kommen groß raus
kann ich nicht annehmen“, sagte Anne-Marie entschieden.
„Doch, natürlich kannst du das“, entgegnete Hanni ebenso bestimmt. Sie nahm Anne-Maries Jacke vom Kleiderhaken und reichte sie ihr. „Nun komm, ich sterbe schon vor Hunger!“
Letzten Endes war Anne-Marie froh, dass sie überstimmt war. Sie schlüpfte in ihre Jacke, und wenig später saßen die Mädchen an einem Fensterplatz im Café und ließen sich den Schinken-Käse-Toast schmecken.
„Du hattest Recht, Hanni. Dieser Toast ist wirklich lecker“, stellte Anne-Marie fest und steckte sich ein großes Stück in den Mund. „Und nach Patrizia ist mir eure Gesellschaft umso angenehmer. Wenn ich nächsten Monat wieder Geld habe, werde ich euch einladen. Versprochen!“
Während die Zwillinge an der Kasse zahlten, sah Anne-Marie aus dem Fenster und stutzte. Die kleine Dora betrat die Buchhandlung auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Hoffentlich war sie nicht allein in die Stadt gekommen. Denn die Schülerinnen der unteren Klassen durften nur zu zweit nach Rottstadt. Erst die der fünften und sechsten Klasse konnten das Städtchen auch einzeln besuchen. Wenn die Direktorin oder Frau Roberts oder auch nur die Zwillinge davon erfuhren, würde die Erstklässlerin großen Ärger bekommen.
Während Anne-Marie noch aus dem Fenster sah und darüber nachdachte, ob sie Hanni und Nanni von der Sache erzählen sollte, weiteten sich ihre Augen. Denn jetzt betrat Dora den Buchladen schon wieder! Wie konnte das denn sein? Anne-Marie hatte ihren Blick doch keine Sekunde von der Tür der Buchhandlung gelassen, und Dora war ganz bestimmt nicht wieder herausgekommen. Wie konnte sie also den Laden jetzt noch einmal betreten?
„He, Anne-Marie, du siehst ja aus, als hättest du ein Gespenst gesehen“, meinte Hanni, als die Zwillinge zum Tisch zurückkehrten.
„Ich habe etwas sehr Merkwürdiges gesehen“, sagte Anne-Marie und erzählte den Zwillingen rasch die verwirrende Geschichte.
„Du hast dich bestimmt verguckt“, beruhigte Hanni sie. „Wahrscheinlich sah das zweite Mädchen nur so ähnlich aus wie Dora. Es gibt ja eine ganze Menge Erstklässlerinnen mit blonden Haaren.“
Aber Anne-Marie blieb dabei, dass es niemand anderer als Dora war, die sie gesehen hatte.
Plötzlich schlug Nanni mit der flachen Hand auf den Tisch. „Jetzt hab ich’s!“, rief sie. „Hanni, erinnerst du dich, dass ich vor ein paar Tagen gesagt habe, dass mich irgendetwas an der Kleinen irritierte? Jetzt weiß ich, was es ist! Sie hat uns beide auf Anhieb auseinander halten können!“
„Tatsächlich?“, fragte Hanni verblüfft.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass die meisten Leute uns nicht unterscheiden können, wenigstens nicht sofort.“
„Das stimmt“, warf Anne-Marie ein. „Nanni, ich kann mich daran erinnern, dass ich auch erst einmal ein paar Wochen brauchte, bis ich merkte, dass deine Haa- re ein bisschen lockiger sind als Hannis. Und dass ihre Augenbrauen ein klein bisschen gerader sind als deine.“ „Genau!“, triumphierte Nanni. „Aber als wir neulich mit Dora gesprochen haben, hat sie uns gleich mit den richtigen Namen angesprochen.“
„Das ist allerdings ziemlich ungewöhnlich“, stimmte Hanni zu und runzelte die Stirn. „Normalerweise können das nur Menschen, die selbst einen Zwilling haben, der ihnen genau gleich sieht. Weil sie daran gewöhnt sind, auch die kleinsten Unterschiede zwischen sich und ihrem Zwilling festzustellen. Nanni! Meinst du etwa .“
„Genau das meine ich“, unterbrach Nanni sie ungeduldig. „Ich glaube, es gibt zwei Doras.“
„Das würde jedenfalls einiges erklären“, meinte Anne-Marie, die mit offenem Mund zugehört hatte. „Zum Beispiel, warum sie so oft plötzlich irgendwo auftaucht und sich so rasend schnell von einem zum anderen Ort bewegen kann.“
„Stimmt“, sagte Nanni. „Und es würde auch ihre seltsame Vorstellung beim Handballspiel gestern erklären. Ein Zwilling hat in der ersten Halbzeit gespielt und der andere in der zweiten.“
„Diese kleinen Biester!“, rief Hanni. „Kein Wunder, dass Dora neulich so schnell unsere kleinen Arbeiten verrichtet hat und dann mit Rekordgeschwindigkeit wieder im Aufenthaltsraum war!“
„Und was sollen wir jetzt machen?“, fragte AnneMarie.
„Zuerst einmal holen wir die beiden aus der Buchhandlung“, meinte Hanni grimmig und stand auf. „Und dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als sie zu Frau Theobald zu bringen.“
„Anne-Marie, du bleibst
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