Kommissar Morry - Die Todesstrasse
zerrissen mehrere Detonationen die Stille der Nacht. Es waren Schüsse, die unverkennbar aus einer Handfeuerwaffe, aus einer großkalibrigen Pistole kamen.
„Goddam! — Das war doch nicht weit vom Commercial-Dock entfernt?" Sergeant Hank Billow horchte den verklingenden Schüssen nach; dann riß er hastig den Wagenschlag auf und landete mit beiden Beinen auf der Fahrbahn.
„Stimmt, Ha ..." rief der ebenfalls schon aus dem Wagen gesprungene Mat Simson, um die Annahme seines Kollegen zu bestätigen. Als erneut eine Detonation aufklang, war alle vorherige Heiterkeit der Polizisten gewichen. Die Erfordernisse des Augenblicks ließen sie routinemäßig handeln. „Mat — du übernimmst die Strecke links von uns! Ich gebe direkt das Gebiet zum Dock hinab! — Bleibe aber in Rufweite! Man kann nicht wissen, der Bursche hat eine Waffe. Ja, und was haben wir?"
„All right, Hank!" Der Gewarnte wußte, was sein Kollege mit diesen Worten sagen wollte. Während er mit langen Sätzen sich in die Dunkelheit begab, verwünschte er insgeheim die Tatsache, ohne Waffe gegen schießwütige Verbrecher anrennen zu müssen. Seiner Meinung nach war es schon lange an der Zeit, daß man wenigstens den Insassen der Funkstreifenwagen eine Schußwaffe in die Hand gab. Aber das verbot das englische Recht! Die Cops durften nur auf besonderen Befehl — und nur für einen bestimmten Zeitabschnitt mit Pistolen ausgerüstet werden. Sonst hatten sie ihren gefährlichen Beruf ohne eine Feuerwaffe zu versehen.
„Damn't", knurrte der Sergeant vor sich hin. „Es muß wohl wieder erst einmal einer unserer Leute ins Gras beißen, bevor wir für einige Wochen wieder Pistolen umschnallen dürfen. Es ist...“
Sergeant Mat Simson verschluckte seinen Zorn und tastete sich weiter in die Dunkelheit vor. Auch Sergeant Hank Billow hatte sich in Bewegung gesetzt. Er hatte noch einen kurzen Aufenthalt im Funkstreifenwagen gehabt, weil der dritte seine Kollegen nicht ohne seine Mithilfe hatte gehen lassen wollen.
„Okay!" hatte Hank Billow entschieden.
„Dann übernimmst du das Gebiet rechts von mir. Ruf aber zuvor die Leitstelle an und melde, was wir hier am Commercial-Dock gehört haben!"
Aus dem District S. E. 16 ging folgender Funkspruch ab: „Schüsse am Comimercial-Dock! — Verlassen das Fahrzeug! — Melden uns später wieder! — Ende! —"
Einsam und verlassen blieb die schwarze Limousine der Police an der Straßengabelung Redriff-Road und Rotherhithe-Street in der Dunkelheit zurück. Die Besatzung aber strebte mit offenen Augen und angespannten Sinnen dem Commercial-Dock zu. Immer näher schoben sie sich an den Ort des Geschehens heran. Noch hatte keiner der drei Männer seine Stablampe im Aktion treten lassen. Sie waren erfahren genug, um sich die Wirkung eines zu frühen Aufleuchtens ihrer Lampe ausmalen zu können. Zwar zerrte dieses Tasten durch die Dunkelheit an ihren Nerven, aber was nutzte es, wenn sie sich selbst als Zielscheibe dem unbekannten Schützen darboten, oder sich und ihren jeweiligen Standort mit einem Ableuchten der Umgehung verrieten? Nur wenn sich ihnen der Gesuchte wirklich zeigte, sollte er von dem Licht ihrer Lampen erfaßt werden.
Waren die zwei Gestalten, die nach Sergeant Hank Billows Ruf: „Halt! — Hier links herüber!" von dem Licht seiner Stablampe erfaßt worden waren, nun die oder der Schießer? Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß diese beiden jedenfalls eine nicht ganz reine Weste hatten. Denn obwohl nun alle drei Lampen der Polizeibeamten sie beleuchteten, kümmerten sie sich nicht darum und viersuchten, möglichst schnell zwischen den Kränen und dem Ladegut des Commercial-Docks zu entkommen. Nur für kurze Zeit nahmen die drei Cops die Verfolgung dieser beiden Kerls auf, stets in der Erwartung, einer dieser beiden Burschen werde sich umdrehen und schießen. Doch nichts geschah. Plötzlich bogen die beiden Flüchtenden, von der Crew des Funkstreifenwagens hart verfolgt, um die Ecke eines Lagerschuppens. Als die drei Police-Männer um die gleiche Ecke liefen, waren die zwei Burschen bereits wie vom Erdboden verschwunden.
„All skies!" fluchte Mat Simson nach längerem ergebnislosem Suchen grimmig.
„Die Burschen können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben! Sie haben sich hier irgendwo versteckt! Ich will verdammt sein, wenn ich ihr Versteck nicht finden sollte."
Schon wollte er sich wieder von seinen beiden Kameraden entfernen, als Sergeant Hank Billow ihn zurückhielt. „Laß das
Weitere Kostenlose Bücher