Komm zurueck, Como
eingeschränkter und weniger natürlich aufgewachsen. Schon früh, als sie Como auf den Arm nahm und ihn angurrte, als tröstete sie einen Säugling, hatte ich manchmal ein ungutes Gefühl wegen ihrer Neigung, den Hund zu vermenschlichen und in ein jüngeres Geschwisterchen zu verwandeln. Oft nannte sie Como ihren Bruder. Doch bald schon gewöhnte ich mich auch daran und fand es gleichzeitig lustig und unsäglich lieb. Sie zu sehen, wie sie mit diesem Pelzballen auf dem Arm ins Wohnzimmer schlenderte, war ein bisschen wie eine Zeitreise. Dann tauchte unsere dreizehnjährige Tochter in eine in die Zukunft versetzte Zeit ein, zehn oder zwanzig Jahre später, und strahlte ihr erstes eigenes Kind an.
Sally und mir ging es trotz aller Zerrissenheit, für die der Hund in unserem Leben gesorgt hatte, besser. Unsere Ehe lief besser. Ja, vielleicht hätten wir mehr geschlafen, wenn uns Comos Marotten nicht wach gehalten hätten. Doch dann hätten wir all die leise geflüsterten Unterhaltungen verpasst, die uns in den Nächten der Hilflosigkeit, in der samtenen Dunkelheit unseres Schlafzimmers zusammengehalten hatten. Wir hätten eine Menge Geld gespart, wenn nach seinem Unfall nicht diese horrenden Klinikrechnungen gewesen wären. Doch das hätte auch bedeutet, die Heldentaten unseres australischen Muskelprotzes und Comos ebenso erstaunliche » Ich mach’s auf meine Art«-Genesung nicht zu erleben.
Wahrscheinlich wären wir auch mehr gereist, wenn Comos Kampflust und hochgradige Ängstlichkeit uns nicht das Gefühl gegeben hätten, dass wir uns nicht weit von ihm entfernen durften. Andererseits hätten wir ohne Hund– ohne diesen Hund– nicht Max und Willie kennengelernt, die beiden hellen Labrador-Methusalems von der Twelfth Avenue, und ihren weisen Besitzer, der sie behutsam durch ihre letzten Jahre begleitete. Wir hätten nicht mit ansehen können, wie Lizzy und Como jedes Mal, wenn sie sich trafen, im Rahmen einer » Hunde trainieren für Olympia«-Aktion Synchron-Haarnadelkurvenlaufen übten. Sally und Como hätten sich auf ihren morgendlichen Spaziergängen nie mit dem alten, wankenden, mit Leckerli beladenen Russen und seinem Hund als treuen Begleiter angefreundet. Wir hätten mit Sicherheit nicht so intensiv miterlebt, was unsere Nachbarn Pam und Cheryl an Rileys letztem Abend durchmachten.
Wie viele Paare, die erst spät ihr erstes Kind bekommen– Sally war siebenunddreißig, ich vierzig Jahre alt gewesen, als Phoebe geboren wurde–, waren wir an unsere Berufe und Verpflichtungen gebunden und oft zu beschäftigt, abgelenkt, überlastet und erschöpft, um uns voll und ganz um die Erziehung unserer Tochter zu kümmern. Zu oft standen wir unter Zeitdruck und brachten den Tag mit all seinen Anforderungen irgendwie hinter uns– Phoebe am Morgen zur Schule bringen und unsere Arbeit erledigen; zum Unterricht oder zu einem Interview oder einer Besprechung gehen und an den Rechner zurückkehren, wo der Posteingang wieder vor Mails überquoll; organisieren, dass Phoebe von der Schule abgeholt und zum Fußballtraining, zum Spielen und zum Klavierunterricht gebracht wurde; Essen auf den Tisch stellen und dafür sorgen, dass unsere Tochter und wir selbst ins Bett gingen, um auf den nächsten Tag vorbereitet zu sein.
Como änderte nichts von alldem. Auf eine Art machte er alles komplizierter, weil man mit ihm spazieren gehen und ihn füttern musste und er ungeplant und selbstständig seine Ausflüge unternahm. Doch er zog uns auch aus unserer sich immer schneller drehenden Welt in seine eigene hinein. Er ließ uns, fast schon im wörtlichen Sinn, nach unten blicken und darauf achten, wohin wir traten. Mit allem, angefangen von seinem unkontrollierten Zittern, wenn er seine Futterschüssel sah, über seine Faulheit, wenn er im oberen Flur auf einem von der Sonne beschienenen Fleckchen lag, bis zu seiner Panik, wenn er irgendwo eingesperrt war, erinnerte er uns daran, dass wir alle Mitbewohner auf dieser irdischen Welt waren. Selbst in seinen unerträglichsten und grausamsten Momenten war Como empfänglich für die Freuden und Gefahren des Lebens. Es war etwas verwirrend und manchmal ziemlich lächerlich, doch auch unbestreitbar wahr: Der knochige, verängstigte Terrier, den wir eines Nachmittags im Zwinger eines Tierheims gefunden hatten, hatte uns sensibler gemacht.
Am lebhaftesten erinnere ich mich noch an einen der Tage, die Como in der Klinik verbrachte. Phoebe und ich saßen in der Eingangshalle der Klinik auf den
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