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Komme, was Wolle

Komme, was Wolle

Titel: Komme, was Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil McNeil
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vielleicht etwas bereiter für die Fotoaufnahmen fühlen würde und etwas weniger so, als sollte ich umgehend wieder ins Bett gehen. Ich wühle in meiner Tasche, aber der Deckel ist abgefallen, und der Stift ist voller Fusseln. Wenn ich eine anständige erwachsene Frau wäre, hätte ich ein Kulturtäschchen für den Notfall im Handschuhfach voll makelloser Schminksachen und einem Parfumzerstäuber mit meinem Lieblingsduft. Aber da ich das nicht bin, muss ich mit einem alten Lippenstift das Beste versuchen. Und mit einem Feuchtigkeitstuch, das den Fleck auf meiner Jeans nur noch schlimmer macht. Du liebe Güte.
    Die Ansammlung schicker Wagen neben dem Haus hat beträchtlich zugenommen, als ich ankomme, also sind die Zeitschriftenleute vermutlich schon da. Kein Zeichen von Daniel, aber Maxine ist sehr viel freundlicher als gestern, als sie mich nach oben zu Grace führt.
    »Es geht hier schon den ganzen Morgen zu wie in einem Irrenhaus.«
    Ich weiß genau, wie sie sich fühlt.
    »Du liebe Zeit.«
    »Wir haben eine kleine Krise, weil Grace alle Kleider hasst.«
    »Also, ich möchte nicht im Weg stehen, ich kann gern später wiederkommen.«
    Vorzugsweise ohne Mayonnaiseflecken.
    »Sie sagte, ich soll Sie gleich nach oben führen.«
    »Oh. Na gut.«
    Herrgott, ich hoffe, sie kriegt jetzt keinen divamäßigen Wutanfall, weil ich dafür wirklich nicht in der Stimmung bin. Ich frage mich, ob Maxine wohl Aspirin hat.
    Grace ist in einem der blau-weißen Schlafzimmer, die wir gestern bei der Führung gesehen haben, und sitzt mit ganz dicken Schaumgummilockenwicklern im Haar vor einem riesigen Spiegel, und eine Frau tupft ihr Puder auf die Wangen.
    »Toll, dass Sie da sind. Ich bin fast fertig, und dann haben wir zehn Minuten.«
    Sie trägt ein bronzefarbenes, trägerloses Abendkleid aus Seide und eine ziemlich bombastische Diamanthalskette, und das Zimmer ist voll von Leuten, die schwarze Nylontaschen öffnen und Kleider aufhängen. Sie dreht sich zu einer Frau um, die eine Art purpurfarbenen Kittel mit Blumenmuster über schwarzen Leggings und goldene Stilettos trägt – was mich annehmen lässt, dass sie entweder die Stylistin oder irgendwas anderes Kreatives ist.
    »Ich gehe nur mal kurz runter, Gwen.«
    »Okay, Darling.«
    »Und ich trage dieses blaue Teil nicht, okay?«
    »Sicher. Mir war klar, dass du es hassen würdest. Ich hab es ihnen gesagt, aber sie glauben ja immer, dass sie alles besser wissen.«
    »Und du kannst Sven sagen, wenn er versucht, mir das Haar zurückzukämmen, rufe ich Bruno, um ihn rauszuschmeißen. Und glaube mir, Bruno ist nicht die Art Begleitung, an die Sven gewöhnt ist.«
    »Ich sag es ihm.«
    »Ich meine es ernst.«
    »Ich weiß, dass du es ernst meinst. Das ist ja das Schöne.«
    Beide lachen.
    Du liebe Zeit. Es klingt ganz danach, als ob Sven einen ziemlich schwierigen Morgen vor sich hätte.
    Wir gehen nach unten in den Raum mit den grünen Samtsofas. Maxine bringt uns Tee, wir sehen uns Babydeckenmuster an, und insgesamt ist es ziemlich bizarr, mit jemandem in einem Ballkleid, Lockenwicklern im Haar und einem Vermögen an Diamanten um den Hals dazusitzen und über Stricken zu reden. Sie entscheidet sich für ein schlichtes quadratisches Muster mit einer kraus rechts gestrickten Borte und sieht sich dann die Farben an.
    »Diese beiden sehen gut aus zusammen.«
    Sie hält Kaffee und Karamell hoch.
    »Fangen wir mit Kaffee an.«
    Ich zeige ihr, wie man aufnimmt, und sie konzentriert sich, beobachtet genau, wie ich es mache, und dann hält sie ihre Hände exakt so, wie ich es getan habe.
    »So?«
    »Perfekt. Sie lernen wirklich schnell.«
    Sie lächelt. »Und was kommt als Nächstes?«
    »Ich zeige Ihnen, wie man rechts strickt – das ist die Basis, auf der alles andere aufbaut. Es ist wirklich ganz leicht.«
    Sie hat bereits fast vier Reihen gestrickt, als Daniel kommt und unglaublich aufgedreht wirkt.
    »Wir sind bereit, wann immer du so weit bist, mein Engel.«
    »Ich will nur noch eben diese Reihe zu Ende stricken.«
    »Was wird das denn?«
    »Eine Decke für das Baby.«
    »Tolle Farben.«
    Er zwinkert mir zu.
    »Da, fertig.« Sie reicht mir das Strickzeug und dreht sich zu Daniel um. »Fünf Minuten?«
    »Fein.«
    »Ist Sven oben?«
    »Jawohl, bereit und zitternd.«
    »Gut. Kommen Sie mit, Jo, dann kann ich noch etwas mehr stricken, während er diese Wickler rausnimmt.«
    Eine halbe Stunde später sind wir draußen am See, und sie sitzt strickend mit nackten Füßen auf den Steinstufen

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