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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Fahrertür des Autos öffnete sich, und Deborah warf sich hinter das Steuer. »Wir fahren«, verkündete sie. »Komm nach vorn.« Sie rammte den Schlüssel in die Zündung und hatte den Motor angelassen, ehe ich auch nur einatmen konnte, um zu antworten.
    »Warte mal eine Minute«, sagte ich, nachdem es mir gelungen war, mir ein wenig Luft zu verschaffen.
    »Ich
habe
keine gottverdammte Minute«, schnauzte sie. »Komm jetzt.«
    »Er ist hier gewesen, Debs«, sagte ich.
    »Um Himmels willen, Dex,
wer
ist hier gewesen?«
    »Ich weiß es nicht«, gab ich zu.
    »Woher, zum Teufel, willst du dann wissen, dass er hier war?«
    Deborah nahm die Karte, warf einen Blick darauf und ließ sie dann auf den Sitz fallen, als spritze sie Kobragift. »Scheiße«, sagte sie. Sie stellte den Motor ab. »Wem hat er sie gegeben?«
    »Cody.«
    Ihr Kopf wirbelte herum, und sie starrte uns drei nacheinander an. »Warum sollte er sie einem Kind geben?«, fragte sie.
    »Weil …«, begann Astor, und ich legte ihr die Hand auf den Mund.
    »Nicht unterbrechen, Astor«, mahnte ich, ehe sie etwas über Schatten sagen konnte.
    Sie holte Luft, doch dann besann sie sich und blieb ruhig sitzen, unglücklich, weil man sie mundtot gemacht hatte, doch erst einmal gewillt, mitzuspielen. So saßen wir vier einen Moment dort, eine große unglückliche, erweiterte Familie.
    »Warum hat er sie nicht hinter den Scheibenwischer gesteckt oder mit der Post geschickt?«, bohrte Deborah weiter. »Und überhaupt, warum hat er uns das verdammte Ding eigentlich überlassen? Und warum sogar gedruckt, um Himmels willen?«
    »Er hat sie Cody gegeben, um uns Angst einzujagen«, sagte ich. »Er will damit sagen: ›Seht ihr? Ich kann euch da erwischen, wo ihr verwundbar seid!‹«
    »Reine Angeberei«, meinte Deborah.
    »Ja«, sagte ich. »Glaube ich zumindest.«
    »Nun, verdammt, das ist das erste Mal überhaupt, dass er etwas Sinnvolles tut.« Sie trommelte mit den Handkanten auf das Lenkrad ein. »Wenn er mit uns Fang-mich-doch spielen will wie alle anderen Psychos, bei Gott, dieses Spiel beherrsche ich auch.« Sie sah zu mir nach hinten. »Pack die Karte in eine Beweismitteltüte«, wies sie mich an, »und versuch, den Kindern eine Beschreibung zu entlocken.« Sie öffnete die Autotür, wand sich heraus und ging hinüber, um mit dem großen Polizisten, Suchinsky, zu reden.
    »Nun«, wandte ich mich an Cody und Astor, »könnt ihr euch daran erinnern, wie der Mann ausgesehen hat?«
    »Ja«, erwiderte Astor. »Werden wir wirklich mit ihm spielen, so wie deine Schwester gesagt hat?«
    »Sie hat Spielen nicht in dem Sinn gemeint wie ihr, wenn ihr Dosentreten spielt«, erklärte ich. »Es ist eher so, dass er uns herausfordert. Wir sollen versuchen, ihn zu fangen.«
    »Und warum ist das anders als Dosentreten?«, fragte Astor.
    »Beim Dosentreten wird niemand getötet«, informierte ich sie. »Wie hat der Mann ausgesehen?«
    Sie zuckte die Achseln. »Er war alt.«
    »Meinst du wirklich alt? Weiße Haare und Falten?«
    »Nein, du weißt schon. So alt wie du«, sagte sie.
    »Ach, du meinst alt«, erwiderte ich, während ich spürte, wie mir die eisige Hand der Sterblichkeit über die Stirn strich, in ihrem Kielwasser Schwäche und zittrige Hände. Kein vielversprechender Beginn für eine echte Beschreibung, doch immerhin war sie zehn Jahre alt, und alle Erwachsenen schienen gleichermaßen uninteressant. Deborah hatte mit ihrer Entscheidung, mit Officer Blöd zu reden, eindeutig die bessere Wahl getroffen. Das hier war hoffnungslos. Dennoch musste ich es versuchen.
    Plötzlich hatte ich eine Eingebung – beziehungsweise etwas, das angesichts meines momentanen Mangels an Verstandeskraft als Eingebungsersatz herhalten musste. Zumindest würde es Sinn ergeben, wenn der unheimliche Typ Starzak gewesen war, der mir auf den Fersen war. »Erinnert ihr euch sonst noch an etwas? Hat er mit Akzent gesprochen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du meinst wie Französisch oder so? Nein, er hat ganz normal geredet. Wer ist Kurt?«
    Es wäre übertrieben zu sagen, dass sich mein kleines Herz bei ihren Worten überschlug, gleichwohl spürte ich mit Sicherheit ein inneres Beben. »Kurt ist der Tote, den ich mir gerade angesehen habe. Warum willst du das wissen?«
    »Hat der Mann gesagt«, antwortete Astor. »Er hat gesagt, eines Tages würde Cody ein viel besserer Gehilfe sein als Kurt.«
    Eine plötzliche, sehr kalte Brise wehte durch Dexters inneres Klima. »Ehrlich?«, sagte ich. »Wie

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