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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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wieder einzusetzen, anscheinend am Küchenfenster.
    Und selbstverständlich hatte der Krach längst aufgehört, als ich die Küche erreichte, sogar noch ehe ich die Deckenlampe eingeschaltet hatte.
    Langsam näherte ich mich dem Fenster über der Spüle und spähte hinaus.
    Nichts. Nur die Nacht und die Hecke und das Nachbarhaus und absolut nichts anderes, was auch immer.
    Ich richtete mich auf und blieb einen Moment stehen, wartete, dass der Lärm an einer anderen Ecke des Hauses wieder einsetzte. Nichts geschah. Ich merkte, dass ich die Luft anhielt, und atmete aus. Was immer es war, es hatte aufgehört. Es war fort. Ich lockerte meine Fäuste und holte tief Luft.
    Und dann schrie Rita.
    Ich drehte mich so rasch um, dass ich mir den Knöchel verdrehte, hoppelte aber dennoch so schnell ich konnte zum Bad. Die Tür war abgeschlossen, doch von drinnen konnte ich hören, wie etwas am Fenster scharrte. Rita kreischte: »Geh weg!«
    »Macht die Tür auf«, sagte ich, und einen Moment später wurde sie von Astor aufgerissen.
    »Am Fenster«, sagte sie ziemlich gelassen, wie ich fand.
    Rita stand mitten im Badezimmer, die geballten Fäuste an den Mund gepresst, Cody vor sich, der schützend den Klopömpel hochhielt. Beide starrten zum Fenster.
    »Rita«, sagte ich.
    Sie drehte sich mit weit aufgerissenen, angsterfüllten Augen zu mir um. »Aber was wollen die denn nur?«, fragte sie mich, als glaubte sie, ich könnte es ihr sagen. Und vielleicht hätte ich das bei einem normalen Verlauf der Ereignisse auch gekonnt – normal im Sinne meines ganzen bisherigen Lebens, als der Passagier mir noch Gesellschaft leistete und mir schreckliche Dinge zuflüsterte. Doch wie die Dinge lagen, wusste ich nur, dass sie reinwollten, aber ich wusste nicht, warum.
    Außerdem wusste ich nicht, was sie beabsichtigten, doch schien das im Moment nicht ganz so wichtig wie die Tatsache, dass sie offensichtlich etwas wollten und glaubten, dass wir es hatten. »Kommt«, sagte ich. »Alle raus hier.« Rita drehte sich zu mir um, doch Cody hielt die Stellung. »Bewegung«, kommandierte ich, und Astor nahm Rita an der Hand und hastete mit ihr durch die Tür. Ich legte Cody die Hand auf die Schulter und schob ihn seiner Mutter hinterher, wobei ich sanft den Pömpel aus seinen Fingern löste. Dann drehte ich mich zum Fenster um.
    Der Lärm dauerte an, ein lautes Scharren, das klang, als wollte sich jemand durch die Scheibe kratzen. Ohne nachzudenken trat ich vor und schlug mit dem Gummikopf des Pömpels gegen die Scheibe.
    Das Geräusch verstummte.
    Einen langen Moment hörte man nichts außer meinem Atem, der, wie mir bewusst wurde, rasch und keuchend ging. Und dann vernahm ich aus nicht allzu weiter Ferne eine Polizeisirene, die die Stille durchschnitt. Das Fenster im Auge behaltend zog ich mich aus dem Bad zurück.
    Rita saß auf dem Bett, auf der einen Seite Cody, auf der anderen Astor. Die Kinder schienen ziemlich gelassen, doch Rita stand eindeutig kurz vor einem hysterischen Anfall. »Alles ist gut«, sagte ich. »Die Polizei ist gleich da.«
    »Kommt Sergeant Debbie?«, fragte Astor und fügte hoffnungsvoll hinzu: »Glaubst du, sie erschießt jemanden?«
    »Sergeant Debbie liegt schon im Bett und schläft«, sagte ich. Die Sirene war jetzt ganz nah und kam mit quietschenden Reifen vor unserem Haus zum Stehen und verebbte die Tonleiter hinab, bis sie schließlich mit einem Maulen verstummte. »Sie sind da«, verkündete ich, und Rita sprang vom Bett und nahm die Kinder an den Händen.
    Die drei folgten mir aus dem Schlafzimmer, und als wir die Haustür erreichten, hörten wir bereits das Klopfen auf Holz, höflich, aber fest. Das Leben jedoch lehrt uns Vorsicht, deshalb rief ich: »Wer ist da?«
    »Die Polizei«, antwortete eine strenge, männliche Stimme. »Uns wurde ein versuchter Einbruch gemeldet.« Es klang authentisch, doch um kein Risiko einzugehen, ließ ich die Kette an Ort und Stelle, als ich die Tür öffnete und nach draußen sah. Tatsächlich standen dort zwei Streifenbeamte, der eine mit dem Gesicht zur Tür, der andere mit dem Rücken zu uns, während er Garten und Straße absuchte.
    Ich schloss die Tür, nahm die Kette ab und öffnete wieder. »Kommen Sie herein, Officer«, sagte ich. Auf seinem Namensschild stand Ramirez, und ich stellte fest, dass ich ihn flüchtig kannte. Doch er machte keine Anstalten, das Haus zu betreten; er starrte nur auf meine Hand.
    »Was für ein Notfall ist das, Boss?«, fragte er mit einem Nicken in

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