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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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irgendwo ganz hinten in seinem Hirn die zwei Wörter ausgetauscht hat: Tod und Kreuz. Unglaublich, wie lange es gebraucht hat, bis es sich von da ganz hinten in seinem Hirn nach vorne durchgesprochen hat: daß das Kreuz auf den Rettungsautos für die Zuckerpatientinnen nicht die Rettung bedeutet hat, sondern den Tod.
    "Ich habe Ihnen erzählt, daß der Bimbo in der Nähe war, wie die beiden mit einer einzigen Kugel erschossen worden sind.
    Und das war auch richtig. Der Bimbo war in der Nähe. Aber nicht als Zeuge. Schauen Sie einmal in das Handschuhfach hinein."
    Der Schweizerkracher war so groß, daß er gerade noch Platz gehabt hat im Handschuhfach. Der Oswald hat ihn nicht einmal angegriffen, sondern das Handschuhfach sofort wieder zugemacht.
    "Es ist der Bimbo gewesen, der dem Stenzl ins Genick geschossen hat."
    "Komm, sühüßes Kreuheuz", hat der Tenor in seinen ewigen Wiederholungen dahingesungen.
    "Und wer hat dann den Bimbo auf dem Gewissen?"
    "Genau dafür brauch ich Sie."
    Der Oswald hat blöd geschaut und wieder das Handschuhfach aufgemacht. "Mich?" Dieses Mal hat er seine Hand ausgestreckt nach der Waffe, aber im letzten Moment hat er zurückgezuckt.
    "Sie können sie ruhig angreifen. Die stinkt so nach Desinfektionsmittel, da hat der Bimbo garantiert keinen Fingerabdruck draufgelassen."
    Aber wie der Oswald versucht hat, sie herauszunehmen, hat sie sich keinen Millimeter gerührt.
    "Hören Sie, was der da singt?" sagt der Brenner.
    "Der singt ja schon drei Minuten dasselbe."
    "Ja, immer nur
Komm, süßes Kreuz
."
    "Da kriegt man vor lauter süß noch faule Zähne, bevor man den Löffel abgibt."
    Dem Brenner ist vorgekommen, daß der Herr Oswald auf einmal wie ein Rettungsfahrer geredet hat. Vielleicht daß die Umgebung ein bißchen ansteckend ist, das Einsatzmäßige. Daß da auch einem sensiblen Menschen wie dem Herrn Oswald auf einmal der Bizeps wächst - moralisch gesprochen.
    Aber gleich ist der Oswald wieder bei seinem alten, beleidigten Tonfall gewesen: "Was reden Sie über das Lied? Ich möchte endlich wissen, was ich hier soll!"
    "Der Bimbo hat zuckerkranke Patienten mit einer Zuckerlösung behandelt. Vorher hat er ihnen aber noch schnell das Testament zum Unterschreiben hingehalten. Die Irmi hat er erschossen, weil sie ihm auf die Spur gekommen ist."
    "Sie meinen, die Rettung hat die Leute umgebracht statt gerettet?"
    "Komm, sühüßes Kreuheuz", hat der Tenor immer noch so verführerisch gesungen, als ginge es um das Kreuz, auf das die Männer immer die Frauen legen wollen.
    "Können Sie das beweisen?"
    "Genau dazu brauche ich Sie." Der Oswald hat ihn groß angeschaut.
    "Sie müssen für mich irgendwie in den Kreuzrettungscomputer hineinkommen."
    "So was Ähnliches habe ich schon befürchtet", hat der Herr Oswald geseufzt.
    "Nummer achtzehn?" hat der Brenner gefragt, wie sie in die Novaragasse eingebogen sind.
    Der Oswald hat nicht einmal genickt. Und er hat auch nicht wissen wollen, woher der Brenner weiß, daß er hier seine millionenteure Anlage stehen hat.
    Wie er die finanziert hat, kannst du dir ja vorstellen. Aber eines muß ich zu seiner Ehrenrettung sagen. Er hat seine Abhörattacken nie des Geldes wegen gemacht. Und wenn er nebenbei ein bißchen was erpreßt hat, dann nie zur privaten Bereicherung. Immer im Dienst der Sache, immer jeden Groschen brav in den Ausbau der Anlage gesteckt. Und noch genug privates Geld draufgelegt!
    Die Wohnung selber kann nicht viel gekostet haben. Eine wilde Bude ohne Klo und ohne Bad. Aber der Computer praktisch NASA.
    Während der Herr Oswald seine Maschine angeworfen und versucht hat, in den Kreuzrettungscomputer hineinzukommen, hat ihm der Brenner den Rest erzählt.
    "Der Lungauer hat aussteigen wollen, wie das Spiel immer krimineller geworden ist. Einen Tag, nachdem er das dem Junior mitgeteilt hat, ist ihm der Bimbo mit dem Schraubenzieher -"
    "720 Barmherzige Brüder!" hat ihn der Computer mit der Stimme vom Czerny unterbrochen.
    Wie er sich von dem Schreck, daß der Herr Oswald binnen zwei Minuten den Funk abhören kann, gefangen gehabt hat, sagt er: "Die Stimme erkennt man hier ja besser als in unseren eigenen Autos." "Freilich hab ich einen besseren Empfang", hat der Herr Oswald unbeeindruckt gesagt. Aber bis er dann all die Angaben vom Lungauer überprüft gehabt hat, ist doch noch eine gute Stunde vergangen.
    "Positiv", hat der Herr Oswald gesagt, nachdem er geschaut hat, ob tatsächlich am 17. Oktober des Vorjahres die 82 jährige

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