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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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Fähre war jetzt schon dreihundert Meter vom Ufer entfernt und tuckerte davon wie ein riesiges Wassertier. Die Decks waren leer, wegen möglicher Zeugen musste sich Lia also keine Sorgen machen. Gordon, Nat und die anderen würden geschützt vorm Windunten in der Kabine sitzen, lachen und reden und sich vielleicht fragen, warum Laurie Stratton die Schule ausfallen ließ.
    Â»Gestern Abend habe ich mit ihr geredet«, würde Gordon sagen. »Da fehlte ihr noch nichts. Ehrlich gesagt war sie seit Monaten nicht mehr so gut drauf.«
    Jeff wartete am Ende des Piers, wie Lia verlangt hatte, er stützte sich auf seine Krücken und wirkte streitlustig.
    Das gut gelaunte, selbstbewusste Auftreten der letzten Wochen war wie weggeblasen. Das hier war der alte Jeff Rankin mit dem trotzig vorgereckten Kinn und der finsteren, feindseligen Miene. Ich bewegte mich so auf ihn zu wie Lia, sah, wie er die Augen zusammenkniff und wie ein Gefühl aufblitzte, das ich nicht deuten konnte.
    Einen Augenblick lang sprach keiner der beiden. Schließlich brach Jeff das Schweigen.
    Â»Also, was ist los?« Seine Stimme war kühl und bewusst gleichgültig. »Meg hat gesagt, es sei wichtig. Hat Ahearn dich mal wieder sitzen lassen?«
    Â»Das hättest du wohl gern, was?«, sagte Lia. »Aber ich fürchte, das ist es nicht – und es sieht auch nicht so aus, als ob das passieren könnte. Und wenn, würde ich bestimmt nicht wieder zu dir zurückkommen. Hier geht es um etwas ganz anderes. Mein Vater …« Sie brach den Satz ab, ein Ausdruck der Überraschung blitzte in ihrem Gesicht auf. An seine Stelle trat aber sofort darauf der einer so enormen Wut, dass ich mein eigenes Gesicht nicht mehr erkannte.
    Â»Was machst du hier?«
    Â»Ich wollte bei Jeff bleiben.« Megan trat hinter Jeff hervor, die Hände beschwichtigend ausgestreckt. Mit einer totalen Leere im Kopf überlegte ich, was sie wohl mit ihrem Schneeball gemacht hatte. »Bitte, Laurie, führ dich nicht so auf. Werd wieder, wie du immer warst. So, wie du jetzt bist, mag ich dich nicht mehr!«
    Â»Glaubst du etwa, ich mag dich?«, blaffte Lia. »Das Gehirn einer Vierzigjährigen in einem fetten Zwergenkörper, was anderes bist du nicht! Ich hab dir gesagt, du sollst auf dieses Boot gehen und dableiben. Ich muss mit Jeff reden.«
    Meg wandte sich an Jeff. »Siehst du, das hab ich gemeint. Das ist nicht mehr Laurie. Sie ist gemein, so als ob dieses Gespensterdings eine feste Form angenommen hätte.«
    Â»Geister können sich nicht so verwandeln«, sagte Jeff. »Die haben keine Körper. Doch mit Übung könnten sie eine Illusion hervorbringen, die realistisch wirkt. Das wäre aber leicht zu enthüllen. Wir brauchen sie nur zu packen.«
    Und er streckte die Hand so schnell aus, dass Lia es nicht mehr rechtzeitig schaffte, vor der Berührung zurückzuweichen. Seine Hand fasste ihren Arm, und ich sah, wie der erwartungsvolle Blick verschwand, als er unter dem dicken Parka Fleisch und Knochen spürte.
    Â»Hände weg!«, zischte Lia. »Ich mein es ernst! Mir wird ganz schlecht, wenn ich dich sehe, und ich kotze, wenn du mich anfasst!«
    Â»Vor ein paar Wochen klang das aber noch ganz anders.«
    Â»Ich hab’s dir doch schon gesagt, ich muss verrückt gewesen sein!«
    Sie holte mit der freien Hand aus, als wolle sie ihn schlagen, und Jeff ließ die Krücke los, auf die er sich stützte, und packte ihr Handgelenk.
    Â»Sie ist kein Geist, Meg«, sagte er grimmig. »Ich sag es wirklich nicht gern, aber das ist deine Schwester.«
    Â»Von außen ist das Laurie, aber innendrin ist es das Gespenst! Ich weiß es! Ich kann es fühlen!« Meg war beinahe schon hysterisch. »Sie isst keine Hähnchenkeulen! Sie weiß nicht mehr, was sie wissen sollte. Sie hasst alle! Meine echte Laurie war nicht so!«
    Â»Ich weiß nicht. Ist das möglich?« Er zögerte, dabei hielt er das zuckende Handgelenk immer noch fest. »Hey, Laurie, erinnerst du dich noch, wie du mich das erste Mal zu Hause besucht hast? Du hast mir die Bücher gebracht. Kurz nach dem Unfall. Das Radio dröhnte so laut, und du hast drauf bestanden, dass ich es leiser drehe. Was haben die gespielt? Was war das für eine Gruppe?«
    Â»Wie soll ich das noch wissen. Irgendeine Rockband.«
    Â»Daran musst du dich doch erinnern. Du hast rumgezetert, weil die so einen Lärm

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