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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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einschüchtern lassen. »Wer bist du denn, dass du meinst, mir sagen zu können, wer in mein Leben gehört und wer nicht?«
    Â»Ich bin deine Zwillingsschwester«, schleuderte mir Lia entgegen, als ob das alles erklären würde.
    Â»Und wenn schon! Das gibt dir noch lange nicht das Recht, über mein Leben zu bestimmen! Du hast mir gar nichts zu sagen! Du kannst meine Freunde nicht für mich aussuchen!«
    Â»Ach, ist das so?« Sie ließ diese Bemerkung eine Weile zwischen uns in der Luft hängen, dann fragte sie in einem sanfteren Ton: »Wer sind eigentlich deine Freunde, Laurie?«
    Â»Meine Freunde … das sind … das sind …« Darauf konnte ich nicht antworten.
    Â»Gordon? Natalie? Darlene?« Sie betonte die Namen mit übertriebener Sorgfalt. »Diese Leute hast du doch immer für deine Freunde gehalten, nicht wahr?«
    Â»Ja … aber …«
    Â»Blane? Tommy? Mary Beth?« Jetzt machte sie sich über mich lustig. »Helen?«
    Â»Was hast du gemacht?«, flüsterte ich entsetzt. »Was zum Teufel hast du gemacht?«
    Â»Wenn dir irgendetwas an diesem Jeff liegt, dann solltest du ihn jetzt besser anrufen«, sagte Lia. »Sag ihm, dass er nicht kommen soll. Sag ihm, dass er nie wieder hierherkommen soll. Wenn du es nicht tust, wirst du dein Leben lang an der Schuld zu tragen haben.«
    Â»Raus aus meinem Zimmer«, sagte ich mit zitternder Stimme. »Raus, aber sofort! Hau ab dahin, wo du hergekommen bist!« Helen hatte recht gehabt, Lia war böse! Helen hatte das erkannt, obwohl ich darauf beharrt hatte, dass es nicht so war.
    Â»Du bist allein«, sagte Lia leise. »Du hast keine Freunde – jetzt nicht mehr. Deine Eltern sind nicht deine richtigen Eltern. Die Kinder, die du für deine Geschwister hältst, stehen dir nicht näher als irgendwelche anderen Kinder, die auf dem Schulhof rumlaufen. Deine richtige Mutter ist tot. Dein richtiger Vater hat uns schon vor unserer Geburt verlassen. Ich bin alles, was du hast, Laurie. Alles, was du hast.«
    Â»Hau ab!«, sagte ich. »Verschwinde! Raus hier!« Ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Stimme und kreischte los: »Hau ab und komm nie wieder!«
    Â»Laurie?«, rief meine Mutter hinter der geschlossenen Tür. »Laurie, was ist denn los?« Sie wartete nicht auf meine Antwort, sondern riss gleich die Tür auf und stand da, im Türrahmen.
    Ich starrte sie an, als würde ich sie zum ersten Mal sehen. Die blasse, sommersprossige Haut. Die himmelblauen Augen. Das feine blonde Haar. Sie und Dad, Neal und Megan bildeten eine Einheit. Sie waren die Strattons. Und ich – wer war ich?
    In einem war ich mir ganz sicher. Ich war nicht wie Lia. Ich mochte ja aussehen wie sie, aber damit endete die Ähnlichkeit auch schon.
    Und zum ersten Mal war jemand da, der uns zusammen sehen konnte.
    Â»Mom, sieh nur!«, rief ich. »Jetzt weißt du, was passiert ist!«
    Aber ich hatte es noch nicht mal ausgesprochen, da war Lia weg. Ich zeigte ins Leere. Es war niemand im Zimmer. Alles war so, wie es sein sollte, nur die Nachmittagssonne malte Muster auf die Wände.
    Â»Seltsam, oder?«, sagte Mom, die dachte, dass ich das meinte. »So hab ich das Licht noch nie gesehen. Ich wollte gerade hoch ins Atelier und mich ein bisschen näher damit beschäftigen. Vielleicht kann ich es ja in einem Bild verwenden. Dann war mir so, als hätte ich dich rufen hören. Ist alles in Ordnung?«
    Â»Ja«, sagte ich schnell. »Alles bestens. Es war nichts.«
    Â»Ganz bestimmt nicht?« Sie guckte mich komisch an. »Du siehst müde aus. Deine Augen sind ganz seltsam.«
    Â»In letzter Zeit hab ich nicht so gut geschlafen.« Das war nicht mal gelogen.
    Â»Du machst dir Sorgen um Helen.« Mom nickte verständnisvoll. »Es ist schrecklich, wenn sich so etwas derart in die Länge zieht. Vielleicht gibt es ja bald gute Nachrichten. Darum geht es doch zu Weihnachten. Um Hoffnung. Wir können immer noch hoffen.«
    Â»Ich hoffe«, sagte ich. »Immerzu.«
    Â»Warum legst du dich nicht hin und schläfst ein bisschen? Du willst doch bestimmt gut ausgeruht sein für heute Abend und für morgen. Du weißt ja, wie das ist, wenn Megan und Neal die Weihnachtsstrümpfe plündern.«
    Â»Ja.« Ich versuchte zu lächeln. »Das ist der totale Wahnsinn.«
    Als sie aus dem Zimmer war, legte ich mich aufs Bett und

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