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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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diese Richtung. Ich sah nach und merkte, dass ich noch immer den Pömpel umklammerte.
    »Oh«, machte ich. Ich stellte den Pömpel in den Schirmständer. »Verzeihung. Nur zur Selbstverteidigung.«
    »Mhm«, sagte Ramirez. »Schätze, es hinge davon ab, was der andere Kerl hat.« Er trat ins Haus, wobei er über die Schulter seinen Partner anwies: »Sieh dich mal im Garten um, Williams.«
    »Jo«, erwiderte Williams, ein drahtiger Schwarzer von ungefähr vierzig. Er ging hinunter in den Garten und verschwand um die Hausecke.
    Ramirez stand mitten im Raum und betrachtete Rita und die Kinder. »So, was ist denn nun passiert?«, fragte er, doch ehe ich antworten konnte, blinzelte er mich an. »Kenne ich Sie irgendwoher?«, fragte er.
    »Dexter Morgan«, stellte ich mich vor. »Ich arbeite in der Kriminaltechnik.«
    »Richtig«, sagte er. »Was ist denn nun passiert, Dexter?«
    Ich erzählte es ihm.

[home]
    28
    D ie Polizisten blieben ungefähr eine Dreiviertelstunde. Sie sahen sich im Garten und in der direkten Nachbarschaft um, entdeckten jedoch nichts, was sie nicht weiter zu überraschen schien und ehrlich gesagt auch mich nicht sonderlich erschütterte. Als sie mit dem Nachsehen fertig waren, kochte Rita Kaffee und labte sie mit selbstgebackenen Haferkeksen.
    Ramirez ging davon aus, dass eine Bande Jungs versucht hatte, uns zu erschrecken, und falls er recht hatte, waren sie mit Sicherheit erfolgreich gewesen. Williams gab sich alle Mühe, uns zu beruhigen, indem er uns versicherte, dass es nur ein Streich gewesen und jetzt vorbei wäre, und als sie sich verabschiedeten, fügte Ramirez hinzu, sie würden bis zum Ende der Nacht noch ein paarmal bei uns vorbeifahren. Doch trotz dieser beruhigenden Worte saß Rita den Rest der Nacht mit einer Tasse Kaffee in der Küche, unfähig, wieder schlafen zu gehen. Ich für mein Teil wälzte mich drei Minuten hin und her, ehe ich wieder ins Schlummerland trieb.
    Und während ich den langen dunklen Abhang in den Schlaf glitt, setzte erneut die Musik ein. Und da war pure, überwältigende Freude und die Hitze auf meinem Gesicht …
    Und irgendwie stand ich im Flur, wo Rita mich schüttelte und meinen Namen rief: »Dexter, wach auf«, flehte sie. »Dexter.«
    »Was ist passiert?«, sagte ich.
    »Du bist geschlafwandelt«, sagte sie »Und hast dabei gesungen. Im Schlaf gesungen.«
    Und so fand der rosenfingrige Morgen uns beide Kaffee trinkend am Küchentisch. Als schließlich der Wecker im Schlafzimmer losschrillte, stand sie auf, um ihn abzustellen, kehrte zurück und sah mich an. Ich erwiderte den Blick, doch schien es nichts zu sagen zu geben, und dann betraten Cody und Astor die Küche, und wir konnten nichts mehr tun, außer durch die morgendliche Routine zu stolpern und zur Arbeit zu fahren, wobei wir so taten, als wäre alles genau so, wie es sein sollte.
    Doch das stimmte natürlich nicht. Jemand versuchte, in meinen Kopf einzudringen, und hatte viel zu viel Erfolg. Und nun hatten sie versucht, in mein Haus zu gelangen, und ich wusste nicht einmal, wer sie waren oder was sie wollten. Ich musste annehmen, dass alles irgendwie mit Moloch zusammenhing und der Abwesenheit meiner Präsenz.
    Kurz gesagt versuchte jemand, mir etwas anzutun, und sie kamen näher und näher.
    Ich stellte fest, dass ich nicht geneigt war, die Vorstellung zu akzeptieren, dass ein wirklich lebendiger, alter Gott versuchte, mich umzubringen. Erstens existieren sie nicht. Und selbst wenn, warum sollte sich einer von ihnen mit mir abgeben? Es war eindeutig ein menschliches Wesen, das diese ganze Molochsache als Kostümierung nutzte, um sich mächtiger und wichtiger zu fühlen und seine Opfer glauben zu machen, er habe magische Kräfte.
    Wie zum Beispiel, in meinen Schlaf einzudringen und mich Musik hören zu lassen? Ein menschliches Raubtier vermochte das nicht. Und den Dunklen Passagier konnte es auch nicht vertreiben.
    Die einzig möglichen Antworten waren unmöglich. Vielleicht lag es an meiner lähmenden Erschöpfung, aber mir fielen keine anderen ein.
    Als ich an diesem Morgen bei der Arbeit erschien, blieb mir keine Gelegenheit, weiter darüber nachzugrübeln, denn wir wurden umgehend zu einem Doppelmord in einem ruhigen Kifferhaus im Grove gerufen. Zwei Teenager waren gefesselt, aufgeschlitzt und dann, um das Maß voll zu machen, mit mehreren Schüssen getötet worden. Und obgleich ich sicher bin, dass ich dies schrecklich finden sollte, war ich eigentlich sehr dankbar für die Gelegenheit, mir

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