Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
abstellen«, sagten wir, und während er die Automatik auf Parken schob, waren wir aus dem Wagen und zogen ihn hinter uns her auf den Boden, rissen heftig und sahen zu, wie er um sich schlug, ehe wir ihn auf die Beine zerrten. Der Speichel um seinen Mund war eingetrocknet, und in seinen Augen schimmerte Begreifen, als er nun hässlich und abstoßend im lieblichen Mondschein stand, am ganzen Körper zitternd wegen meines schrecklichen Fehlverhaltens in Bezug auf sein Geld. Die einsetzende Erkenntnis, dass er sich vielleicht nicht sonderlich von jenen unterschied, die er erledigt hatte, spülte über ihn hinweg und ließ ihn schwach zurück. Wir ließen ihn einen Moment einfach stehen und atmen, dann stießen wir ihn zur Tür. Er streckte einen Arm aus, die Handfläche gegen die Betonwand gedrückt. »Hör mal«, sagte er, und jetzt lag ein echt menschliches Zittern in seiner Stimme. »Ich kann dir haufenweise Geld besorgen. Alles, was du willst.«
    Wir erwiderten nichts. Zander leckte sich die Lippen. »Also gut«, sagte er, und seine Stimme klang jetzt dünn, brüchig und verzweifelt. »Was willst du dann von mir?«
    »Exakt das, was du anderen genommen hast«, sagten wir mit einem besonders heftigen Ruck an der Schlinge. »Außer den Schuhen.«
    Er starrte, sein Mund erschlaffte, und er pinkelte in die Hose. »Das habe ich nicht. Das ist nicht …«
    »Das hast du«, sagten wir. »So ist es.« Wir zerrten ihn an der Leine durch die Tür in den sorgfältig vorbereiteten Raum. An den Wänden lagen ein paar Bruchstücke alter Kunststoffrohre und, wichtiger noch für Zander, standen zwei Hundertfünfzig-Liter-Fässer Salzsäure, die Jone Plasti zurückgelassen hatten, als sie sich aus dem Geschäft zurückzogen.
    Es fiel uns leicht, Zander auf die Arbeitsfläche zu hieven, die wir für ihn freigeräumt hatten, und innerhalb weniger Augenblicke hatten wir ihn verklebt und an Ort und Stelle gefesselt, und wir waren sehr erpicht darauf, zu beginnen. Wir trennten die Schlinge durch, und er keuchte, als die Klinge seinen Hals ritzte.
    »Jesus!«, stöhnte er. »Hör mal, du machst einen großen Fehler.«
    Wir sagten nichts; Arbeit wartete auf uns, und wir bereiteten alles vor, indem wir langsam seine Kleidung auftrennten, abzogen und sie in eins der Säurefässer warfen.
    »Oh, Scheiße, bitte«, jammerte er. »Ehrlich, es ist nicht, wie du glaubst – du weißt ja nicht, was du tust.«
    Wir waren soweit und hielten das Messer hoch, damit er sehen konnte, dass wir sehr wohl wussten, was wir taten, und nun beginnen würden.
    »Kumpel, bitte«, flehte er. Die Angst in seinem Inneren lag jenseits dessen, was er für möglich gehalten hatte, jenseits der Demütigung, sich einzunässen, zu betteln, jenseits all dessen, was er sich jemals vorgestellt hatte.
    Und ganz plötzlich wurde er überraschend ruhig. Er sah mir mit völlig unangebrachter Klarheit in die Augen und sagte mit einer Stimme, die ich nie bei ihm gehört hatte: »Er wird dich finden.«
    Wir hielten einen Augenblick inne, um zu erwägen, was er damit meinte. Aber wir waren sehr sicher, dass es sich um einen letzten hoffnungsvollen Bluff handelte, und er verdarb den köstlichen Geschmack seines Entsetzens und machte uns wütend, und wir klebten seinen Mund zu und gingen an die Arbeit.
     
    Das ist nicht gut, dachte der Beschatter. Sie befanden sich schon viel zu lange in dem verlassenen Lagerhaus, und es konnte keinen Zweifel geben, dass es sich bei dem, was immer sie darin taten, nicht um ein gesellschaftliches Ereignis handelte.
    Ebenso wenig wie die Verabredung mit Zander, für die er eingeteilt worden war. Ihre Treffen waren immer rein geschäftlich gewesen, obgleich Zander anders darüber dachte. Die Ehrfurcht in seiner Miene bei ihren seltenen Begegnungen sprach Bände über das, was der junge Narr glaubte und fühlte. Er war so stolz auf den kleinen Beitrag, den er leistete, so begierig darauf, der kalten, gewaltigen Macht nah zu sein.
    Der Beschatter bedauerte nichts, was Zander zustoßen mochte – er war einfach genug zu ersetzen; er fragte sich nur, warum dies heute Abend geschah und was es bedeutete.
    Und mittlerweile war er froh, dass er sich nicht eingemischt, sondern die beiden lediglich verfolgt hatte. Er hätte mühelos hineingehen und den kecken jungen Mann, der Zander entführt hatte, erledigen, ihn vollständig vernichten können.
    Selbst jetzt spürte er die gewaltige Macht in sich murmeln, eine Macht, die aufröhren und alles in Reichweite

Weitere Kostenlose Bücher