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Komme, was Wolle

Komme, was Wolle

Titel: Komme, was Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil McNeil
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Versprechungen elterlicher Großzügigkeit zu erfüllen, schaffte es aber nie, die Waren rechtzeitig zu liefern. Und das wird sich jetzt nie mehr ändern; er wird immer ihr wunderbarer Daddy sein, den sie verloren haben. Und das ist einfach verdammt ungerecht.
    Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich nicht aufgehört hätte zu arbeiten. Dann würde es sich nicht so anfühlen, als ob er immer nur unterwegs und ich zu Hause gewesen wäre, Wäsche zusammengelegt und den Kontakt zu ihm verloren hätte. Ich wäre ebenfalls unterwegs gewesen. Als Jack noch klein war, hatte ich es mit Halbtagsarbeit versucht, aber der Schichtdienst war der reinste Albtraum, und ich konnte mich nie auf Nick verlassen, so dass es viel zu kompliziert war. Außerdem hasste ich es, nicht mehr ernst genommen zu werden, so als wäre ich auf versteckte Art und Weise degradiert worden, nur weil ich ein Baby hatte, während es für Nick überhaupt kein Thema war. Das ist auch so eine Sache mit dem Kinderkriegen; es ist dieses ganze unterschwellige Zeugs, das dich fertigmacht. Und jetzt bin ich ganz auf mich allein gestellt, was so nicht geplant war. Obgleich ich in vielerlei Dingen schon immer auf mich allein gestellt war. Nick hätte nie in Betracht gezogen, mal eine Weile kürzerzutreten und die Jungs zu versorgen. Er wusste nie, wer von ihnen seinen Saft am liebsten aus dem blauen Becher trank oder seine Nachttischlampe die ganze Nacht anhaben musste. Er wäre im umgekehrten Fall völlig aufgeschmissen: wenn ich diejenige wäre, die nicht mehr da ist, und er sich allein um die Kinder kümmern müsste. Aber dennoch wünschte ich, dass er irgendwo da draußen wäre, nicht nur eine verdammte Erinnerung.
    Es ist beinahe zehn Uhr, als George und die Jungs sich endlich auf die Socken machen, und obwohl Gran tapfer behauptet, dass es ihr gutgeht und sie zu Fuß nach Hause gehen kann, ist es doch ein langer Weg bergauf zu ihrem Bungalow, und draußen ist es stockdunkel, so dass sie nach kurzem Hin und Her nachgibt und sich von mir nach Haus fahren lässt. Wir müssen einen großen Umweg über die Küstenstraße machen wegen des neuen Einbahnstraßensystems, aber Jack und Archie sind begeistert, im Dunkeln noch draußen zu sein, und Gran liefert unentwegt Kommentare zu praktisch allem, woran wir vorbeifahren.
    »Seht nur, das ist Mr. Pallfrey, er wohnt in eurer Straße, und er sollte nicht so einen großen Hund haben, wenn er nicht mit ihm umgehen kann – er hat den Milchmann letzte Woche die ganze Straße hinuntergejagt, und der war wirklich mächtig verärgert. Er sagt, er zeigt ihn an, wenn das noch mal vorkommt, und ich kann ihm da keinen Vorwurf machen.«
    Mr. Pallfrey wird mit ziemlicher Geschwindigkeit von einem sehr großen Hund vorwärtsgezerrt. Jack schließt das Fenster.
    »Beißt er Leute, Gran?«
    »Da mach dir mal keine Sorgen, Spatz, das ist ein ganz Lieber; er leckt dich wie verrückt, wenn du ihn lässt. Und das ist das Haus, das Lady Denby gekauft hat, schaut mal, das da drüben.«
    Wir fahren an einem vornehm aussehenden Haus mit schmiedeeisernem Tor vorbei, ganz am Ende der Küstenstraße. Lady Prudence Denby ist die örtliche Aristokratin, die all unsere Komitees dominiert und in der Regel begleitet wird von zwei Labradors und ihrem Ehemann George, der sich keinen Namen merken kann und alle Moira nennt. Sie haben ihr Landgut letztes Jahr für ein kleines Vermögen an Grace Harrison verkauft, den zweimal für den Oskar nominierten Megafilmstar, der alle britischen Filmpreise gewonnen hat. Die Medien gaben vor zu wissen, dass sie zu ihren kentischen Wurzeln zurückkehren wollte, nur nicht unbedingt zu den Hinterhofstraßen von Gravesend, wo sie aufgewachsen ist, sondern zu einer malerischeren Version inklusive einhundertzwanzig Morgen Land und einem georgianischen Herrenhaus mit See. Die ganze Stadt platzt seitdem vor Neugierde.
    »Sie hat fünf neue Badezimmer, diese Grace Harrison, alle in Marmor, und ein neues eingelassenes Bad, das groß genug ist für sechs Leute, aber was du mit so einem großen Bad willst, ist mir schleierhaft – denk nur an die Kosten für all das warme Wasser. Und Mrs. Palmer von der Post sagt, dass sie einzieht, wenn sie zurückkommt aus Amerika. Woher sie das allerdings wissen will, weiß ich nicht, sie tut immer so, als wüsste sie mehr als alle anderen, was lächerlich ist, weil sie auch nicht wusste, dass der Pub verkauft worden ist, nicht wahr? Ich habe das selbst herausgefunden, über Betty.

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