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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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hoffte ich. Es gab sogar eines über christliche Chemie. Was mir ein wenig übertrieben schien, es sei denn, darin stand ein Rezept für den alten Wasser-zu-Wein-Trick.
    Wesentlich interessanter war ein Werk mit gotischen Lettern auf dem Einband. Ich verdrehte den Kopf, um den Titel zu lesen; reine Neugier, doch während ich las, hatte ich das Gefühl, als fülle sich mein Magen mit Eis.
    Dämonische Besessenheit: Tatsache oder Einbildung?
, lautete er, und beim Lesen hörte ich deutlich den weit entfernten Klang eines fallenden Groschens.
    Für einen außenstehenden Betrachter ist es einfach, den Kopf zu schütteln und zu sagen: Ja, wenn er daran noch nie gedacht hat, ist Dexter offensichtlich ein dummer Junge. Doch die Wahrheit lautet, dass es tatsächlich so war. Dämon hat so viele negative Konnotationen, nicht wahr? Und solange die Präsenz präsent war, schien es nicht notwendig, sie mit obskuren Begriffen zu bezeichnen. Erst jetzt, da er fort war, bedurfte ich einiger Erklärungen. Und warum nicht diese? Sie war ein bisschen altmodisch, doch ihre reine Altehrwürdigkeit schien zu belegen, dass etwas daran sein mochte, irgendein Zusammenhang, der bis zu dem Blödsinn mit Salomon und Moloch reichte und wieder zurück in die Gegenwart, zu dem, was mir zustieß.
    War der Dunkle Passagier wahrhaftig ein Dämon? Und bedeutete die Abwesenheit des Passagiers, dass er ausgetrieben worden war? Falls ja, durch was? Etwas überwältigend Gutem? Ich konnte mich nicht erinnern, so etwas in den letzten, äh, Leben oder so getroffen zu haben. Eigentlich eher im Gegenteil …
    Doch konnte etwas sehr Schlechtes einen Dämon austreiben? Ich meine, was könnte schlimmer sein als ein Dämon? Moloch vielleicht? Oder konnte ein Dämon sich aus irgendeinem Grund selbst austreiben?
    Ich versuchte, mich mit dem Gedanken zu trösten, dass ich jetzt immerhin ein paar gute Fragen hatte, doch fühlte ich mich nicht sonderlich getröstet. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als sich die Tür öffnete und Hochwürden Gilles hereinfegte, strahlend und »schön, schön« vor sich hinmurmelnd.
    Der Reverend schien um die fünfzig und außerordentlich gut im Futter, weshalb ich davon ausging, dass die Kirchensteuer reichte. Er kam direkt auf uns zu, umarmte Rita und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, ehe er mir einen herzlichen, mannhaften Händedruck bot.
    »Nun«, sagte er und lächelte mich vorsichtig an. »Sie sind also Dexter.«
    »Davon gehe ich aus«, sagte ich. »Ich kann es nicht ändern.«
    Er nickte, als wäre meine Antwort irgendwie sinnvoll. »Setzen Sie sich, bitte, entspannen Sie sich«, bat er, während er hinter seinen Schreibtisch trat und auf seinem großen Drehstuhl Platz nahm.
    Ich nahm ihn beim Wort und lehnte mich in dem roten Ledersessel gegenüber vom Schreibtisch zurück, doch Rita kauerte nervös auf der Kante ihres identischen Sessels.
    »Rita«, sagte er und lächelte wieder. »Gut, gut. Du bist also bereit, es noch einmal zu versuchen, nicht wahr?«
    »Ja, ich – nur – ich meine, ich glaube schon«, stotterte Rita, während sie knallrot anlief. »Ich meine, ja.« Sie sah mit hochrotem Kopf und strahlendem Lächeln zu mir herüber und wiederholte: »Ja, ich bin bereit.«
    »Gut, gut«, sagte er und verlagerte seinen Ausdruck liebevoller Fürsorge auf mich. »Nun zu Ihnen, Dexter. Ich würde gern ein bisschen über Sie erfahren.«
    »Nun, zunächst einmal werde ich des Mordes verdächtigt«, sagte ich bescheiden.
    »Dexter«, japste Rita, die noch roter wurde, obwohl das eigentlich unmöglich war.
    »Die Polizei glaubt, dass Sie jemanden umgebracht haben?«, fragte Reverend Gilles.
    »Oh, nicht alle«, erwiderte ich. »Nur meine Schwester.«
    »Dexter arbeitet in der Kriminaltechnik«, platzte Rita heraus. »Seine Schwester ist Detective. Er macht nur – was das andere betrifft, das war nur ein Scherz.«
    Erneut nickte er mir zu. »Sinn für Humor ist in jeder Beziehung eine große Hilfe«, bemerkte er.
    Er schwieg einen Moment, sah sehr nachdenklich und sogar noch ernster drein und sagte dann: »Was empfinden Sie für Ritas Kinder?«
    »Oh, Cody und Astor
beten
Dexter
an
«, sagte Rita und wirkte sehr glücklich, dass wir nicht länger über meinen Status als gesuchten Verbrecher sprachen.
    »Doch was fühlt Dexter für
sie
«, bohrte er sanft.
    »Ich mag sie«, sagte ich.
    Reverend Gilles nickte und sagte: »Gut. Sehr gut. Manchmal können Kinder eine Belastung sein. Insbesondere, wenn es nicht die

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