kommen groß raus
als Wachposten draußen“, bestimmte Nanni, während sie die Straße überquerten. „Ich gehe mit Hanni hinein. Und wenn eine von ihnen abhauen will, dann schnappst du sie dir.“
Aber solche Methoden waren gar nicht notwendig, denn gerade als die Zwillinge die Buchhandlung betreten wollten, traten zwei vollkommen gleich aussehende Mädchen heraus und blieben abrupt stehen, als sie in die strengen Mienen ihrer Schülersprecherinnen sahen.
„Also, was habt ihr zu eurer Verteidigung vorzubringen?“, fragte Hanni ohne Umschweife.
„Wir ... wir haben nur Spaß gemacht“, stammelte Dora - oder war es ihre Zwillingsschwester?
„Dieser Spaß hätte euch in ziemliche Schwierigkeiten bringen können“, sagte Nanni unnachgiebig. „Welcher Zwilling bist du?“
„Ich bin Dora“, sagte das Mädchen und ließ den Kopf hängen.
„Und ich bin Daphne“, fügte ihre Zwillingsschwester hinzu.
Die Sechstklässlerinnen betrachteten die beiden Mädchen aufmerksam und suchten nach kleinen Unterschieden in ihren Gesichtern, anhand derer man sie in Zukunft auseinander halten konnten. Die Lacey- Zwillinge hatten sie die längste Zeit zum Besten gehalten. Noch mal sollte es ihnen nicht gelingen!
„Daphnes Augen sind ein bisschen dunkler als Do- ras“, stellte Nanni schließlich fest. „Und sie ist ein klein wenig dünner. Also gut, dann bringen wir euch jetzt nach Lindenhof zurück.“
„Werdet ihr uns bei Frau Theobald anschwärzen?“, fragte Daphne mit zitternden Lippen, als Nanni sie am Arm fasste.
„Das müssen wir wohl“, antwortete Hanni, die gleichzeitig Dora am Arm nahm. Anne-Marie bildete das Schlusslicht. „Ihr werdet natürlich Ärger bekommen. Aber ehrlich gesagt habt ihr euch das selbst zuzuschreiben. Trotzdem: Wie habt ihr das nur eine ganze Woche durchhalten können?“
„Das war gar nicht so schwierig“, antwortete Dora nicht ohne Stolz. „Ich habe nur einen Brief gefälscht, in dem unsere Mama Frau Theobald schrieb, dass Daphne krank sei und erst in vierzehn Tagen nach Lindenhof kommen könnte.“
„Moment mal“, unterbrach Nanni sie und runzelte die Stirn. „Ich kann mich genau daran erinnern, wie du gesagt hast, dass deine ältere Schwester später kommen würde.“
„Daphne ist ja meine ältere Schwester“, erklärte Dora wahrheitsgemäß. „Sie ist eine halbe Stunde vor mir auf die Welt gekommen. Ich habe also nicht gelogen. Frau Theobald und Frau Roberts haben natürlich gewusst, dass wir Zwillinge sind, aber sie haben nichts geahnt.“ Die Sullivan-Zwillinge und Anne-Marie wechselten ein paar Blicke und bissen sich auf die Lippen, um nicht zu lachen. Obwohl sie sich ziemlich ungeheuerlich benahmen, waren die Zwillinge auf ihre unschuldige
Art einfach umwerfend!
„Mit dem Unterricht und mit dem Essen haben wir uns abgewechselt“, fuhr Daphne fort. „Und Dora hat eine Nacht im Bett geschlafen und ich auf einer alten Matratze in der Abstellkammer. In der nächsten Nacht haben wir getauscht.“
„Aha. Aber was sollte das alles bloß?“, fragte AnneMarie vollkommen verständnislos.
„Wir fanden es einfach eine gute Idee“, antworteten die beiden gleichzeitig.
Im Gegensatz zu Anne-Marie konnten Hanni und Nanni das verstehen. Als Erstklässlerinnen hatten sie auch ihren Spaß daran gehabt, die Lehrerinnen und die anderen Mädchen hinters Licht zu führen. Aber so weit wie diese beiden waren sie nie gegangen, und es war schlecht vorstellbar, dass Frau Theobald so etwas noch als Streich betrachten würde.
„Habt ihr eigentlich mal daran gedacht, was passiert wäre, wenn eure Eltern angerufen hätten, um zu fragen, wie ihr beide euch eingewöhnt habt?“, fragte Hanni ernst. „Man hätte die Polizei gerufen und eine Suchaktion gestartet, weil eine von euch fehlte. Und eure Eltern wären vor Angst halb verrückt geworden.“
„Daran haben wir gar nicht gedacht“, gab Dora beschämt zu.
„Den Eindruck habe ich auch, dass ihr beide noch über gar nichts nachgedacht habt“, schimpfte Nanni. „So, da sind wir wieder in Lindenhof. Seht euch das Dach gut an, Dora und Daphne. Frau Theobald wird es in wenigen Augenblicken durchstoßen, wenn sie an die
Decke geht.“
Die Gesichter der Kleinen verzogen sich plötzlich, und sie begannen zu weinen. Anne-Marie bekam Mitleid mit ihnen, auch wenn sie ebenfalls der Ansicht war, dass sie sich leichtsinnig verhalten hatten. „Hanni und Nanni, müssen wir Daphne wirklich Frau Theobald melden? Können wir nicht einfach so tun, als
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