Tages von der Laterne baumelt. Aber das muß man einfach still und professionell erledigen, da braucht man doch nicht die ganze Zeit neidige Anspielungen machen.
    "Erben ist auch nicht immer leicht, oder?" hat der Brenner versucht, seinen Schnitzer wieder auszubügeln, praktisch Einfühlungsvermögen.
    "Sankt Erben ist auch nicht immer leicht", hat die Klara gelächelt.
    "Sankt Erben?"
    Die Klara hat ihn so angeschaut wie früher immer, wenn er auf der Leitung gestanden ist. Weil natürlich intelligenzmäßig ist ihm die Klara schon ein bißchen voraus gewesen.
    St. Erben, hat der Brenner überlegt. Und dann natürlich: Sterben. Mein lieber Schwan. Wenn du heute zur Strahlentherapie fährst und solche Witze machst, Hut ab.
    Nachteil: Jetzt hat der Brenner das Thema nicht mehr gut umgehen können. "Was fehlt dir denn?" hat er so neutral wie möglich gefragt.
    "Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen."
    "Über die Leber? Ausgerechnet."
    "Ja, ausgerechnet."
    "Möchte man meinen, das Bier schlägt sich einem nur auf die Leber, wenn man es auch trinkt."
    "Manchmal ist es schlimmer, wenn man es erbt."
    "Du hast dir immer schon zu viele Gedanken gemacht. Daß deine Eltern schuld sind, wenn sich irgendein armer Schlucker zu Tode säuft."
    "Siehst du, darum hab ich die Arbeit als Musiklehrerin nötig gehabt." "Und wie sind deine Chancen?"
    "Bei den Männern?"
    "Bei den Strahlen."
    "Besser als bei den Männern."
    "Dann brauch ich mir ja keine Sorgen machen", hat der Brenner herausgewürgt. Unglaublich, aber er hat direkt ein bißchen aufpassen müssen, daß ihm nicht dieser berühmte Kloß in die Stimmbänder rutscht. Weil er hat jetzt so einen richtig sentimentalen Anfall gekriegt.
    Er hat sich erinnert, wie es damals mit der Klara auseinandergegangen ist. Schuld war die hübsche Freundin von der Klara. Die Bernadette. Die hat sogar einmal in einer Puntigamer Nobeldisco den Miss-Busen-Wettbewerb gewonnen.
    Aber der Moderator von dem Wettbewerb war ein bekannter ehemaliger Schlagersänger aus Wien, der hat dann dem Brenner noch in derselben Nacht die Miss Busen ausgespannt.
    Und jetzt ist es mit der Klara und dem Brenner auch wieder auseinandergegangen, sprich: Sie sind bei der Strahlenstation angekommen. Der Brenner hat sie hinaufbegleitet, und zum Abschied hat er gefragt: "Fährst du öfter mit uns zur Therapie?"
    "Zweimal die Woche."
    "Dann sehen wir uns ja sicher wieder."
    "Sicher." Die Augenbraue hat sie unten gelassen. Aber der Brenner hat nicht mehr genau gewußt: gutes oder schlechtes Zeichen?
    "Also dann."
    "Also dann."
    Er hätte gern noch etwas Netteres gesagt. Aber es ist ihm nichts eingefallen. Und da siehst du wieder den Vorteil von der Marathonsubstanz. Der Brenner hat überhaupt keine Zeit mehr für melancholische Gefühle gehabt. Weil sofort die nächste Tour. Und wieder die Lebensleier von irgendwem anhören. Und wieder die Leier und wieder die Leier.
    Erst wie er dann am Abend in seine Wohnung gekommen ist, hat die Substanz ein bißchen nachgelassen. Die Klara ist ihm wieder eingefallen und nicht mehr aus dem Kopf gegangen, und fast hätte er sie schon angerufen. Aber ich glaube, es war mehr so ein Ablenkungsmanöver, weil er einfach nicht gewußt hat, wo er den kleinen Berti suchen soll. Statt dessen ist er am Fenster gestanden und hat auf den Rettungshof hinuntergeschaut. Und dabei hat er leise diese Melodie gepfiffen.
    Eine komische Gewohnheit vom Brenner, daß er oft tagelang irgendein Lied gepfiffen hat, ohne daß er es selber richtig gemerkt hat. Aber wenn er es sich dann überlegt hat, was er da eigentlich pfeift, hat der Text von dem Lied oft haargenau zu seiner Situation gepaßt, obwohl er beim Pfeifen gar nicht an den Text gedacht hat. Praktisch "Foxy Lady", wenn er in eine Rothaarige verliebt war, oder "Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut, der steht mir so gut", wenn ihm der Friseur die Haare verschnitten hat, oder meinetwegen: Potenzängste.
    Und ob du es glaubst oder nicht: Einmal ist ihm eine Freundin deswegen davongerannt. Also nicht Potenzprobleme, sondern weil sie seine ewige Pfeiferei nicht ausgehalten hat. Dabei hat er immer nur ganz leise gepfiffen, mit eingezogener Luft. Aber das ist keine Rothaarige gewesen, sondern mehr so Mittelding.
    Und was der

Weitere Kostenlose Bücher