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Komme, was Wolle

Komme, was Wolle

Titel: Komme, was Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil McNeil
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Kniffliges in Angriff nimmt, und als George und die Jungs auftauchen und anfangen, die Küche mit Kartons zu verstopfen, legt sie gerade ein ziemlich elegantes Medley von Glenn Millers größten Hits hin.
    Die Küchenschränke wirken in meinen Augen blitzsauber, aber Gran ist nicht zufrieden und schrubbt immer noch, und es macht überhaupt keinen Sinn, sich mit ihr zu streiten, weil sie nur meinen Arm tätscheln, »Ja, Liebchen« sagen, mich vollständig ignorieren und einfach weitermachen würde. Sie mag ja ziemlich klein sein, und im Lauf der Jahre ist sie definitiv noch geschrumpft, aber außer dass sie leicht weggetreten wirkt, wenn sie müde ist, sieht sie immer noch genauso aus wie damals, als wir in unseren Sommerferien hierhergekommen sind. Sauber und adrett mit ihren Haaren, die jede Woche in dem Salon neben der Drogerie in eine Dauerwelle gelegt werden, die die ersten paar Tage wie ein Helm wirkt und dann langsam schlaffer wird und sich auflöst, immer fleißig mit ihrer Latzschürze um, immer lächelnd und vor sich hin summend, blaue Augen und weiche Hände.
    Ich setze den Kessel auf, um Tee zu machen, und stelle fest, dass der alte Kühlschrank, den Gladys uns überlassen hat, komische brummelnde Geräusche macht. Aber ich kann jederzeit Sachen in der Speisekammer lagern, falls er streikt. Es ist eiskalt in der Kammer mit den dicken Steinregalen, die mich an Mrs. Bridges in Das Haus am Eaton Place erinnern. Vielleicht lerne ich ja, wie man Hammelfleisch und Pasteten zubereitet, und fange an, Marmelade einzukochen und Pickles und alle Gläser in Reih und Glied aufzustellen, versehen mit hübschen Etiketten. Aber um ehrlich zu sein, als ich das letzte Mal versucht habe, Marmelade zu machen, wollte sie nicht gelieren, stundenlang nicht, und dann plötzlich wurde sie zementartig, und ich musste sie quasi aus dem Topf schneiden; also sollte ich vielleicht lieber nur meine Lebensmittelpackungen und Gläser einräumen, sollte ich je herausfinden, in welchem Karton sie sind. Alles, was mir bisher unter die Finger gekommen ist, sind stapelweise Teller, eine Sammlung alter Staubtücher, das Kehrblech minus Besen und ein kleines Milchkännchen.
    Unsere Sofas sehen im Wohnzimmer winzig aus, so dass für unseren zukünftigen Lebensstil eher das Attribut geräumig als kultiviert zutrifft. Aber mein Schlafzimmer wird großartig ohne die Lücken im Schrank, wo Nicks Sachen hingen. Genau genommen gibt es überhaupt keinen Schrank, da der alte zusammengebrochen ist, als sie ihn auseinandergenommen haben, um ihn nach unten zu tragen. Es gibt jedoch einen Einbauschrank, und ich werde alles violett streichen, oder mattrosa, und mir eine weiße Baumwollüberdecke kaufen, ohne befürchten zu müssen, dass Nick beim Zeitunglesen im Bett seinen Kaffee verschüttet. Und ich werde mir eine Hängelampe mit einem Glasschirm kaufen und einen Nachttisch. Nick hielt Nachttische für spießig, er mochte Bücherstapel und Zeitungen und obendrauf sein Radio, und dann passierte es ihm regelmäßig, dass sein Wecker unters Bett rollte, so dass ich, wenn er früh aus dem Haus musste, davon aufwachte, wie er wild fluchend unter dem Bett herumfuhrwerkte, um den Wecker auszuschalten, bevor die Jungs davon wach wurden.
    Mann, ich wünschte, er wäre immer noch da und würde über irgendjemandes Tagesdecke Kaffee schütten; manchmal vergesse ich es schlicht, und dann trifft es mich plötzlich wieder, als würde man auf einen blauen Fleck drücken: ein irgendwie gedämpfterer und weniger scharfer Schmerz, aber viel größer. Und weil ich so daran gewöhnt war, dass er wochenlang weg war, vergesse ich es einfach und denke, dass ich ihm nächstes Mal, wenn er anruft, etwas erzählen muss – gewöhnlich geht es dabei um die Jungs -, und dann fällt es mir wieder ein.
    Das ist das, was ich am meisten hasse, denn auch wenn er vielleicht nicht der hingebungsvollste Vater der Welt war, war er doch ihr Dad, und sie haben ihn geliebt. Ich habe so lange damit zugebracht, das wundervolle Daddybild zu pflegen, Geschenke von ihm für sie zu kaufen und zu kaschieren, dass er nicht mal wusste, was ihre neuesten Vorlieben und Abneigungen waren; und jetzt, wo er nicht mehr da ist, wird der Mythos eher noch größer, und ich muss damit leben. Für alle Zeiten. Zum Beispiel hatte er immer vor, etwas mit ihnen zu unternehmen, und dann klingelte sein Telefon, und schon war er unterwegs nach Heathrow, und ich musste einspringen wie ein blöder Kurierservice, um seine

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